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Aus: Ausgabe vom 18.04.2024, Seite 7 / Ausland
Brennpunkt Irak

Washington verzögert Truppenabzug

US-Armee im Irak: Zeitplan für Einsatzende kein Thema bei Treffen mit Premier Al-Sudani
Von Wiebke Diehl
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Ohne die Einwilligung Washingtons läuft im Irak nichts: Premier Sudani zu Besuch im Weißen Haus (Washington, 15.4.2024)

Man habe die beiderseitige Verpflichtung zur »anhaltenden strategischen Partnerschaft zwischen dem Irak und den USA« bekräftigt. So heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die Bagdad und Washington am Montag anlässlich einer Reise des irakischen Premierministers Mohammed Schia Al-Sudani zu US-Präsident Joseph Biden veröffentlicht haben. Auch sei die Sicherheitspartnerschaft zwischen ihren Ländern für beide Seiten von großer Bedeutung, so das Dokument weiter. Von konkreten Vereinbarungen über einen Abzug der US-amerikanischen Truppen aus dem Irak, für den bei dem Treffen eigentlich ein Zeitrahmen festgelegt werden sollte, war hingegen nicht die Rede. Und dies, obwohl Al-Sudani in Washington betonte, die irakischen Einsatzkräfte seien bereit, ihre Aufgaben auch unabhängig von ausländischen Streitkräften wahrzunehmen.

Im Irak werden Forderungen nach einem Ende der US-amerikanischen Militärpräsenz immer lauter. Bereits im Januar 2020 hatte das irakische Parlament in einer einstimmig angenommenen Resolution alle ausländischen Truppen aufgefordert, das Land zu verlassen. Dort sind heute noch etwa 2.500 US-amerikanische Soldaten stationiert, in Syrien – ohne Einverständnis der Regierung in Damaskus und damit als Besatzungstruppen – etwa 900.

Al-Sudani hatte vergangene Woche im Vorfeld seiner Reise in einem Gastbeitrag für die US-Zeitschrift Foreign Affairs dargelegt, warum ein Abzug der US-Armee unabdingbar sei: Nur so könnten »Souveränität und Unabhängigkeit Iraks« unterstützt werden. Das Ende Januar gegründete gemeinsame Militärkomitee, das sich aus hochrangigen Militärbeamten beider Länder zusammensetzt, solle einen »Fahrplan für die künftigen Beziehungen entwickeln« – die allerdings die »Anwesenheit von US-Beratern« einschließen sollen. Der sogenannte Islamische Staat (IS) sei zwar in kleinen Gruppen noch präsent, stelle aber keine Bedrohung mehr für den Staat dar. Durch den Kampf gegen den IS seien die irakischen Einsatzkräfte zu »einer der besten Armeen im Kampf gegen den Terrorismus« geworden, so Al-Sudani.

Fortan müsse allerdings der Schwerpunkt auf »echte Entwicklung« – insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Bildung und bei anderen wesentlichen Dienstleistungen – gelegt werden, um einen »endgültigen Sieg über den Terrorismus« erreichen zu können, argumentiert der irakische Ministerpräsident weiter. Deshalb habe seine Regierung auch ein Programm für Wirtschafts- und Finanzreformen, den Kampf gegen Korruption und die Stärkung von Menschenrechten, von Frauen sowie von Freiheit und Demokratie entwickelt. Zudem betont Al-Sudani wie schon mehrfach in den vergangenen Monaten, man lehne »Angriffe auf US-amerikanische Interessen im Irak oder in Nachbarländern ab« und wolle nicht in einen Konflikt zwischen den USA und dem Iran hineingezogen werden.

Washington verzögert die Verhandlungen um einen Abzug seiner Truppen aus dem Irak seit Jahren und versucht auch die in den letzten Monaten intensivierten Gespräche zu torpedieren. So wird behauptet, der IS sei zu stark, um von den irakischen Einsatzkräften unter Kontrolle gehalten zu werden. Allerdings ist den US-Truppen wiederholt vorgeworfen worden, nicht nur – damals als Besatzungsmacht – die Entstehung der Terrorgruppe erst ermöglicht zu haben, sondern bis heute IS-Terroristen, deren Bekämpfung die offizielle Begründung für den eigenen Verbleib im Irak ist, auszubilden und zu stärken. Tatsächlich werden sie eingesetzt, um den »Islamischen Widerstand im Irak«, einen Zusammenschluss von Gruppen der vom Iran unterstützten Volksmobilisierungskräfte (Al-Haschd Al-Schaabi), die seit dem Jahr 2014 einen entscheidenden Beitrag im Kampf gegen das IS-Kalifat geleistet haben, zu schwächen. Der »Islamische Widerstand im Irak« hat seit Beginn des Gaza­kriegs seine Angriffe auf US-Militärbasen im Irak und in Syrien erheblich intensiviert und beschießt zudem Ziele in Israel. Ende Januar waren dabei an der jordanisch-syrischen Grenze drei US-Soldaten ums Leben gekommen.

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