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Aus: Ausgabe vom 14.03.2024, Seite 16 / Sport
Rodeo

Schön durch den Wind

Bullenreiten in Milwaukee, Wisconsin
Von Maximilian Schäffer
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Tief ins Glas geschaut: Caden Bunch

Professionelles Bullenreiten ist ein rein männliches Spektakel, dennoch wird die reinweiße Cowboyromantik seit mindestens 15 Jahren durch starken Zufluss aus Südamerika deutlich bunter. Auch afroamerikanische Bullenreiter finden sich mittlerweile im Feld, wie der 27jährige Ezekiel Mitchell aus Texas. Bei einem Sport, der so viel Eroberermentalität assoziiert – der Mensch über das Tier, die Weißen über das raue Land –, soll das einmal erwähnt sein.

In Milwaukee gewann ein Cherokee. Der 20jährige Caden Bunch stammt aus Tahlequah, einer Kleinstadt im Bundesstaat Oklahoma, die 1839 zur Hauptstadt der Cherokee Nation erkoren wurde. »Pfad der Tränen« wird die Vertreibung Zehntausender nordamerikanischer Ureinwohner in die unwirtlichen Landstriche der USA genannt. Bis auf zweisprachige Straßenschilder in Englisch und Cherokee, sowie einer Universität an der man die lokale Stammessprache (noch ca. 1.600 Muttersprachler) lernen kann, ist den Indigenen in Tahlequah nicht viel von ihrer Kultur geblieben. Überall ist das so. Die meisten »indianischen« Reservate sind heute durch Armut und Alkoholismus gezeichnet, durch Uran verseucht. Besonders hart traf es die größte Gemeinschaft, die der Navajo (in der Bullenmanege derzeit vertreten durch den 26jährigen Keyshawn Whitehorse). Manche, vor allem kleinere, Stämme halten sich mit Glücksspielrechten über Wasser. Die Ho-Chunk beispielsweise betreiben zwei Autostunden von Milwaukee entfernt und überhaupt in ganz Wisconsin riesige Glücksspieloasen.

Nicht im »Indianer«-Casino, sondern in der Heimstätte des NBA-Teams »Bucks« fand das Event der Professional Bull Riders (PBR) am vergangenen Wochenende vor gut 16.000 Zahlenden statt. Zehn der besten Reiter allerdings steckten zum Sonnabend noch am Flughafen in Fort Worth, Texas fest. Kurzerhand setzte die Liga eine Bonusrunde für die übrigen an, in der man die Gelegenheit hatte, sein Preisgeld zu verdoppeln. Alles war gespannt auf den ersten und zweiten der Weltrangliste, doch Cassio Dias (1) und John Crimber (2) schwächelten erneut wegen ihren sich in die Länge ziehenden Verletzungen. Obwohl Crimber in Vor- und Bonusrunde hinsichtlich Gesamtpunktzahl gewann, legte der arbeitsame, bescheidene Brady Fielder aus Australien einen Ritt von monströsen 90 Punkten auf »Mike’s Motive« aufs Parkett. In der Hauptrunde bekam dann Crimber die Hufe von »Big Chili« direkt in die Lederweste. Schmerzverzerrt musste der Liebling aller enthusiastischen Hinterwäldlerinnen mitansehen, wie Caden Bunch drei solide Ritte und somit den Gesamtsieg einfuhr.

Milwaukee ist eine Bierstadt und inwiefern sich Bunch gleich im Anschluss ein paar Plastikpinten voller Gerstensaft aus Amerikas zweitgrößter Brauerei (Miller) gönnte, ist unklar. Schließlich war es bereits sein zweiter Turniersieg dieses Jahr, nach dem Eröffnungsevent in Tucson, Arizona. Der knuffige Cherokee, stets im Holzfällerhemd, wirkte etwas betüdelt – das stellte auch die Moderatorin des Abends subtil fest. »Du bist ganz schön durch den Wind, oder?« Kicher, kicher: »Yes, Ma’am«.

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