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Aus: Ausgabe vom 15.03.2024, Seite 4 / Inland
TAURUS-Debatte im Bundestag

Zweites Nein abgeholt

Union scheitert im Bundestag erneut mit Antrag zu TAURUS-Lieferungen für Ukraine
Von Marc Bebenroth
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Stimmt wie angekündigt für den CDU/CSU-Antrag: Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) im Bundestag (14.3.2024)

Auch im zweiten Anlauf ist die Unionsfraktion damit gescheitert, mit der von ihr befeuerten TAURUS-Debatte die Ampelkoalition zu spalten. Der Bundestag hat am Donnerstag erneut einen Antrag von CDU und CSU abgelehnt, in dem die größte Oppositionsfraktion die Regierung auffordert, explizit jene Marschflugkörper an die Ukraine abzugeben – und es Kiew so zu ermöglichen, den Krieg tief hinter die Front nach Russland zu tragen.

Die Union hatte eine namentliche Abstimmung beantragt. Tatsächlich stimmten mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, und Wolfgang Kubicki, Vizepräsident des Bundestags, lediglich zwei prominente FDP-Politiker dagegen, den Unionsantrag abzulehnen. Aus den Reihen der Union stimmten drei Abgeordnete dafür, darunter Mario Czaja – bis Sommer 2023 CDU-Generalsekretär.

Johann Wadephul (CDU) kritisierte einmal mehr Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dafür, zu zögerlich zu sein. Dessen ebenfalls wiederholt geäußerte Ablehnung von TAURUS-Lieferungen an die Ukraine verteidigten der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, Rolf Mützenich sowie der Außenpolitiker Ralf Stegner. Angesichts von auch in der BRD lebenden Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine forderte Mützenich, nicht über Waffensysteme zu debattieren, sondern über sozialpolitische Maßnahmen. Auch kam er auf den Umstand zu sprechen, dass weltweit viele Regierungen eine andere Perspektive auf den Ukraine-Krieg hätten und man das in der BRD zur Kenntnis nehmen müsse.

Eine Gruppe von mindestens 30 Grünen-Abgeordneten fordert derweil in einer persönlichen Erklärung einen sogenannten Ringtausch zwischen dem Vereinigten Königreich, der Ukraine und der BRD. Damit sollen TAURUS-Waffen ans britische Militär geliefert werden, welches »Storm Shadow«-Marschflugkörper an Kiews Truppen abgeben soll. In dem knapp dreiseitigen Papier heißt es laut dpa, man unterstütze derlei Überlegungen »ausdrücklich« und ermutige die Bundesregierung, »diesen Weg zu gehen, um Frieden und Sicherheit für Europa und Deutschland langfristig zu sichern«.

Am Töten und Sterben werde auch TAURUS »überhaupt nichts« ändern, mahnte Sahra Wagenknecht (BSW). »Das einzige, was sich ändern würde, ist, dass Deutschland damit in den Augen Russlands wohl definitiv zur Kriegspartei würde.« »Die Lieferung von immer mehr und immer schwereren Waffen hat eben nicht zu einer Beendigung des Krieges geführt«, sagte Janine Wissler (Die Linke) im Plenum. Neben der Zerstörung und dem Leid sei auch die Eskalationsgefahr immer weiter gestiegen.

Die wichtigste Frage sei, wie das Sterben im Ukraine-Krieg gestoppt werden könne, erklärte die Linke-Kovorsitzende, die ihre Rede mit einer Verurteilung des russischen Einmarsches Ende Februar 2022 eröffnet hatte. Ein »echter Beitrag für den Frieden« sei es, wenn die BRD russischen Deserteuren und Kriegsdienstverweigerern, wie längst versprochen, Schutz und Asyl bieten würde. Scholz habe in Sachen TAURUS »uns als Linke« auf seiner Seite, betonte Wissler und forderte ihn auf, »standhaft« zu bleiben.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (15. März 2024 um 11:52 Uhr)
    Mit einer schwachen Regierung und einer noch schwächeren Opposition, jedoch einem mittelmäßigen Parlament, reichte es aus, den kriegslüsternen Medienmeinungsmachern und der konzeptlosen Opposition ihre Agenda zu vereiteln. Welchen Sinn hätte es noch, angesichts der aktuellen Frontlage, weitere zehntausend Soldaten als Kanonenfutter in einen aussichtslosen Krieg zu schicken? Das Einfrieren des Konflikts in der Ukraine muss daher ernsthaft in Betracht gezogen werden – nicht weil es die ideale Lösung darstellt, sondern weil selbst die westlichen Wertegemeinschaften die Ukraine trotz aller dramatischen Ereignisse möglicherweise nicht ausreichend unterstützen können.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Marcus B. (15. März 2024 um 08:29 Uhr)
    Formsache: »Tatsächlich stimmten (…) zwei prominente FDP-Politiker dagegen, den Unionsantrag abzulehnen. Aus den Reihen der Union stimmten drei Abgeordnete dafür (…).« Ich bin verwirrt. Warum wird ausgerechnet in diesem Zusammenhang mit doppelter Verneinung formuliert? Das ist nicht gerade förderlich fürs Verständnis. Stimmten die Unionsabgeordneten nun für den Antrag oder seine Ablehnung? Auch weil Autoren nicht ohne Fehl sind, sollte m. M. n. eher auf einfache Sprache geachtet werden; erstens, um ein breiteres Publikum anzusprechen und zweitens, um nicht ungewollt durch Fehler den Sinn umzukehren. Doppelte Verneinung mag ihren Platz haben, nur eben nicht in solchen Zusammenhängen. Die Formulierung hätte, wie folgt, auch nicht weniger eloquent geklungen: »Tatsächlich stimmten (…) lediglich zwei prominente FDP-Politiker für den Unionsantrag. Aus den Reihen der Union stimmten drei Abgeordnete gegen ihn«; vorausgesetzt, ich habe den Sinn des zweiten Satzes korrekt verstanden. Es sollte ohnehin nicht auf Eloquenz optimiert werden, welche im Endeffekt nur eine gewisse Hochnäsigkeit impliziert, sondern auf Verständlichkeit, damit auch – schamlos auf die Spitze getrieben – Leser ohne Germanistikstudium folgen können. Und wo ich gerade dabei bin: Ganz allgemein sind mir schon Artikel untergekommen, bei denen es sehr schwer ist, dem Gedankengang der Autorenschaft zu folgen, weil z. B. inflationär mit Schachtelsätzen und abgehobenen Formulierungen gearbeitet wird und, wenn sich dann noch ein Flüchtigkeitsfehler eingeschlichen hat, der Sinn nur noch aus dem breiteren Kontext zu erahnen ist; »Terror als Methode« von Theo Wentzke ist das jüngste Beispiel – ich (Akademiker) wollte(!) nicht mehr folgen ob der Sprachverrenkungen; war selbst nicht ganz auf der Höhe. Eine marxistische Zeitung sollte m. E. n. daran interessiert sein, das Proletariat, welches nicht immer höchsten Bildungsansprüchen genügt und obendrein durch Arbeit erschöpft ist, nicht vor den Kopf zu stoßen.

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