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Aus: Ausgabe vom 23.03.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Arbeitsniederlegungen in UK

Streiks gehen ins dritte Jahr

Britische Assistenzärzte stimmen erneut für Arbeitsniederlegungen. Ausstände auch bei Lokführern
Von Dieter Reinisch
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»15 Pfund pro Stunde sind kein faires Gehalt« – bei den hohen Lebenshaltungskosten für niemanden (London, 26.2.2024)

Nun ist es fix: Die Streiks im britischen Gesundheitswesen NHS werden in ein drittes Jahr gehen. Die Assistenzärzte haben für eine Verlängerung des Streikmandats um sechs Monate gestimmt. Damit werden die Arbeitskämpfe, sofern es keine Einigung mit der Regierung gibt, mindestens bis 19. September 2024 andauern.

Im Herbst 2022 legten erstmals in ihrer Geschichte die Pfleger ihre Arbeit nieder und lösten damit eine Streikwelle aus, die in der 75jährigen Geschichte des NHS bisher unbekannt war. Ab Frühjahr 2023 schlossen sich Ärzte an.

Sie fordern einen Ausgleich des Reallohnverlusts der letzten 15 Jahre, d. h. 35 Prozent mehr. Die Regierung blockt und verweigert seit Monaten Verhandlungen. Dennoch ist die Kampfbereitschaft unter den Assistenzärzten ungebrochen. Seit dem ersten Ausstand im März letzten Jahres kam es zu zehn Arbeitsniederlegungen durch Assistenzärzte, von denen zwei Drittel Mitglieder der Ärztegewerkschaft British Medical Association (BMA) sind. Jetzt nahmen 62 Prozent der stimmberechtigten BMA-Mitglieder an der Ur­abstimmung teil und 98 Prozent davon stimmten für die Verlängerung des Streikmandats. Ohne so ein Mandat, das alle sechs Monate verlängert werden muss, ist es den Gewerkschaften laut britischem Recht nicht gestattet, Streiks durchzuführen.

Selbst nach einem Jahr Arbeitsniederlegungen, glaube die Regierung, sie könne »ignorieren, verzögern und lange genug Ausreden anbieten, bis wir einfach aufgeben würden«, sagten die BMA-Sprecher Robert Laurenson und Vivek Trivedi am Mittwoch gegenüber BBC. Sie forderten das Gesundheitsministerium auf, »so rasch wie möglich ein neues Angebot vorzulegen«.

Im vergangenen Geschäftsjahr erhielten Assistenzärzte eine Gehaltserhöhung von durchschnittlich knapp neun Prozent – weit unter der Jahresinflation in Großbritannien. Zwar diskutierten die Tarifpartner Ende letzten Jahres über zusätzliche drei Prozent. Am Ende jedoch kam es zu keiner Einigung.

Auch in anderen NHS-Bereichen wird weiterhin gekämpft: Psychiater in Cumbria, einer Grafschaft im Nordwesten Englands, haben am Freitag morgen einen dreitägigen Streik begonnen. Sie fordern, wie ihre Kollegen in anderen Bereichen des NHS, bessere Bezahlung, gab die Dienstleistungsgewerkschaft GMB bekannt. Die Verwaltung der Grafschaft verwies gegenüber BBC am Dienstag darauf, dass die Lohnklassen bereits im Jahr 2019 angepasst worden seien und ein Antrag auf Neuverhandlung vor zwei Jahren abgelehnt worden sei. Es ist bereits der zweite Streik der Psychiater in der Grafschaft.

Neue Streiktage für den April hat die Lokführergewerkschaft ASLEF angekündigt: Sie fordern im nunmehr längsten noch laufenden Arbeitskampf Großbritanniens bessere Arbeitsbedingungen und Löhne. ASLEF-Mitglieder von 16 Bahngesellschaften werden zwischen dem 5. und 8. April an fortlaufenden eintägigen Streiks teilnehmen. Zusätzlich wird es einen sechstägigen Überstundenboykott geben. Die Eisenbahner begannen ihren Arbeitskampf im Juni 2022 und lösten damit die größte Streikwelle Großbritanniens seit Mitte der 1980er Jahre aus.

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