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Aus: Ausgabe vom 05.03.2024, Seite 7 / Ausland
Bandengewalt in der Karibik

Gegen Premier: Haiti brennt

Gefangene befreit, Notstand ausgerufen
Von Volker Hermsdorf
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Ein Demonstrant mit haitianischer Flagge während eines Protests gegen die Administration von Ariel Henry (Port-au-Prince, 1.3.2024)

Die haitianische Regierung hat am Sonntag abend (Ortszeit) den Ausnahmezustand und eine für zunächst 72 Stunden geltende Ausgangssperre im Departement West verhängt. Damit reagiert sie auf eine Zunahme von Gewalt und auf Zusammenstöße zwischen Polizei und Banden im Großraum der Hauptstadt Port-au-Prince.

Zu den kriminellen Handlungen, unter denen die Bevölkerung leidet, gehören Entführungen, Mord, Gewalt gegen Frauen und Kinder, Plünderungen und Diebstahl. Die organisierte Kriminalität sei zur Bedrohung für die nationale Sicherheit geworden, begründete der als Premier fungierende Finanzminister Patrick Boivert das Notstandsdekret, wie Telesur berichtete. Die Bandengewalt war eskaliert, nachdem Regierungschef Ariel Henry zu Gesprächen über einen internationalen Polizeieinsatz nach Kenia gereist war.

Seit Donnerstag wurden mindestens neun Menschen bei Schießereien getötet, als Gangs verstärkt staatliche Einrichtungen, den internationalen Flughafen und das nationale Fußballstadion angriffen. Mit dem Sturm bewaffneter Gruppen auf die beiden größten Gefängnisse des Landes, La Capitale und Croix des Bouquets, war die Situation am Sonnabend außer Kontrolle geraten. Etwa ein Dutzend Menschen wurde getötet. Fast alle der rund 4.000 Häftlinge entkamen, steckten Regierungsbüros in Brand und plünderten Märkte und Geschäfte.

Die jüngsten Gewalttaten sind offenbar Teil einer koordinierten Aktion sonst rivalisierender Banden, die auf den Sturz des amtierenden Premierministers abzielen, der 2021 nach der Ermordung des Präsidenten Jovenel Moïse an die Macht gekommen war. Die Zusage, bis Anfang Februar zurückzutreten, nahm Henry später mit der Begründung zurück, zunächst müsse die Sicherheit wiederhergestellt werden, um freie Wahlen zu gewährleisten. Zu den aktuellen Angriffen bekannte sich der Bandenchef Jimmy Chérizier, ein ehemaliger Elitepolizist. In einem ­Video, das im Internet kursiert, sagte er, das Ziel der Attacken sei es, die Minister der Regierung festzunehmen und Henrys Rückkehr zu verhindern.

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