Inuit-Frauen verklagen Dänemark wegen Zwangsverhütung

Kopenhagen. Mehr als 140 Inuit-Frauen in Grönland haben den dänischen Staat verklagt, weil er sie vor mehr als 50 Jahren gezwungen habe, sich zur Verhütung eine Spirale einsetzen zu lassen. Nachdem ein Antrag auf Entschädigung im vergangen Jahr unbeantwortet geblieben sei, hätten die Frauen am Montag Klage eingereicht, sagte ihr Anwalt Mads Pramming der Nachrichtenagentur AFP. Viele der Frauen seien bei dem Eingriff noch minderjährig gewesen.
»Ihre Menschenrechte wurden verletzt, sie sind der lebende Beweis«, sagte Pramming. Im vergangenen Oktober hatten 67 betroffene Frauen vom dänischen Staat eine Entschädigung von jeweils 300.000 dänischen Kronen (umgerechnet gut 40.000 Euro) gefordert. »Seitdem sind mehr Frauen zu uns gestoßen. Die älteste von ihnen ist 85 Jahre alt«, sagte Pramming. Insgesamt haben sich ihm zufolge 143 Frauen der Klage angeschlossen.
In den späten 60er und 70er Jahren waren etwa 4.500 junge Inuit gezwungen worden, sich ohne ihre eigene Zustimmung oder die ihrer Eltern eine Hormonspirale einsetzen zu lassen. Viele von ihnen verstanden nicht einmal, was bei dem Eingriff passierte. Bis vor kurzem entdeckten Gynäkologen in Grönland immer wieder Spiralen, ohne dass die Frauen von deren Existenz wussten.
Eine im Frühjahr 2022 im dänischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgestrahlte Podcast-Reihe hatte erstmals das Ausmaß dieser Kampagne aufgedeckt. Im selben Jahr hatte sich der dänische Staat bei sechs Inuit entschuldigt, die 70 Jahre zuvor für ein Experiment zur Schaffung einer dänischsprachigen Elite in Grönland von ihren Familien getrennt worden waren. Sie hatten auch eine Entschädigung erhalten. Im kommenden Jahr soll eine Untersuchung zur gesamten Grönland-Politik Dänemarks veröffentlicht werden. (AFP/jW)
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