4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 23.04.2024, Seite 6 / Ausland
Krieg gegen Gaza

Grüne Jugend von Spitze ausgebootet

Basis von EU-weiter Organisation will Waffenembargo gegen Israel – Führung ignoriert Petition
Von Carmela Negrete
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»Schluss mit dem Waffenhandel mit Israel«: Demonstration in Solidarität mit Gaza am Sonntag in Madrid (21.4.2024)

Von der Öffentlichkeit unbemerkt haben die Young European Greens (YEG), bei denen die deutsche Grüne Jugend Mitglied ist, am 3. April ein Waffenembargo gegen Israel gefordert. Die entsprechende Petition kann auf ihrer Webseite unterschrieben werden. »Wir können nicht aufhören, über Palästina zu sprechen«, heißt es in dem Text. »Israel hat mehr als 32.000 Palästinenser in Gaza getötet, und mehr als 7.000 gelten als vermisst. Über 75.000 Menschen sind verletzt.« Israel begehe in großem Maßstab Kriegsverbrechen. Ein Beispiel sei die »Verwendung von Hunger als Kriegswaffe«. Israel blockiere alle Möglichkeiten, »Hilfe in den Gazastreifen zu bringen«. Außerdem habe »Israel Zivilisten getötet, die an Lebensmittelhilfen gelangen wollten«. Die Petition stellt zu Gaza fest: »Nichts kann dieses Töten rechtfertigen!«

Dennoch gebe es einen Hoffnungsschimmer, heißt es weiter, schließlich lasse »die internationale Unterstützung für Israels brutale Kampagne gegen Palästina« nach. Der Aufruf des UN-Sicherheitsrats zu einem Waffenstillstand ist ein Zeichen dafür, dass sich das Blatt wendet. Das sind jedenfalls ganz andere Töne, als sie gewöhnlich von den deutschen Grünen und ihrer Jugendorganisation angeschlagen werden: »Jetzt ist die Zeit für uns, weiter Druck auszuüben: für das Verbot von Waffenexporten nach Israel, für die Anerkennung Palästinas als Staat und für einen dauerhaften Waffenstillstand!« heißt es in dem Aufruf.

Die EU-Kommission könne nicht weiter die Augen verschließen vor den »international als solchen anerkannten, schockierenden Menschenrechtsverletzungen«. Sie müsse sofort »konkrete Schritte unternehmen, um Waffenexporte nach Israel zu beenden, und damit ihr festes Engagement für die Förderung von Frieden, Gerechtigkeit und das Wohlergehen aller Betroffenen dieses anhaltenden Konflikts zeigen«. Tue sie das nicht, würde sie die »gemeinsame Position zu Waffenexporten« und die »grundlegenden Werte und Verpflichtungen der EU« missachten.

Dass diese Forderung der YEG nach einem Waffenembargo kaum bekannt ist, ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass viele führende Köpfe der Organisation nicht dafür werben. In ihrem Vorstand befinden sich beispielsweise die Deutschen Emil Schenkyr, der für das EU-Parlament kandidiert, und Christina Keßler, die ebenfalls nicht sonderlich für den Appell geworben hat.

Chefin der YEG ist die Katalanin Cinta González Sentís. Sie regte sich vergangene Woche auf, dass der frühere Vorsitzende der spanischen Linkspartei Podemos, Pablo Iglesias, in einem Podcast von Canal Red »die Heuchelei der europäischen Sozialdemokratie« angeprangert habe, die noch »von der Schamlosigkeit der europäischen Grünen-Familie übertroffen« worden sei, »angeführt von den Deutschen«. González, die der Organisation Joves Ecosocialistes angehört, erklärte auf X, dass die Grünen in der EU von keiner einzelnen Partei dominiert würden. Es gebe allerdings ein Dokument vom Dezember, in dem ihre Fraktion im EU-Parlament praktisch ein Waffenembargo gefordert habe.

In diesem Schreiben wird zwar auf einen EU-Beschluss von 2008 hingewiesen, der »Kriterien für den Export von Waffen aus der EU festlegt und darauf abzielt, Waffenexporte zu verhindern, die zu (...) Verletzungen des Völkerrechts und der Menschenrechte beitragen«. An vorderster Stelle wird aber das »legitime Recht Israels auf Verteidigung« betont. Die Reaktion vieler Nutzer war Empörung. Die junge Politikerin fühlte sich offenbar bedrängt und befürchtete, dass sie wegen der »vielen Russen«, mit denen sie kommunizieren müsse, Probleme mit der »Sicherheitsüberprüfung« bekommen könne. Von jW nach der Bedeutung des Ausdrucks »Russen« gefragt, erklärte sie, er bedeute in Katalonien etwas wie »Tankie« auf englisch. »Tankie« ist aber laut Wikipedia eine »meist abwertende Bezeichnung für einen autoritären Kommunisten«. González stritt ab, dass das Wort negativ gemeint sei, und beschwerte sich, dass es Iglesias erlaubt sei, »vulgär« zu werden, während sie selbst unternehmen könne, was sie wolle, sie müsse dennoch »an den Galgen«.

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