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Aus: Ausgabe vom 13.03.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

Protest nach Verhinderung von Veranstaltung zu Bergkarabach durch aserbaidschanische Botschaft

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Aserbaidschanischer Schützenpanzer vor dem armenischen Kloster Dadiwank in Bergkarabach (24.11.2020)

Nachdem eine Veranstaltung zum Thema »Der Schutz des bedrohten Kulturgutes von Bergkarabach« in Berlin aufgrund von Drohungen der aserbaidschanischen Botschaft abgesagt und nur online durchgeführt werden konnte, meldeten sich am Dienstag die Herausgeber des dort vorgestellten Buches zu Wort:

Am 6. März 2024 war eine hybride Buchpräsentation des von uns herausgegebenen Bandes »Das kulturelle Erbe von Arzach. Armenische Geschichte und deren Spuren in Bergkarabach« im Gebäude der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) geplant. Dabei sollte das Buch im Rahmen eines wissenschaftlichen Symposiums vorgestellt werden. Das Symposium sollte mit wissenschaftlichen Zugängen auf das durch den Exodus der Armenier aus Arzach/Bergkarabach und die Übernahme der Region durch Aserbaidschan bedrohte armenische Kulturerbe hinweisen. Eine solche Bedrohung steht insbesondere angesichts der zerstörerischen Kulturpolitik der aserbaidschanischen Regierung in Nachitschewan im Raum, wo armenisches Kulturgut, Kirchen, Klöster, Dorfstrukturen und Friedhöfe – sogar mit UNESCO-Weltkulturerbe-Status – ausgelöscht worden sind.

Aufgrund massiven Drucks der aserbaidschanischen Botschaft und aserbaidschanischer GONGOs (staatlich geförderte Nichtregierungsorganisationen, jW) wurde die Veranstaltung vor Ort abgesagt und ausschließlich digital durchgeführt. Die Botschaft hat die Leitung der DGAP und der KAS aufgefordert, auf die vermeintlich einseitige Veranstaltung zu verzichten. Gerahmt wurde diese Aufforderung durch persönliche Drohbriefe. Außerdem gab es eine Massenbriefaktion, die angesichts der gleichen Textgrundlage wahrscheinlich auch von der Botschaft veranlasst worden ist. Schließlich wurde bei der Berliner Polizei eine proaserbaidschanische Demonstration in unmittelbarer Nachbarschaft zum Veranstaltungsort angekündigt. Die Sicherheitslage vor Ort erschien so zunehmend gefährdet. Die Polizei gab zwar eine Zugangsgarantie zum Gebäude. Dadurch war aber ein Saalschutz – gerade auch mit Blick auf zahlreiche Anmeldungen von Aserbaidschanern und trotz eines privat engagierten Sicherheitsdienstes – nicht gewährleistet. Aufgrund einer dementsprechend labilen Sicherheitslage hat die DGAP beschlossen, die Veranstaltung rein digital durchzuführen.

Wir als Herausgeberin und Herausgeber des Buches sind zutiefst beunruhigt angesichts der Möglichkeit, in einem freiheitlich-demokratischen Land auf diese Weise an der Durchführung einer öffentlichen wissenschaftlichen Veranstaltung gehindert zu werden. (…) Wir sind ungehalten angesichts der mangelnden Bereitschaft öffentlicher Organe, eine im Blick auf die Sorge um Minderheiten und deren kulturelles Erbe wichtige Veranstaltung angemessen zu schützen. Wir protestieren gegen das Vorgehen der aserbaidschanischen Botschaft und bitten um eine politische Stellungnahme von für die Außenbeziehungen der Bundesrepublik zuständigen Institutionen. (…) Generell fordern wir die Bundesrepublik Deutschland und die internationale Gemeinschaft auf, sich trotz aller Behinderungen für den Schutz des gefährdeten Kulturgutes in Arzach/Bergkarabach umgehend einzusetzen. (…)

Prof. Dr. Andreas Müller (Kiel), Prof. Dr. Dr. h.c. mult Martin Tamcke (Göttingen), Dr. Harutyun Harutyunyan (Jerevan), Dr. Dagmar Heller (Bensheim)

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