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Aus: Ausgabe vom 16.03.2024, Seite 2 / Ausland
Guatemala

»Allen Beteiligten ist klar, dass es schwer wird«

Über Vorhaben der guatemaltekischen Regierung im Agrarsektor und den Widerstand großer Betriebe. Ein Gespräch mit Rafael Gonzalez
Interview: Thorben Austen, Quetzaltenango
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Ohne Bewässerungssystem sind Bauern in abgelegenen Dörfern vollständig vom Niederschlag abhängig (Las Tunas, 17.8.2023)

Vergangene Woche hat Staatspräsident Bernardo Arévalo mit verschiedenen Landarbeiter- und Kleinbauernorganisationen, darunter das Komitee für Bauerneinheit, CUC, ein Abkommen getroffen. Was ist das Ziel?

Das Ziel des Abkommens ist, eine Lösung für die Agrarproblematik im Land zu finden. Konkret soll es um die Schaffung einer neuen Instanz für Landfragen gehen, an die sich Gemeinden bei Problemen wenden können. Der Hintergrund ist, dass der vorherige Präsident, Alejandro Giammattei (2019-2023, jW), die bestehenden Instanzen in seiner Amtszeit aufgelöst, an andere Kommissionen übergeben und letztlich den Dialog abgebrochen hat. Weiter geht es um eine Reform des bestehenden Gesetzes der Fondos de tierras (Bodenfonds, jW). Dieses Gesetz geht zurück auf die Friedensverhandlungen zum Ende des Bürgerkrieges 1996. Es besteht die Notwendigkeit, dieses Gesetz zu reformieren und zu verbessern, damit es wirklich den Gemeinden und Kleinbauern zugutekommt.

Es heißt, das jetzt getroffene Abkommen gehe auf längere Diskussionen zwischen Landarbeiterorganisationen und Bernardo Arévalo, schon vor dessen Amtsantritt, zurück. Ist das zutreffend?

Das ist richtig. Es gab schon länger Diskussionen mit Arévalo, auch bevor er sein Amt als Staatspräsident angetreten hat. In Form gegossen wurde das Abkommen aber erst am 7. Februar, und zwar zwischen Arévalo und dem Rat der Kleinbauern und Landarbeiter.

Gibt es in der neuen Regierung den Willen, Bedingungen zu schaffen, die Agrar- und Landfragen zu lösen?

So interpretieren wir die Unterschrift von Bernardo Arévalo unter dem Abkommen. Wir gehen davon aus, dass die neue Regierung den Willen hat, Konflikte um Land nicht mehr wie bisher mit Gewalt zu lösen. Arévalo hat sich auch verpflichtet, innerhalb seiner Regierung ein Team zu schaffen, das bei Krisen eingreifen und dafür sorgen soll, dass Konflikte friedlich gelöst werden. Lösungsvorschläge bis hin zum Aufkauf von strittigem Land durch die Regierung sind da im Gespräch. Aber das ist die Theorie, was davon letztlich wirklich umgesetzt wird, ist die andere Frage.

Sie gehen bei einer Reform des Gesetzes über die Bodenfonds also letztlich von Verbesserungen beim Zugang der Kleinbauern zu Land aus. Mit welchem Widerstand rechnen sie von seiten der ökonomisch Mächtigen im Agrarsektor?

Ich denke, allen Beteiligten, auch Bernardo Arévalo und seiner Regierung, ist klar, dass dies sehr schwer wird. Die Mächtigen im Agrarsektor haben ja immer erklärt, sie werden Arévalo nicht in Ruhe regieren lassen. Auf der anderen Seite gehen die Vertreibungen von Gemeinden, zum Beispiel im Zusammenhang mit den Palmölplantagen, weiter. Das sorgt für Verwirrung, viele Fragen sich: Wir haben jetzt eine demokratische Regierung, warum gehen die gewaltsamen Vertreibungen weiter?

Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, Menschen Zugang zu Land zu verschaffen? Sie sprachen von der Option, dass die Regierung Land kauft und an Kleinbauern übergibt?

Ja, richtig, dafür gibt es Mittel, die im Rahmen des Gesetzes der Landfonds zur Verfügung stehen. In der Theorie sind das bis zu 60 Millionen Quetzales (etwa 7 Millionen Euro, jW), aber häufig wurden nur ein oder zwei Drittel davon eingesetzt. Dann gibt es im Rahmen des Friedensabkommens Land in Staatsbesitz, welches an Kleinbauern übergeben werden kann. Auch ungenutztes Land und Land ohne Besitzer soll laut Friedensvertrag von Kleinbauern genutzt werden können. Wir denken, dass das neue Gesetz mit neuem Personal und neuen Regeln viel bewegen kann.

Von wie vielen Menschen sprechen wir, die über die Gesetzgebung Land erhalten könnten?

Das kann ich nicht genau sagen. Im Moment sind wir vier Organisationen, die im Rat der Kleinbauern an der Umsetzung beteiligt sind. Neben uns sind das, die Asociación Campesina del Altiplano, die Organización Nuevo Dia und die Unión Verapacenses de Organizaciones Campesinas. Aber es sind Hunderte Gemeinden landesweit, die Bedarf an Zugang zu Land haben.

Rafael Gonzalez ist Leitungsmitglied und Verantwortlicher für Agrarfragen des Komitees für Bauereinheit (Comité de Unidad Campesina - CUC) in Guatemala.

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