4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
Gegründet 1947 Sa. / So., 04. / 5. Mai 2024, Nr. 104
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben
4. Mai, Diskussion zu Grundrechten 4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
Aus: Ausgabe vom 02.04.2024, Seite 16 / Sport
Radsport

Wenn der Regen am Koppenberg …

Wer absteigt, verliert: Mathieu van der Poel gewinnt die Flandernrundfahrt
Von Holger Römers
imago1043154568h.jpg
Jetzt wird’s rutschig: Das Peloton erreicht den Koppenberg (31.3.2024)

Zum 108. Mal wurde im Straßenradsport der Männer am Sonntag die Flandernrundfahrt ausgetragen. Doch die Vorentscheidung war schon vier Tage vorher gefallen, als das 78. »Quer durch Flandern« im schlechtesten Sinne seine neue Bedeutung bewies. Der Halbklassiker zieht, seit der Organisator Flanders Classics ihn 2018 auf den Mittwoch vor seiner wichtigsten Veranstaltung verlegt hat, vermehrt prominente Fahrer an – die freilich bisher kaum Gewinnabsichten zeigen, da sie nichts riskieren wollen, was den anschließenden Saisonhöhepunkt gefährden kann. Deshalb glaubte der Veranstalter wohl, auf die Vorsichtsmaßnahme verzichten zu können, wie zuletzt manche andere regionalen Rennen, den Kanarieberg zu streichen, um auf dem vorangehenden abschüssigen Streckenabschnitt keinen Anlass zu Positionskämpfen zu geben. Dort kam es nun bei 80 Kilometern pro Stunde zu einem Horrorsturz.

Wout van Aert (Team Visma-Lease a Bike) und Jasper Stuyven (Lidl-Trek) erlitten Knochenbrüche – womit am Sonntag zwei der heißesten Sieganwärter ausfielen. Stuyvens nomineller Kapitän Mads Pedersen kam mit Prellungen und Hautabschürfungen davon, die seine Topform allemal beeinträchtigten. Da Vorjahressieger Tadej Pogačar (UAE Team Emirates) die »Ronde« vor seinem geplanten Giro-Debüt gar nicht ins Rennprogramm aufgenommen hatte, schien für Mathieu van der Poel (Alpecin-Deceuninck) der dritte Sieg nach 2020 und 2022 bei diesem Monument vorbestimmt.

Allerdings unterstrich Matteo Jorgenson, der mit Hilfe Tiesj Benoots am Mittwoch den von ihrem Kapitän van Aert geplanten Angriff am Kanarieberg realisiert und auf den letzten sieben Kilometern mit einer Solofahrt zum Sieg gekrönt hatte, auch bei der Ronde Selbstbewusstsein. Der 24jährige US-Amerikaner heftete sich – noch vor van der Poel – sogleich ans Hinterrad von Pedersen, als der die Konkurrenz erstmals testete. Der 28jährige Däne wiederum unternahm 86 Kilometer vorm Ziel einen weiteren Angriff, wobei nur ein Kollege van der Poels mitging.

Dieser Aufpasser bot Grund, die Attacke sofort abzublasen – weshalb es Pedersen nach dem 271 Kilometer langen Rennen selbst als Fehler bezeichnete, sich in dieser Konstellation eine Dreiviertelstunde verausgabt zu haben. Nach seiner Einholung konnte der Weltmeister von 2019 zwar als Dritter den Koppenberg überqueren, während van der Poel im Regenbogentrikot des Straßenrennenweltmeisters gerade zur Solofahrt ansetzte. Doch wie der noch vor ihm liegende Jorgenson wurde Pedersen auf den folgenden 45 Kilometern allmählich durchgereicht. Gut eine Minute nach dem Sieger van der Poel setzte sich der 26jährige Italiener Luca Mozzato (Arkéa-B&B Hotels) überraschend im Sprint einer kleinen Gruppe um Platz zwei durch. Für seine Zähigkeit wurde wiederum der 30jährige Deutsche Nils Politt (UAE Team Emirates) mit dem abschließenden Podiumsplatz belohnt, da der ursprünglich vor ihm plazierte Michael Matthews (Team Jayco AlUla) wegen eines Schlenkers relegiert wurde.

Nachdem zunehmender Regen schon einen Großteil der Männer auf dem groben Kopfsteinpflaster des Koppenbergs zum Absteigen und Schieben gezwungen hatte, galt das gleiche für die später startenden Frauen. Wie schon beim von Marianne Vos (Team Visma-Lease a Bike) gewonnenen zwölften »Quer durch Flandern« zeigten sich die Siegerin der beiden Vorjahre, die Belgierin Lotte Kopecky, sowie ihre ebenfalls favorisierte niederländische Kollegin Demi Vollering an entscheidender Stelle schlecht positioniert. Zwar war ihr Team SD Worx-Protime in der nun gebildeten Spitzengruppe mit Lorena Wiebes vertreten, doch konnte sich die Topsprinterin nicht bis zum Ziel halten. Weder Kopecky noch Vollering schienen sich füreinander opfern zu wollen. Ihr Team hatte zuvor verkündet, sich nach der Vertragsverlängerung mit der belgischen Weltmeisterin die niederländische Tour- und Vuelta-Siegerin nicht mehr leisten zu können. Mit einem individuellen Kraftakt schaffte Vollering dennoch den Sprung nach vorn – bevor Kopecky mit Konkurrentinnen aufschloss.

Zwischendurch war jedoch die ebenfalls von hinten kommende Shirin van Anrooij (Lidl-Trek) einfach an der Spitzengruppe vorbeigefahren, woraufhin ausgerechnet ihre Kollegin Elisa Longo Borghini sich am Paterberg an die Verfolgung der 22jährigen Niederländerin machte, obwohl die zehn Jahre ältere Italienerin ihrerseits Katarzyna Niewiadoma (Canyon/SRAM Racing) im Schlepptau hatte. Die zunächst fragwürdige Taktik zahlte sich aus: Nach 163 Kilometern konnte Longo Borghini im abschließenden Dreiersprint die 29jährige Polin bezwingen und die Ronde bei deren 21. Austragung zum zweiten Mal nach 2015 gewinnen.

Tageszeitung junge Welt am Kiosk

Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe. Alle Standorte finden Sie unter diesem Link.

Mehr aus: Sport