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Aus: Ausgabe vom 15.03.2024, Seite 5 / Inland
Private Luftsicherheit

Auf dem Boden geblieben

Bundesweite Streiks der Luftsicherheitskräfte. Mindestens 580 Flugverbindungen abgesagt
Von Gudrun Giese
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Allein für Donnerstag rechnete die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen mit der Absage von mehr als 580 Flugverbindungen

Nach fünf ergebnislosen Verhandlungsrunden streiken in dieser Woche die Beschäftigten privater Sicherheitsdienstleister an der Mehrzahl der bundesdeutschen Flughäfen zum zweiten Mal. Begonnen hatten die Arbeitskämpfe an den Airports in Hamburg, Stuttgart, Karlsruhe/Baden-Baden und Köln. In Berlin startete ein Warnstreik in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag. Diesen Freitag werden Beschäftigte der Luftsicherheitsdienste in Hannover, Dortmund, Weeze, Dresden, Leipzig sowie nochmals in Karlsruhe/Baden-Baden in den Ausstand treten. Außerdem rief die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi am Flughafen München Beschäftigte in der Personal- und Waren- sowie Frachtkontrolle zu einem Streik von Donnerstag um vier bis Freitag sechs Uhr auf. Allein für Donnerstag rechnete die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) mit der Absage von mehr als 580 Flugverbindungen. Betroffen seien davon etwa 90.000 Reisende. Außen vor beim Arbeitskampf des Luftsicherheitspersonals bleibt in dieser Woche der bundesweit größte Flughafen Frankfurt am Main, wo sich die Streikfolgen jedoch durch die Absage von Verbindungen an anderen Airports auch niederschlagen können.

Verdi fordert in der Tarifrunde für rund 25.000 Beschäftigte der privaten Sicherheitsdienstleister bei einer Laufzeit von zwölf Monaten eine Entgelterhöhung von 2,80 Euro pro Stunde und Mehrarbeitszuschläge ab der ersten Überstunde. Demgegenüber bietet der Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) zwar 2,70 Euro mehr Stundenlohn, der aber erst nach zwei Monaten ohne Erhöhung und dann aufgeteilt auf drei Stufen bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von 24 Monaten wirksam werden soll. Eine sechste Verhandlungsrunde findet am 20. März statt. Mit den Streiks will Verdi vorab den Druck erhöhen, »endlich ein deutlich verbessertes einigungsfähiges Angebot vorzulegen«, hieß es in einer Mitteilung der Gewerkschaft. Mit den bisher offerierten Entgelterhöhungen »kommen wir nicht zueinander«, erklärte Verdi-Verhandlungsführer Wolfgang Pieper. Ohne »substanziell verbessertes Angebot« könnten die Streiks auch noch ausgeweitet werden. Verdi wolle mit der Forderung nach 2,80 Euro mehr Stundenlohn und Mehrarbeitszuschlägen dazu beitragen, dass der Kaufkraftverlust der Beschäftigten durch die hohe Inflation ausgeglichen werde. Pieper verwies auf den auch in dieser Branche verbreiteten Fachkräftemangel, der nur gemildert werden könne, wenn die Arbeit der Luftsicherheitsbeschäftigten finanziell attraktiv bleibe.

Seit Mittwoch verhandelt Verdi unterdessen mit der Lufthansa über Entgelterhöhungen für rund 25.000 ihrer Beschäftigten in den Bodendiensten. Die Gewerkschaft fordert 12,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt bei einer zwölfmonatigen Laufzeit, während die Fluggesellschaft, die für 2023 Rekordgewinne verbucht, lediglich zehn Prozent mehr Geld in 28 Monaten angeboten hat. In den bisher vier Verhandlungsrunden soll es zumindest eine Einigung über eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro gegeben haben. Der Aufforderung der Gewerkschaft, das Entgeltangebot vor Beginn der fünften Runde aufzubessern, sei die Lufthansa nicht nachgekommen, erklärte Verdi-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky. Er betonte, dass man bei den letzten Streiks bewusst den Passagierverkehr ausgelassen hätte, um die Auswirkungen auf die Reisenden in Grenzen zu halten. Nach den bisher »vier Verhandlungsrunden und unzähligen Gesprächen weiß das Unternehmen, was nötig ist, um zur schnellen und erfolgreichen Beendigung dieser Tarifverhandlungen zu kommen«, so Reschinsky. Der Ball liege im Feld der Lufthansa, die nun die Möglichkeit habe, »weitere Arbeitskämpfe zu vermeiden und den Passagieren wieder Zuverlässigkeit bieten zu können«. Die Verhandlungen endeten nach Redaktionsschluss.

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