»Bäume fallen für Bergbau und Gemüseflächen«
Interview: Thomas Berger, BaguioDas Cordillera Green Network, CGN, mit Sitz in Baguio ist eine NGO im Norden der größten philippinischen Insel Luzon, engagiert sich für Lebensperspektiven der Indigenen und Umweltschutzfragen gleichermaßen. Wie lange sind sie schon aktiv?
Mariko Sorimachi: Wir haben mit unserer Arbeit 2001 begonnen und haben die gesamte Region Cordillera als unser Operationsgebiet. Das umfasst sechs Provinzen: Benguet, Ifugao, Abra, Apayao, Kalinga und die Mountain Province. In der Stadt Baguio sind wir zwar mit unserem Zentrum ansässig, die Projektarbeit findet aber verstreut draußen in diesen Gebieten in den zumeist kleinen Bergdörfern statt. Dabei haben wir zwei Schwerpunkte: Agroforstwirtschaft und Umweltkampagnen.
Was machen Sie konkret?
Sorimachi: Es geht primär um den Schutz der Waldgebiete. Wir wollen aber auch, dass unsere lokalen Partner, die indigenen Gemeinschaften, davon einen konkreten Nutzen und eine wirtschaftliche Perspektive haben. Deshalb sind wir dabei, den Kaffeeanbau zu fördern, für den kein Wald gerodet werden muss. Wir geben Hilfestellung bei der Produktion, bieten Schulungen und exportieren einen Teil der Ernte auch mittels Fairen Handels nach Japan. Ich lebe zwar seit über 20 Jahren auf den Philippinen, habe in meinem Geburtsland Japan aber noch viele hilfreiche Kontakte. Abseits davon stellen wir gerade Umweltbildungsmaterial für ein Projekt in der Mountain Province her, verwenden dabei gezielt die lokalen Geschichten der Indigenen, die wir uns von den Ältesten erzählen lassen. Das erfolgt jeweils in den Sprachen der einzelnen Volksgruppen, wird aber auch ins Englische übersetzt und editiert. Auf ähnliche Weise finden Workshops in Schulen statt oder Theaterprojekte mit Kindern. Beispielsweise in Orten rund um die berühmten Reisterrassen wie bei Banaue mitten in der Gebirgsregion.
Wie groß ist denn der Waldverlust und welche Risiken gehen davon aus?
Mhyra Seset: Das ist ein beständiges Problem infolge von Krisen, des Klimawandels, aber auch gravierender Ausdehnung bestimmter Wirtschaftszweige. Viele Bäume fallen gerade hier in der Provinz Benguet, die Baguio umschließt, um mehr landwirtschaftliche Flächen für den Gemüseanbau zu gewinnen, für den die Region bekannt ist. Die zweite, sogar noch größere Bedrohung ist der Bergbau. Vor allem Lagerstätten von Gold und Kupfer sind da im Visier.
Sorimachi: Man darf dabei nicht vergessen, dass Bergbau in der Region Cordillera eine lange Tradition hat. Das reicht teils 400 Jahre tief in spanische Kolonialzeit zurück, nahm später aber noch weiter zu. In den 1980er Jahren gingen etliche Minenbetriebe zwar bankrott, doch insbesondere zwei große Firmen sind nach wie vor sehr aktiv. Deren Leitungen denken nicht viel über schädliche Umweltfolgen nach.
Wie hat sich die Lage zugespitzt?
Sorimachi: Früher, in unserer Anfangszeit als NGO hier, haben viele Menschen sehr genügsam mit und von dem gelebt, was ringsum zu finden war, zum Beispiel mit ein paar Reisfeldern Subsistenzwirtschaft betrieben. Heute ist ganz viel auf Bargeld ausgerichtet und all die Produkte, die in der Stadt zu kaufen sind. Und wie verdient man Geld? Unter anderem mit dem immer ausgedehnteren Gemüseanbau – da liefert allein Benguet 80 Prozent dessen, was in Manila auf den Märkten verkauft wird. Auch die Goldpreise sind extrem gestiegen, das sind zusätzliche Verlockungen. Außerdem kommen immer mehr Chemikalien zum Einsatz, die die Umwelt belasten – bei den Monokulturen ebenso wie das besonders schädliche Quecksilber, das illegal bei der Goldgewinnung verwendet wird. Viele Giftstoffe gelangen über Flusswasser oder Reisfelder wieder direkt zurück zu uns Menschen.
Und der Kaffeeanbau ist eine nachhaltige Alternative?
Seset: Ja. Denn die Gemüsepreise sind nicht stabil, die Nachfrage nach Kaffee aber steigt sogar beständig. Die Region liegt auf mindestens 1.500 Höhenmetern, das ist ideal für den Anbau von Arabica in sehr guter Qualität.
Sorimachi: Vor 15 Jahren lag der Kaffeepreis bei 120 Pesos pro Kilo (aktueller Kurswert: zwei Euro, jW), heute sind es 400 bis 500 Pesos. Das sind gute Einnahmen für die indigenen Kaffeebauern. Seit 2005 haben wir über 200.000 Kaffeebäume an die lokalen Gemeinschaften ausgegeben.
Mariko Sorimachi ist Mitbegründerin und Leiterin von Cordillera Green Network. Zu deren Kernteam gehört auch die Waldexpertin Mhyra Seset
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