junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Gegründet 1947 Sa. / So., 27. / 28. April 2024, Nr. 99
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben
junge Welt: Jetzt am Kiosk! junge Welt: Jetzt am Kiosk!
junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Aus: Ausgabe vom 23.03.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

jW_Leserbriefe_Standart.jpg

Schattenseiten der Tierhaltung

Zu jW vom 19.3.: »›Bruderhähne großzuziehen lohnt sich nicht‹«

Die Vorstellung, dass der Wechsel zu Zweinutzungshühnern eine nachhaltige Lösung für die Probleme der Geflügelindustrie darstellt, ist eine völlig unzureichende Maßnahme. Die Organisation Foodwatch, die sich für reformistischen Tierschutz einsetzt, ist völlig ineffektiv. Die Produktion von Eiern und die Aufzucht von männlichen Küken sind mit signifikanten Problemen für das Tierwohl und die Umwelt verbunden, die auch bei der Verwendung von Zweinutzungshühnern bestehen bleiben würden. Der Begriff »Zweinutzungshühner« selbst ist herabwürdigend und speziesistisch. Angesichts der mehr als 630 Millionen Hühner, die jährlich in Deutschland geschlachtet werden, wird deutlich, wie gravierend die Auswirkungen der Geflügelindustrie sind. Die intensive Tierhaltung trägt zur Überdüngung der Böden bei, was negative Folgen für das Grundwasser und die Biodiversität hat. Zudem ist die Tierhaltung eine Quelle für Treibhausgase wie Methan und Lachgas, die den Klimawandel vorantreiben. Die Futtermittelproduktion, insbesondere von Soja, verbraucht große Mengen an Wasser und Land und führt zur Regenwaldabholzung und Wasserknappheit. Der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung begünstigt die Entwicklung von antibiotikaresistenten Keimen, die eine Bedrohung für die menschliche Gesundheit darstellen. Die Massentierhaltung ist außerdem ein Risikofaktor für die Entstehung und Verbreitung von Vogelgrippe-Epidemien, und es besteht das Risiko, dass Mutationen entstehen, die für uns Menschen gefährlich werden könnten. Vermutlich ist es nur eine Frage der Zeit bis zur nächsten Zoonose. Aus diesen Gründen entscheiden sich viele Menschen für den Konsum von Ei-Ersatzprodukten. Beziehungsweise verzichten ganz auf tierische Produkte. Wer den Umwelt- und Klimaschutz ernst nimmt und gegen die Abholzung des Regenwaldes vorgehen möchte, sollte den Konsum von tierischen Produkten überdenken und einstellen.

Helmut Pruß, Dortmund

Transit

Zu jW vom 16./17.3.: »Willkommen, Anna«

In dem informativen Artikel berichtet Sabine Lueken über eine Veranstaltung zum Wirken von Anna Seghers in Mexiko und schreibt, dass das wichtigste Buch des deutschen literarischen Exils, nämlich »Transit«, 1943 und 1944 in einer von »spanischen Exilanten« besorgten Übersetzung erschienen ist. Das bedarf einer Präzisierung, denn bekannt geworden ist nur die im Verlag »Ed. Mundo nuevo« erschienene Übersetzung von Angela Selke de Sánchez und Antonio Sánchez Barbudo. Angela Selke aber war eine deutsche Emigrantin, die mit ihrem Bruder Rudolf Selke, dem bekannten Übersetzer sowjetrussischer Literatur für den berühmten Malik-Verlag, seit 1934 auf Ibiza lebte, mit ihm einen antifaschistischen Klub betrieb und wissenschaftlich arbeitete. Angela Selke, Jahrgang 1913, war mit ihrer Mutter und ihren Bruder 1914 nach Deutschland übersiedelt, das die Geschwister aber 1933 verlassen mussten. 1936 stellten die Geschwister sich nach dem Putsch der reaktionären Generäle in Spanien der republikanischen Regierung zur Verfügung und arbeiteten im Ministerium für Propaganda. Angela Selke heiratete Antonio Sánchez Barbudo, einen Schriftsteller und Redakteur der Avantgardezeitschrift Hora de España, mit dem und ihrem Bruder sie nach der Niederlage der Republik nach Mexiko emigrierte. Dort übersetzte sie mit ihrem Mann neben anderen Büchern (u. a. von Ludwig Renn) Seghers Manuskript »Transit«, das 1944 als »Visado de tránsito« erschien. Später übersiedelte das Ehepaar in die USA, sie bekam dann an der Universität von Wisconsin eine Professur für spanische Literatur. Angela Selke verstarb 1993.

Interessant wäre die Beantwortung der Frage, weshalb »Transit« nicht wie andere Bücher von Anna Seghers im von Walter Janka geleiteten Verlag »El libro libre«, auch nach 1945 nicht im Aufbau-Verlag Berlin, sondern erst 1948 im Verlag Curt Weller in Konstanz erschienen ist.

Werner Abel, Oberschöna

»Spätrömische Dekadenz«

Zu jW vom 19.3.: »Christlich asozial«

»Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!« wusste schon der alte Lenin. Richtigerweise meint VdK-Präsidentin Bentele, dass die Begrenzung des Bürgergeldes durch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nach aktuellem Stand abgesegnet wurde. Weniger geht gar nicht! Das Sähen von Neid und Missgunst der Union – jenseits der Verfassung – zeigt die spätrömische Dekadenz von Friedrich Merz, Philipp Amthor und Co.

Als ehemaliger Bevollmächtigter der Regionalverbände Bremen und Weser-Ems im Bundesverband der Bilanzbuchhalter e. V. (BVBB), Bonn, und Mitglied im Redaktionsteam Bilanzbuchhalter, Fachzeitschrift für Führungskräfte im Finanz- und Rechnungswesen (Herausgeber heute: Verlag C. H. Beck, München), wundert mich schon, dass CDU/CSU Tatsachen aus Karlsruhe nicht zur Kenntnis nehmen will. Letztlich ist der Staat grundgesetzlich verpflichtet, beispielsweise in der Grundsicherung im Alter und bei Arbeitslosigkeit (Bürgergeld) die tatsächlichen Heizkosten für die Bürgerinnen und Bürger zu übernehmen.

Steuergerechtigkeit sollte keine hohle Phrase sein! Das deutsche Steuersystem ist bis zum heutigen Tage nicht verfassungskonform reformiert worden. Ein handlungsfähiger Staat muss zusätzliche Steuereinnahmen auch für Investitionen in den stärker zu fördernden sozialen Wohnungsbau, in den Erhalt von Schienen, Straßen, Schulen, Kitas usw. verwenden.

Bekanntlich wurde der Spitzensteuersatz bereits von 49 Prozent auf aktuell 42 Prozent von der ersten »rot-grünen« Bundesregierung 1998 unter Gerhard Schröder (SPD) gesenkt. Gerade Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat bis zum heutigen Tage seine Hausaufgaben nicht gemacht, die ihm Karlsruhe auferlegt hat: Kapitalerträge mit dem persönlichen Einkommensteuersatz statt mit 25 Prozent mit bis zu 42 Prozent sofort zu versteuern. Dies würde zu erhebliche Mehreinnahmen für die entsprechenden Haushalte der nächsten Jahre führen.

Klaus Jürgen Lewin, Bremen

Ein handlungsfähiger Staat muss zusätzliche Steuereinnahmen auch für Investitionen in den stärker zu fördernden sozialen Wohnungsbau, in den Erhalt von Schienen, Straßen, Schulen, Kitas usw. verwenden.

2 Wochen kostenlos testen

Die Grenzen in Europa wurden bereits 1999 durch militärische Gewalt verschoben. Heute wie damals berichtet die Tageszeitung junge Welt über Aufrüstung und mediales Kriegsgetrommel. Kriegstüchtigkeit wird zur neuen Normalität erklärt. Nicht mit uns!

Informieren Sie sich durch die junge Welt: Testen Sie für zwei Wochen die gedruckte Zeitung. Sie bekommen sie kostenlos in Ihren Briefkasten. Das Angebot endet automatisch und muss nicht abbestellt werden.