4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 22.04.2024, Seite 7 / Ausland
Südchinesisches Meer

Manila und USA »Schulter an Schulter«

Philippinen: Großmanöver in Südchinesischem Meer. Disput mit Expräsident Duterte zu China
Von Rainer Werning
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Der US-Ausrichtung ihres Präsidenten Marcos Jr. folgen die Philippiner eher nicht (Manila, 11.4.2024)

Große Unruhe unter philippinischem Firmament – da bekriegen sich mittlerweile die politischen Clans des amtierenden und des vorherigen Präsidenten bis aufs Messer, während die alljährlich stattfindenden US-amerikanisch-philippinischen Militärmanöver das Ringen um Einfluss und Ressourcen im Südchinesischen Meer anheizen. »Balikatan« in Filipino die Bezeichnung für »Schulter an Schulter« – nennen sich diese Manöver. Damit soll suggeriert werden, dass in heutigen Zeiten ein inniges Verhältnis zwischen der vormaligen Kolonialmacht USA und den Philippinen als deren einstiger und einziger Kolonie in Südostasien besteht. In diesem Jahr nehmen annähernd 17.000 philippinische und US-amerikanische Soldaten an »Balikatan« teil, das an diesem Montag beginnt und am 10. Mai enden wird.

Vor einer Woche hatte Präsident Ferdinand Marcos Jr. anlässlich eines von der Vereinigung von Auslandskorrespondenten in den Philippinen ausgerichteten Forums erklärt, er sei überzeugt, dass sein Vorgänger Rodrigo Duterte ein fragwürdiges »Geheimabkommen« oder »Gentlemen’s Agreement« mit Beijing über das Südchinesische Meer geschlossen habe. Darüber gebe es bis dato allerdings keine Aufzeichnungen oder Unterlagen. Er sei »entsetzt« über die Möglichkeit, dass die nationale Souveränität und die staatliche Integrität der Philippinen beeinträchtigt worden sein könnten. »Warum«, so echauffierte sich der Präsident, »gibt es kein einziges Dokument, das diese Vereinbarung enthält? Warum hat in der Übergangszeit zwischen der vorherigen und dieser Regierung niemand ein geheimes Abkommen erwähnt?«

Kernpunkte sollen nach bisherigem Stand der Dinge zwei Vereinbarungen sein: Erhaltung eines Status quo im umstrittenen Gebiet des Südchinesischen Meeres beziehungsweise der Westphilippinischen See, wozu angeblich die Zusage Manilas gehörte, die aus dem Zweiten Weltkrieg stammende und auf Grund gelaufene »BRP Sierra Madre« nicht zu reparieren, ein Schiff, das Manila als militärischer Außenposten in dem von ihm beanspruchten Ayungin (Second Thomas) Shoal dient. Darüber hinaus soll Expräsident Duterte dem chinesischen Staatschef Xi Jinping eingeräumt haben, dass chinesischer Trawler innerhalb der 200-Seemeilen-Grenze umfassenden Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Philippinen dem Fischfang mit Schleppnetzen nachgehen konnten.

Ein solcher Deal, kritisierte der pensionierte Richter am Obersten Gerichtshof, Antonio Carpio, laut der Tageszeitung The Philippine Star, habe der Regierung, den philippinischen Fischern und der Öffentlichkeit ungebührlich geschadet: Duterte »war offenkundig parteiisch und grob fahrlässig. Er wusste nicht einmal, wo Ayungin liegt, dass es sich um eine Niedrigwassererhebung innerhalb der Westphilippinischen See und jenseits von Chinas eigener AWZ handelt und dass der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag bereits im Sommer 2016 Chinas Übergriffe für illegal erklärt hat.«

Derweil geben sich das Duterte-Lager und der ehemalige Sprecher des Expräsidenten, Harry Roque, äußerst schmallippig. Duterte selbst nutzt seit Jahresbeginn jede sich bietende Gelegenheit, seinerseits Front gegen Marcos zu machen, und bezeichnet den amtierenden Präsidenten als »inkompetent« und »Heulsuse«. So verläuft selbst innerhalb der Regierung ein tiefer Riss, da ausgerechnet Marcos’ Vizepräsidentin und gleichzeitige Erziehungsministerin in seinem Kabinett Sara Duterte ist – die Tochter des Expräsidenten.

Außenpolitisch vermochte das pro-US-amerikanische Marcos-Lager zu punkten, wodurch es auch innenpolitisch Kapital zu schlagen gedenkt. Das erste trilaterale Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Joseph Biden, dem japanischen Premierminister Kishida Fumio und Präsident Marcos im Weißen Haus am 11. April erhöht das Konfliktpotential in der Region. Und verschärft im Kontext von »Balikatan 2024« einen offen gegen China gerichteten Kurs.

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