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Aus: Ausgabe vom 08.04.2024, Seite 4 / Inland
Parteienfinanzierung

Staatliche Mittel für Rechte

Bundestag veröffentlicht Rechenschaftsbericht der Parteien für 2022. Bei AfD ist Anteil der öffentlichen Mittel am höchsten
Von Kristian Stemmler
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Kein Spielgeld: Die AfD wird vom Staat alimentiert (Augsburg, 30.6.2018)

Vom Inlandsgeheimdienst wird die AfD als »rechtsextremistischer Verdachtsfall« eingestuft. Dennoch wird die rechte Partei aktuell noch vom Staat alimentiert. Bei keiner anderen im Bundestag vertretenen Partei ist der Anteil öffentlicher Mittel an den Gesamteinnahmen so hoch, nämlich etwa 45 Prozent, also fast die Hälfte. Das geht aus den Rechenschaftsberichten der Parteien für das Jahr 2022 hervor, die der Bundestag kürzlich veröffentlicht hat. Neuere Zahlen liegen noch nicht vor.

Laut den vorgelegten Zahlen bekam die AfD im Jahr 2022 mit rund 10,4 Millionen Euro zwar absolut den niedrigsten Betrag an Staatszuschüssen. Wegen der vergleichsweise niedrigen Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen von rund 3,8 Millionen Euro macht der Posten aber 44,9 Prozent der Gesamteinnahmen aus. Die Höhe der staatlichen Unterstützung der AfD ist auch deshalb von Bedeutung, weil nach wie vor die Überlegung im Raum steht, der Partei wegen ihrer verfassungsfeindlichen Aktivitäten die staatliche Finanzierung zu entziehen. Bei der NPD-Nachfolgepartei »Die Heimat« hatte das Bundesverfassungsgericht diese Maßnahme im Januar abgesegnet.

Im Gegensatz zur AfD verdankte die SPD 2022 mit rund 54,4 Millionen Euro einen Großteil ihrer Einnahmen den Beiträgen ihrer etwa 365.000 Mitglieder. Die Sozialdemokraten erhielten mit rund 47,7 Millionen Euro auch die größte staatliche Förderung aller im Bundestag vertretenen Parteien, das waren knapp 30 Prozent der Gesamteinnahmen von rund 159,9 Millionen Euro. Bei der CDU lag der Anteil öffentlicher Mittel im Jahr 2022 bei etwa 32,6 Prozent, rund 44,5 Millionen Euro. Die Mitgliedsbeiträge betrugen rund 36,4 Millionen Euro. Wenig überraschend erhielt die wirtschaftsnahe Union viele Spenden von Einzelpersonen und Unternehmen, insgesamt knapp 21,4 Millionen Euro. Die Partei erzielte so Gesamteinnahmen von rund 136,4 Millionen Euro.

Bündnis 90/Die Grünen erhielten laut Rechenschaftsbericht 2022 rund 29,7 Millionen Euro öffentliche Mittel, das waren 35,4 Prozent der Gesamteinnahmen von 83,8 Millionen Euro. Mit 5,53 Millionen Euro konnten sich auch das Spendenaufkommen sehen lassen. Damit überflügelten die Grünen sogar die Klientelpartei FDP, die 5,47 Millionen Euro an Spenden erhielt. Die Liberalen erzielten im Jahr 2022 rund 11,8 Millionen Euro an Mitgliedsbeiträgen und bekamen rund 14,4 Millionen Euro an staatlichen Mitteln. Die Partei Die Linke kassierte rund 10,4 Millionen Euro an Beiträgen von ihren Mitgliedern und etwa 10,7 Millionen Euro vom Staat. Im Rechenschaftsbericht konnte die Partei immerhin noch 2,1 Millionen Euro an Spenden auflisten, allerdings fast ausschließlich von Einzelpersonen. Von Unternehmen hat die Linke nach wie vor nichts zu erwarten.

Laut Parteiengesetz haben alle Parteien »Anspruch auf staatliche Teilfinanzierung«, die bei der »jeweils letzten Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 Prozent oder bei einer der jeweils letzten Landtagswahlen ein Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen für ihre Listen erreicht haben«. Dabei gibt es eine absolute und eine relative Obergrenze. Die jährlich festgelegte Gesamtsumme für die staatliche Teilfinanzierung politischer Parteien bildet die absolute Obergrenze. 2023 waren das rund 187,6 Millionen Euro. Außerdem legt das Parteiengesetz fest, dass die staatliche Finanzierung jeder Partei die Summe ihrer jährlich selbst erwirtschafteten Einnahmen nicht überschreiten dürfe. Dies ist die relative Obergrenze. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Parteien überwiegend vom Staat finanzieren werden.

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