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Aus: Ausgabe vom 18.03.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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IT-Security: Leichter Lauschen

Zu jW vom 12.3.: »Die Sache des Administrators«

(…) Das OSI-Modell ist für operative Sicherheit nicht anwendbar oder zielführend, da es nicht zwischen lokalem Netz (LAN) und Weitverkehrsnetzen (WAN) oder drahtloser Gerätekommunikation (near field communication, NFC) unterscheidet. Problematisch bei Verwendung von Videokonferenzsystemen, die irgendwie auf RTC bzw. HTTPS basieren, ist das TLS (früher SSL), da es keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zwischen den Teilnehmenden gewährleisten kann. Die kann (durch den Administrator) nur gewährleistet werden, wenn die Serverkomponente selbst betrieben wird, sobald sie in die Cloud ausgesourct wird, kann dieses Setup nur als kompromittiert betrachtet werden. Kabel sind dabei nicht maßgeblich, die Lösung heißt hier Ende-zu-Ende, kryptographisch gesicherte Kommunikation (EE). Im Internet kann jeder lauschen, auch mit TLS gesicherte Verbindungen können an jeder Stelle (men in the middle, MITM) oder am Server (Endpunkt) aufgezeichnet werden. Im Idealfall erhalten Lauschende nur kryptographisch gesichertes Rauschen, das vom zufälligen Rauschen nicht unterscheidbar ist. Sehr vereinfacht, die Aufgabe von kryptographischen Systemen besteht darin, über Ver- und Entschlüsselung Kommunikation in Rauschen und am anderen Ende vom Rauschen zurück in für Menschen rezipierbare Kommunikation zu verwandeln. Das Kabel, die physikalische Schicht, ist irrelevant, weil untere Protokollschichten per se umleitbar oder abhörbar sind. Das Verwerfliche am Verhalten der Abgehörten ist schlicht und ergreifend eine gewisse Hybris in bezug auf die eigene Sicherheit. Die Beteiligten stellen, wie jeder Mensch, mich eingeschlossen, eine Gefahr für sich und andere Menschen dar, sobald der Einsatz von EE nicht gewährleistet ist. (…)

Annie Gram, per E-Mail

»Kranke Krakengesellschaft«

Zu jW vom 11.3.: »45 Krankenkassen haben Zusatzbeitrag erhöht«

Haben wir Kleinstaaterei? Der Meldung zufolge existieren 94 gesetzliche Krankenkassen, wo eine reichen würde mit einheitlichen Regelungen. Und denke ich an die Vorstände, die 94mal jährlich Millionenbeträge kassieren, so ist das Wort »sozial« bereits in sein Gegenteil verkehrt. Unbegreiflich auch erscheint, dass die Krankenhausbehandlungen in die Höhe gestiegen sind, während sich Aufenthalte beispielsweise nach Operationen ebenfalls inhuman verkürzt haben. Aber natürlich streicht die Pharmaindustrie, insbesondere Konzerne wie Bayer, Ratiopharm etc. – analog vielleicht der Rüstungsindustrie –, unerhört Gewinne auf Kosten der Versicherten ein. Die Alchemie boomt in der kranken Krakengesellschaft. Sprachliche Verdrehungen helfen da auch nicht. So nennt sich die AOK »Gesundheitskasse« im Zusatz. Sie gibt mir großzügig 50 Euro jährlich für ein pflanzliches Medikament, das der Urologe auf einem blauen Privatrezept verschreibt, wo auf der Rückseite auch steht, dass bei chronischen Erkrankungen die Kasse die Kosten tragen kann. Übrigens: Eine Packung kostet nunmehr 36 Euro und reicht sechs Wochen. 500 Euro werden insgesamt für allerlei, aber eben nicht individuell angeboten. Was will ich mit zu beantragenden Kosten für einen Babyschwimmkurs oder für eine Hebamme etc. anfangen? Vor Amtsantritt der Grünen wurde u. a. auch mein Pflanzenpräparat auf Kassenrezept verschrieben – wie symbolisch grün doch ist. (…)

E. Rasmus, per E-Mail

Auf den Leib geschrieben

Zu jW vom 12.3.: »Exorzistin des Tages: Strack-Zimmermann«

Brechts Mutter Courage ist ein hervorragendes Sinnbild für das, was Strack-Zimmermann macht. Die wollte auch als Marketenderin am Krieg verdienen und erkannte erst, als der Krieg ihre Kinder verschlungen hatte, ihren Irrtum. Man könnte fast meinen, Brecht hätte Strack-Zimmermann gekannt und ihr sein Antikriegsstück auf den Leib geschrieben. (…)

Bernd Fouquet, Daajing Giids (Kanada)

»Keine Zeit mehr für Faseleien«

Zu jW vom 9./10.3.: »Es wird beinharte Konflikte geben«

Klaus Dörre liefert lediglich eine neue Wiederholung der kunterbunten Illusion, eine Revolution der Produktionsverhältnisse sei ohne Revolution zu erreichen. Diese Haltung wird durch die kleinbürgerliche Angst vor der Größe der anstehenden Veränderungen geprägt. Genau deshalb wird auch die wichtigste Frage immer im Hintergrund gelassen. Nämlich die, dass Revolution nicht Krawall des Krawalls wegen ist, sondern nur so die Wege geöffnet werden können, die es für das Entstehen einer friedvollen und menschengerechten Gesellschaft braucht. Einer Gesellschaft, der es endlich auch gegeben ist, die Entwicklung von Mensch und Natur versöhnen zu können. Alle Faseleien von evolutionären Revolutionen, von Staaten, die weit oberhalb von Klasseninteressen agieren, und von utopischem Überschuss, der die Besitzenden auf wundersame Weise dazu bringt, ihr Besitztum freiwillig an die Besitzlosen abzutreten, sind im 19. und 20. Jahrhundert ausreichend oft wiedergekäut worden. Einen realen Nutzen hatten sie nie. Ganz im Gegenteil. Sie vernebeln das, was getan werden muss, und weisen Wege, die in die Irre führen. Und das, während die Menschheit durch die herrschenden Verhältnisse direkt an die Möglichkeit ihres eigenen Untergangs herangeführt wird. Uns bleibt einfach keine Zeit mehr für nutzlose Faseleien und Illusionen in x-ter Wiederholung.

Joachim Seider, Berlin

Alle Faseleien von evolutionären Revolutionen, Staaten, die weit oberhalb von Klasseninteressen agieren, und utopischem Überschuss, der die Besitzenden auf wundersame Weise dazu bringt, ihr Besitztum freiwillig an die Besitzlosen abzutreten, sind oft wiedergekäut worden.

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