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Aus: Ausgabe vom 18.03.2024, Seite 7 / Ausland
US-Wahlkampf

Nein zu AIPAC

Die größte Pro-Israel-Lobby der USA ist im Zeichen des Gazakrieges mit organisiertem Widerstand konfrontiert
Von Knut Mellenthin
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Gegenöffentlichkeit gegen Öffentlichkeitsarbeit: Demoschilder gegen AIPAC (New York, 22.2.2024)

Zum Jahreskongress des Amerikanisch-israelischen Komitees für Öffentlichkeitsarbeit (American Israel Public Affairs Committee, AIPAC), der selbsterklärten Pro-Israel-Lobby der USA, ist am vergangenen Montag ein Gegenbündnis mit dem programmatischen Namen »Reject AIPAC« (AIPAC abweisen) an die Öffentlichkeit getreten. Die Allianz umfasst rund zwei Dutzend Gruppen und Organisationen, überwiegend aus der Demokratischen Partei und ihrem Umfeld, die nach vorherrschendem US-amerikanischem Verständnis als »linksgerichtet« gelten.

Die meisten Organisationen sind in Deutschland kaum bekannt. Dazu gehören die kleine Fraktion der Justice Democrats, die gegenwärtig mit drei Abgeordneten im Kongress vertreten ist, die in vielen Teilen der USA tätige sozialdemokratische Working Families Party, die ihre Mitgliederzahl mit 53.500 angibt, die Democratic Socialists of America, die sich auf ihrer Website als »größte sozialistische Organisation in den Vereinigten Staaten« mit über 92.000 Mitgliedern und Ortsgruppen in allen Bundesstaaten bezeichnen, die Gruppe Our Revolution, die angeblich Bernie Sanders nahesteht, sowie das klimapolitische Sunrise Movement, das einen Green New Deal fordert, der auch von vielen linksliberalen Politikern und Publizisten unterstützt wird.

Hinzu kommt eine ganze Reihe jüdischer Gruppen wie Jewish Voice for Peace und Ifnotnow, denen die Ablehnung der israelischen Besatzung im palästinensischen Westjordanland gemeinsam ist. Ifnotnow startete schon Anfang August eine Kampagne unter dem Motto »Reject AIPAC«, die offenbar Vorarbeit für das jetzt präsentierte Bündnis geleistet hat. Nicht direkt an der Koalition beteiligt scheinen prominente Israel-Kritikerinnen wie die Abgeordneten Ilhan Omar und Rashida Tlaib, die fortwährend Ziel gehässiger, auf ihre Person gerichteter Angriffe des breiten Pro-Israel-Spektrums der USA sind.

AIPAC konzentrierte und beschränkte sich früher darauf, proisraelischen Geldgebern aufgrund von jahrelangen genauen Beobachtungen Empfehlungen zu geben, welche Politiker, Kongressmitglieder und aufstrebenden jungen Talente eine Förderung verdienen. Seit 2021 betreibt die Lobbyorganisation nun auch direkte Wahlkampffinanzierung. Sie hat sich darauf spezialisiert, bei den Vorwahlen der Demokraten Kandidaten zu unterstützen, die gegen Neubewerber oder auch Amtsinhaber mit Israel-kritischem Profil antreten. Auf seiner Website rühmt das AIPAC sich damit, dass bei der letzten Zwischenwahl 98 Prozent der von ihm unterstützten Kandidaten gewonnen haben sollen. Das Gegenbündnis erwartet, dass AIPAC in diesem Jahr mehr als 100 Millionen Dollar einsetzen will, um politisch unerwünschte Demokraten aus dem Rennen zu werfen.

Reject AIPAC ruft vor diesem Hintergrund alle Politiker der Demokratischen Partei dazu auf, grundsätzlich nicht mit der Pro-Israel-Lobby zusammenzuarbeiten und keine finanzielle Unterstützung vom Komitee anzunehmen. »Der Kampf gegen AIPAC ist einer der Kämpfe für die Seele unserer Demokratie«, heißt es in der ersten gemeinsamen Stellungnahme. Das Bündnis kündigt zugleich an, Millionen Dollar aufzubringen, um Amtsinhaber der Demokraten gegen ihre vom AIPAC subventionierten Konkurrenten zu unterstützen. Auf den ersten Blick scheint das wenig realistisch, zumal mit der Organisation J Street schon seit 2007 eine politische Kraft existiert, die eine zwar ebenfalls proisraelische, aber nicht völlig unkritische Alternative zu AIPAC darzustellen versucht.

Die diesjährige AIPAC-Konferenz fand von Sonntag bis Dienstag vergangener Woche statt. Während dieses Großereignis früher mit mehr als 10.000 Teilnehmern volksfestartig gefeiert wurde, findet die Konferenz seit der Coronapandemie, die einen weitgehenden Verzicht auf das alte Format erzwang, in diesem Jahr mit nur 1.600 Teilnehmern und deutlich weniger Glamour und Propagandalärm statt.

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