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Aus: Ausgabe vom 02.04.2024, Seite 11 / Feuilleton
Wirtschaft

Ökonomie des Verzichts: Nicholas Georgescu-Roegen

Von Marc Hieronimus
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Ist auch gesünder: Die Dinge langsam angehen lassen (Raddemo, München, 23.4.2023)

Wenn es nach dem Wachstumsfetisch noch eine Zukunft für die Menschheit geben soll, wird sich neben so vielem auch der Literaturkanon ändern müssen. Wir müssen keine neuen Bücher schreiben, es reicht, die richtigen zu lesen. Zum Beispiel die drei von Nicholas Georgescu-­Roegen (1906–1994). NGRs Verdienst ist es, das Materieproblem in die Wirtschaftswissenschaften gebracht zu haben.

Treibstoff verbrennt unwiederbringlich, aber auch Geldstücke oder Autoreifen nutzen sich ab, und nichts und niemand kann sie wieder aus derselben Materie in den Urzustand zurückversetzen. Vergessen wir Recycling und die ganze Idee von Rohstoffkreisläufen: Schon für einen Stillstand der menschlichen Wirtschaftsweise brauchen wir immer neu aus der Erde zu extrahierende, aber leider endliche Rohstoffe. »Und es ist weder zynisch noch pessimistisch zu glauben, dass die Menschheit, selbst wenn sie sich des entropischen Problems der menschlichen Spezies bewusst wäre, nicht bereit wäre, auf ihren gegenwärtigen Luxus zu verzichten, um das Leben derjenigen Menschen zu erleichtern, die in zehntausend oder selbst tausend Jahren leben werden. (…) Es ist, als ob die menschliche Spezies entschlossen wäre, ein kurzes, aber aufregendes Leben zu haben. Möge die weniger ehrgeizige Spezies ein langes, aber ereignisloses Leben haben.«

Was also tun? Die völlige Abkehr von Erdöl, Metall und überhaupt allem nur endlich Verfügbaren wäre nach NGRs Worten »foolish«. Sein Minimalprogramm beinhaltet die Punkte Verzicht auf Waffenproduktion, Anhebung des Lebensstandards der unterentwickelten Länder, Senkung des unseren auf ein auskömmliches Niveau, Reduktion der Weltbevölkerung, biologische Landwirtschaft, Vermeidung aller Energieverschwendung, Verzicht auf »gadgets« wie z. B. große Autos, Abschaffung der Mode, Herstellung dauerhafter und reparierbarer Güter und zu guter Letzt Entschleunigung: »Wir müssen begreifen, dass eine wichtige Voraussetzung für ein gutes Leben ein hohes Maß an intelligent verbrachter Freizeit ist.« Und das aus der Feder eines Ökonomen.

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