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Aus: Ausgabe vom 28.03.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Lufthansa-Tochter Austrian Airlines

Austrian Airlines blockiert Wiener Flughafen

Lufthansa-Tochter streicht nach Streikankündigung Hunderte Flüge vor Fristende
Von Dieter Reinisch
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Heute mal andersherum: Fluggesellschaft Austrian Airlines sagt schon im Vorgriff auf einen Streik Hunderte Flüge ab

Die Frist der Gewerkschaft Vida war noch gar nicht abgelaufen, da hatte die österreichische Fluglinie Austrian Airlines (AUA) bereits angekündigt, für diesen Donnerstag und Freitag rund 400 Flüge zu streichen. Hintergrund ist der schwelende Tarifstreit bei der Lufthansa-Tochter. Seit Mitternacht sollte das Flugpersonal am Boden bleiben – 36 Stunden soll der Ausstand dauern.

Laut Vida liegen die Löhne bei der österreichischen Fluglinie 40 Prozent unter denen der Kollegen in Deutschland, sie bleiben auch hinter der Vergütung der Schweizer Swiss zurück. Gemeinsam mit dem AUA-Betriebsrat möchte die Gewerkschaft die Löhne angeglichen haben. Da es bis jW-Redaktionsschluss keinen Willen zu weiteren Verhandlungen von seiten des Unternehmens gab, scheinen weitere AUA-Streiks auf den Flughafen Wien zuzukommen.

Nach 17 Verhandlungsrunden verkündete das Unternehmen, dem Bordpersonal werde 18 Prozent plus, bei Kopiloten 28 Prozent plus geboten. Doch Vida sieht dahinter eine Mogelpackung: Das Angebot ziehe sich über zwei Jahre und beinhalte Einmalzahlungen, die die Gewerkschaft ablehne. Tatsächlich würden die Angebote die Inflationsrate nicht ausgleichen.

Vida betonte, den Streik nicht um des Streikes willen durchführen zu wollen. Am Wochenende wurde dem Unternehmen ein Ultimatum gestellt und noch vor den Osterfeiertagen Arbeitsniederlegungen angekündigt. In den Wochen hatte es bereits Betriebsversammlungen am Wiener Flughafen gegeben.

Gestrichene Flüge also. 50.000 Fluggäste sollen von den Ausfällen betroffen sein. »Wir müssen ein Zeichen setzen, wie ernst es ist«, erklärte AUA-Chefin Annette Mann am Dienstag. Wie bei den Metallerstreiks im Herbst scheint der Streikwille bei den Unternehmen größer als bei der Gewerkschaft. Dieser Art kommentierte es auch Vida-Luftfahrt-Vorsitzender Daniel Liebhart im öffentlich-rechtlichen Radio Ö 1 am Dienstag: Vida wolle eigentlich nicht streiken, doch »die AUA treibt uns in den Arbeitskampf«.

Die Gewerkschaft fordert weiter einen Reallohnzuwachs, seit Sonntag ruhen die Gespräche. Der AUA-Vorstand war sogar noch während der laufenden Verhandlungen in den Osterurlaub geflogen. »Für uns ist es schon sehr irritierend, dass der AUA-Vorstand bereits am Donnerstag abend, vermeintlich in die Osterferien geflogen ist, obwohl ausgemacht war bis inklusive Freitag zu verhandeln«, so Liebhart.

Einigung ist nicht in Sicht, denn das Unternehmen weigert sich sich zu bewegen. Ganz im Gegenteil: Im ORF-Nachrichtenmagazin »Zeit im Bild« sah AUA-Chefin Mann am Dienstag abend den »Standort Wien« auf dem Spiel stehen. Gehe die AUA auf die Forderungen der Gewerkschaft ein, könne die Fluglinie nicht in der derzeitigen Form weiterexistieren.

Statt die in der Lufthansa-Gruppe üblichen Löhne zu akzeptieren, droht Mann mit weiteren Auslagerungen. Wie es bereits am Flughafen Wien und anderen Standorten seit Jahren üblich ist, bedeutet dies wohl verstärktes Lohndumping durch den Einsatz von Leiharbeitsfirmen.

Die harte Haltung der AUA gegen das eigene Bordpersonal steht im krassen Widerspruch zum Umsatz der Fluglinie. Zuletzt hatte das Unternehmen, das Hunderte Millionen Euro an Coronahilfen ohne Gegenleistungen erhielt, ein »erfreulich abgelaufenes« Geschäftsjahr 2023 verkündet. Im Sommerquartal habe es einen Gewinn von 129 Millionen Euro erzielt, wurde erst am 7. März bei der Bilanzpressekonferenz verkündet. Der Luftfahrtchef der Wirtschaftskammer, Günther Ofner, beziffert den Verlust durch den Streik auf 15 Millionen Euro.

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