junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Gegründet 1947 Montag, 29. April 2024, Nr. 100
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben
junge Welt: Jetzt am Kiosk! junge Welt: Jetzt am Kiosk!
junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Aus: Ausgabe vom 12.03.2024, Seite 8 / Ansichten

Druck im Kessel

VR China nach dem Volkskongress
Von Jörg Kronauer
imago0419996037h.jpg

Der Druck steigt unverändert. Auch in der knappen Woche, in der in Beijing der Nationale Volkskongress seine Jahrestagung abhielt, wurden im Westen neue Maßnahmen angekündigt oder gestartet, die Chinas Aufstieg bremsen, stoppen oder gar rückgängig machen sollen. In Washington kündigte US-Präsident Joseph Biden seine Zustimmung zu einem Tik-Tok-Verbot an und brachte ein mögliches Einfuhrverbot für chinesische Elektro­autos auf den Weg. Die EU öffnete die Tür für rückwirkende Strafzölle auf den Import batteriebetriebener Fahrzeuge aus China und trieb die Debatte über Schritte gegen den Erwerb chinesischer Solarzellen voran. Aus Australien wurde gemeldet, die Rüstungsbranche steigere rasant die Produktion von US-Munition, da die US-Konzerne im eigenen Land nicht mehr nachkämen und endlich Taiwan mit Granaten vollgepumpt werden müsse. Auf den Philippinen wiederum dachte Präsident Ferdinand »Bongbong« Marcos laut über US-Beistand im Inselstreit mit ­China nach: »Noch« wolle er ihn nicht einfordern, erklärte er. Noch.

Der Nationale Volkskongress hat seinerseits Maßnahmen angekündigt, die dazu beitragen sollen, China für den sich stetig verschärfenden Konflikt fit zu machen. Auf wirtschaftlicher Ebene soll der Schwerpunkt weniger auf quantitativem Wachstum liegen als vielmehr darauf, in zentralen Hightechbranchen Durchbrüche an die Weltspitze zu erzielen. Gegen etwaige Angriffe von außen wird verstärkt aufgerüstet. In Zukunft soll zudem, wie Delegierte am Wochenende mitteilten, die nationale Sicherheit auch anderweitig gestärkt werden – so etwa mit einem neuen Gesetz zur Cybersicherheit. Die Bevölkerung soll allgemein aufgerufen werden, die Landesverteidigung stärker zu unterstützen. Bereits im vergangenen Jahr wurde ein neues Gesetz zur Spionageabwehr verabschiedet, und vor kurzem wurde beschlossen, Staatsgeheimnisse – und damit zugleich die Pflicht, sie zu wahren – künftig erheblich breiter zu definieren. Der kontinuierlich steigende äußere Druck setzt sich in wachsenden inneren Druck um.

Zugleich zieht auch die Partei die Zügel an: Sie strafft die politischen Strukturen und weitet die direkte Kontrolle des Regierungshandelns aus. Im Westen wurde aufgeregt berichtet, dass auf der Jahrestagung des Volkskongresses in diesem Jahr die herkömmliche Pressekonferenz des Ministerpräsidenten entfiel: Da wird die Macht weiter auf den Staats- und Parteichef konzentriert, wenngleich derlei in Präsidialsystemen üblich ist; die USA etwa leisten sich gar keinen Ministerpräsidenten. Zum Abschluss der Jahrestagung beschlossen die Delegierten darüber hinaus, der Partei eine direktere Kontrolle über den Staatsrat, die Exekutive der Volksrepublik, zu gewähren. Das reicht freilich über eine simple Straffung der Strukturen zur Abwehr äußeren Drucks hinaus: Es erleichtert auch einen politischen Durchgriff zugunsten genereller Kurskorrekturen. Man darf gespannt sein, wie die Partei ihre strafferen Zügel nutzen wird.

Siehe auch

2 Wochen kostenlos testen

Die Grenzen in Europa wurden bereits 1999 durch militärische Gewalt verschoben. Heute wie damals berichtet die Tageszeitung junge Welt über Aufrüstung und mediales Kriegsgetrommel. Kriegstüchtigkeit wird zur neuen Normalität erklärt. Nicht mit uns!

Informieren Sie sich durch die junge Welt: Testen Sie für zwei Wochen die gedruckte Zeitung. Sie bekommen sie kostenlos in Ihren Briefkasten. Das Angebot endet automatisch und muss nicht abbestellt werden.

  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (12. März 2024 um 10:43 Uhr)
    Druck im Kessel ist wichtig! In einem veralteten, drucklosen Kessel wie Europa und auch in Deutschland kann nichts entstehen oder hervorkommen. Entscheidend dabei ist, wie der Druck abgeleitet und genutzt wird! China, das auf eine mehr als tausendjährige Tradition und eine autoritäre Kultur zurückblicken kann, wird mit Sicherheit eine Antwort auf die heutigen Herausforderungen finden. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen und Ergebnisse sind hervorragend. China ist der größte Gläubiger der USA und nicht umgekehrt! Im Gegensatz zum hoffnungslos verschuldeten Haushalt der USA weist China mehr Einnahmen als Ausgaben auf. Innenpolitisch zeigt das Land eher einen positiven, aufsteigenden Trend im Vergleich zu den USA. Zwar ist die Zukunft nicht vorhersehbar, jedoch lässt sich feststellen, dass China heute eine bemerkenswerte Entwicklung hinter sich hat und sowohl außenpolitisch als auch wirtschaftlich beispielhaft dasteht.

Regio:

Mehr aus: Ansichten