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Aus: Ausgabe vom 16.03.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

EU-Lieferkettengesetz abgeschwächt

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Protestaktion in Berlin im Dezember 2022

Cornelia Möhring, Sprecherin für Globale Gerechtigkeit der Linken im Bundestag, teilte zum am Freitag beschlossenen EU-Lieferkettengesetz mit:

Gut, dass es ein EU-Lieferkettengesetz gibt. Schlecht, dass nur 5.421 Unternehmen, nur 0,05 Prozent aller Firmen in der EU kontrollieren müssen, dass keine Kinderarbeit, Sklaverei oder Umweltzerstörung im Spiel ist. Die Politik ist auf den letzten Metern gegenüber der Wirtschaft eingeknickt. Das neue Gesetz kann damit nur ein erster Schritt sein für echte Unternehmensverantwortung weltweit. Dass die Finanzinstitute völlig aus der Verantwortung genommen sind, ist der stille Skandal des Gesetzgebungsprozesses. Die Linke wird sich für eine Nachschärfung einsetzen, auf EU-Ebene wie in Deutschland.

Armin Paasch, Misereor-Experte für verantwortliches Wirtschaften und Menschenrechte, erklärte am Freitag zum EU-Lieferkettengesetz:

Die Zustimmung des Rats ist ein Hoffnungszeichen für Menschenrechte und die Umwelt. Das EU-Lieferkettengesetz würde Unternehmen endlich verpflichten, Ausbeutung, Kinderarbeit, Vertreibungen, Repression von Gewerkschaften und Umweltzerstörung in ihren globalen Geschäften wirksam vorzubeugen. Betroffene erhielten endlich eine realistische Chance, von Verursachern in der EU zivilrechtlich Schadenersatz einzuklagen.

Es ist beschämend, dass die Bundesregierung der Richtlinie nicht zugestimmt hat, obwohl diese gegenüber der Trilogeinigung von Dezember 2023 massiv verwässert wurde. Ein gravierender Rückschritt ist die drastische Verengung des Anwendungsbereichs. Während das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz aktuell über 4.500 Unternehmen erfasst, würde die EU-Richtlinie in Deutschland je nach Schätzung lediglich zwischen 800 und 1.500 Unternehmen in die Pflicht nehmen, und auch dies erst ab 2032.

Der Grund: Auf Druck von Frankreich soll die Richtlinie nur für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden gelten statt ab 500 Mitarbeitenden, wie zunächst vorgesehen. Zusätzlich würde die Umsatzschwelle von 150 Millionen auf 450 Millionen Euro angehoben. Das deutsche Gesetz gilt ebenfalls ab 1.000 Mitarbeitenden, allerdings ohne Umsatzschwelle. In den ersten drei Jahren der Anwendung sollen nach der EU-Richtlinie sogar nur Unternehmen ab 5.000 Mitarbeitenden erfasst werden.

Hochproblematisch ist auch, dass Unternehmen sich bei ihren Exporten nur um direkte Geschäftspartner kümmern müssten, die in ihrem Auftrag handeln. Exporteure von giftigen Pestiziden oder Überwachungstechnologien müssten damit keine Vorbeugemaßnahmen ergreifen, damit Kunden bei der Verwendung gefährlicher Produkte oder bei der Abfallentsorgung die Menschenrechte und die Umwelt achten. Auch die ohnehin schwachen Klimaschutzbestimmungen wurden weiter aufgeweicht. Die Hauptverantwortung trägt die deutsche Bundesregierung, die das EU-Lieferkettengesetz gefordert und ausgehandelt hatte, den Konsens der EU vom Dezember 2023 dann aber im Januar 2024 aufkündigte. Daraufhin rückten auch andere Regierungen von dem Kompromiss ab und setzten nachträglich Forderungen durch, gegen die sich die Bundesregierung zuvor gewehrt hatte. (…)

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