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Aus: Ausgabe vom 10.04.2024, Seite 8 / Ansichten

Nächste Runde Monopoly

Verkauf von Galeria Karstadt-Kaufhof
Von Gudrun Giese
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Nach der Signa-Pleite wird die Kaufhauskette nun an einen US-Investor weitergereicht

Es hört sich an wie ein Witz, ist aber leider ernst gemeint: Die 92 verbliebenen Warenhäuser der Kette Galeria Karstadt-Kaufhof (GKK) sollen an einen der glücklosen Vorbesitzer verkauft werden. Mit Richard Baker wird voraussichtlich am heutigen Mittwoch ein Investor den Zuschlag erhalten, der mit der Hudson’s Bay Company bereits von 2015 bis 2018 Galeria Kaufhof runtergewirtschaftet hatte. Dass sich der Immobilienspekulant René Benko mit seinem Signa-Konzern anschließend als Retter aufspielte, obwohl er mit Kaufhof das gleiche im Sinn hatte wie zuvor schon mit Karstadt, konnte niemanden überraschen. Es ging vor allem um die Immobilien, von denen damals noch einige den Warenhäusern gehörten. Deren Besitz im Portfolio sicherten Benkos Kreditgeschäfte, und mit dem geliehenen Geld trieb er immer gigantischere Bauprojekte voran – siehe »Elbtower« in Hamburg. Obendrein belastete er die Warenhäuser mit drastisch überhöhten Mieten, die teilweise bis zu 30 Prozent des Umsatzes betrugen. Nachdem das unübersichtlich gewordene Kartenhaus namens Signa infolge steigender Zinsen und Baupreise bei gleichzeitig fallenden Immobilienwerten seit dem vergangenen Herbst Stück um Stück eingestürzt war, musste nun in der dritten GKK-Insolvenz innerhalb von dreieinhalb Jahren ein neuer Investor für die arg geschrumpfte Warenhauskette her.

Warum allerdings ein bereits an Galeria Kaufhof gescheiterter Investor Baker mehr Geschick bei GKK zeigen sollte, erschließt sich vermutlich allein den Entscheidern um Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus. Es drängt sich der Eindruck auf, dass das übernehmende Konsortium wiederum vor allem Kasse mit den mehr als bescheidenen Resten des Warenhausunternehmens machen möchte. Wie schon der frühere Karstadt-Investor Nicolas Berggruen und sein Nachfolger Benko dürften Baker und sein Kompagnon Bernd Beetz zunächst die besonders unrentablen Standorte schließen, viele Beschäftigte entlassen, Mietsenkungen und Schuldenerlasse durchsetzen, um irgendwann in naher Zukunft festzustellen, dass Warenhäuser einfach »kein gutes Geschäft« sind. Dass immer mehr Innenstädte veröden, weil sich kaum neue Mieter für die leerstehenden GKK-Immobilien finden, kümmert Investoren à la Benko und vermutlich auch Baker herzlich wenig. Ob es nach dem absehbaren Scheitern des »neuen« Eigentümers noch eine weitere Insolvenz geben wird oder Karstadt und Kaufhof nach fast 150 Jahren endgültig in die Geschichte eingehen werden, das dürfte davon abhängen, ob sich aus den Resten des Unternehmens ein weiteres Mal Geld heraussaugen lässt – Geld, das vor allem die derzeitigen und früheren Beschäftigten durch jahrelangen Verzicht auf Entgeltbestandteile sowie die Steuerzahler über Bürgschaften, Zahlungsverzichte und weitere Zuschüsse aufgebracht haben. Umverteilung wie aus dem Lehrbuch der Neoliberalen.

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