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Aus: Ausgabe vom 14.03.2024, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Ford-Zulieferer wollen Sozialtarif

Wieder Streiks in Saarlouis

Nach den Ford-Beschäftigten fordern Kollegen der Zulieferer Sozialtarifverträge. Ausstand in fünf Betrieben. Autoproduktion unterbrochen
Von Gudrun Giese
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Die Ford-Beschäftigten sind vorangegangen. Nun ziehen die Kollegen in den Zulieferbetrieben nach (Saarlouis, 22.6.2022)

Seit dem 8. März streiken Beschäftigte aus fünf Zulieferbetrieben des Autobauers Ford am Standort Saarlouis. Sie wollen damit verbesserte Angebote für Sozialtarifverträge durchsetzen. Auch in dieser Woche setzten die Arbeiter ihren Streik fort. Vorausgegangen waren Urabstimmungen in den fünf Betrieben, die mit einer Zustimmung von über 99 bis 100 Prozent ausgingen, wie die IG Metall Völklingen berichtete. Anlass für den unbefristeten Arbeitskampf ist das bevorstehende Ende der Autoproduktion bei Ford in Saarlouis. Im November 2025 soll letztmals ein »Ford Focus« vom Band laufen.

Damit verlieren die Zulieferer ihren zentralen Abnehmer von Bauteilen. Für die Ford-Beschäftigten konnte nach langen Verhandlungen ein Sozialtarifvertrag mit hohen Abfindungen und Prämien, Qualifizierungsprogrammen und einer Transfergesellschaft sowie der Zusage, 1.000 der derzeit 3.750 Beschäftigten bis 2032 weiter zu beschäftigen, abgeschlossen werden. Doch in den Verhandlungen mit den Zulieferbetrieben gab es bisher keine Annäherung. Die IG Metall will für die insgesamt rund 500 Beschäftigten in den fünf Unternehmen vergleichbare Regelungen aushandeln wie für die Ford-Kollegen.

»Gestern war eine Lösung des Konfliktes zum Greifen nah.« Wenn die Zulieferunternehmen der IG Metall bis zum Ende der Streikversammlung erklärt hätten, dass sie die Kompromissvorschläge der IG Metall akzeptieren, hätte der Streik schnell durch gute Verhandlungsergebnisse beendet werden können, teilte die IG Metall Völklingen am Mittwoch mit. So trügen die Zulieferer die volle Verantwortung dafür, dass der Ausstand nicht unterbrochen wird. Verhandlungen soll es den Angaben nach nun aber trotzdem geben. Deren Ergebnis war bis Redaktionsschluss jedoch nicht bekannt. Klar ist nur: Eine Billiglösung werde es nach Angaben der Streikleiter am sogenannten I-Park, Ralf Cavelius und Uwe Zabel, mit der IG Metall nicht geben.

Am Montag hatte nach Angaben von Cavelius in Saarlouis keinerlei Produktion in den fünf Zulieferbetrieben stattgefunden. Das habe Auswirkungen auf das Ford-Werk am Standort, meldete dpa unter Berufung auf eine Sprecherin des Autoherstellers in der Kölner Zentrale. Die sonst üblichen 600 Ford-Focus-Modelle pro Tag konnten nicht fertig produziert werden, denn die Zulieferer stellen Motoren, Getriebe, Achsen, Karosserieteile, Kabelnetzsysteme und Abgasanlagen her, ohne die kein Auto auskommt. Die streikenden Kollegen beteiligten sich am Montag nachmittag an einer Kundgebung auf der Straße zum Zuliefererpark.

Nach dem Aus der Verhandlungen hatte die IG Metall seit Ende Februar Urabstimmungen für unbefristete Streiks in den Zulieferbetrieben Magna, Benteler, Tenneco, Lear Corporation und Rhenus LMS aufgerufen. Überall gab es nahezu einhellige Zustimmung zum Arbeitskampf. So starteten die Beschäftigten am 8. März um sechs Uhr früh mit einer ersten Streikversammlung.

Bereits seit dem vergangenen Juli sei über einen Sozialtarifvertrag verhandelt worden. Dabei seien »keine einigungsfähigen Angebote, sondern lediglich ein billiges Abspeisen angeboten« worden, betonte Ralf Cavelius. Vom Zulieferer Benteler hieß es dagegen, man hätte der IG Metall ein Angebot unterbreitet, bei dem die Eckdaten Sozialplänen entsprochen hätten, denen die Gewerkschaft in vergleichbaren Fällen zugestimmt hätte. Offenkundig lag es aber immer noch deutlich unter der Forderung nach Gleichbehandlung mit den Ford-Beschäftigten.

Unterdessen zeigte sich am Rande der Streiks ein Verantwortlicher in der Kantine von Adient am Standort besonders kleinkariert: Er hatte die Anweisung gegeben, den Streikenden keine Speisen und Getränke zu verkaufen, hieß es auf einem Flugblatt der Gewerkschaft, verbunden mit dem Hinweis, dass die Kollegen vielleicht auch nach dem Ende des Streiks anderenorts ihre Pausen verbringen könnten. Bisher hatten viele von ihnen die Adient-Kantine genutzt.

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