4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 11.03.2024, Seite 4 / Inland
Krieg in der Ukraine

Ruf nach Bunkern und Sirenen

Kommunaler Spitzenverband besorgt über Zustand des Zivilschutzes in der BRD
Von Marc Bebenroth
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Nach dem Krieg ist vor dem Krieg? Alte Schutzbunkeranlage in Duisburg (27.9.2011)

Mit ihrer Forderung nach deutlich mehr Unterstützung für die Versorgung von Geflüchteten beißen die Kommunen seit Monaten in Berlin auf Granit. Nun ruft ihr Spitzenverband nach mehr Beton. »Es ist dringend notwendig, stillgelegte Bunker wieder in Betrieb zu nehmen«, hat der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Wochenende gefordert. »Für den Schutz der Zivilbevölkerung brauchen wir in jedem der nächsten zehn Jahre mindestens eine Milliarde Euro«, sagte André Berghegger. Dies sei nur eine Anschubfinanzierung. Bereitgestellt werden sollen die Mittel aus dem regulären Bundeshaushalt.

Die Kriegslogik ist beim Verbandschef vollends angekommen. »Es ging uns lange Zeit sehr gut. Das hat uns etwas sorglos gemacht«, gab Berghegger zu bedenken. Doch die »Bedrohungslage« habe sich geändert, dies zeige der Ukraine-Krieg. Im Kopf hat der Verbandschef dabei Bilder aus Kiew, »wo Menschen Zuflucht vor russischen Raketen suchen«. Für ein solches Szenario müsse auch in der BRD geplant werden. Es gehe »ganz allgemein um den Schutz der Bevölkerung vor kriegsbedingten Gefahren«. So seien von den 2.000 öffentlichen Schutzräumen aus dem »Kalten Krieg« nur noch 600 vorhanden, die rund 500.000 Personen aufnehmen könnten, warnte Berghegger. Es müssten neue, moderne Schutzräume gebaut werden. Ihm zufolge könnten in Ballungszentren auch Tiefgaragen und U-Bahn-Schächte für den Zivilschutz genutzt werden.

Tatsächlich ist der sogenannte Zivilschutz gegen die Folgen kriegerischer Konflikte Aufgabe des Bundes. Doch Milliarden in die Modernisierung oder den Neubau von Schutzbunkern wird diese Bundesregierung vermutlich nicht stecken. Man könne »den Bestand nicht wieder hochfahren«, hatte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Freitag in Helsinki erklärt. Das Thema Schutzräume werde aber »ein Teil des Operationsplans Deutschland und unserer integrierten Sicherheitsplanung sein«. In Finnlands Hauptstadt hatte sich der Minister die dort größte Bunkeranlage zeigen lassen, wie das ZDF am Sonnabend berichtete.

Ebenfalls geboten sei es, die Warnung der Bevölkerung bundesweit über verschiedene technische Lösungen zu gewährleisten. »Wir brauchen einen breiten Mix aus digitalen und analogen Instrumenten. Dazu gehören Apps, Radio und Fernsehen, Anzeigetafeln und natürlich auch Sirenen«, sagte Berghegger den Funke-Zeitungen. »Es darf keine Kommune mehr ohne Sirenen geben«, betonte er. In der Vergangenheit musste der sogenannte Warntag in der BRD abgesagt und vertagt werden, da nicht überall genügend Sirenen vorhanden oder einsatzbereit waren. Am Donnerstag will mit Nordrhein-Westfalen das bevölkerungsreichste Bundesland seine Warninfrastruktur testen.

Im aktuellen Haushalt 2024 sei der Posten für das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK) um 40 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr gekürzt worden, kritisierte Berghegger. Der nächste bundesweite Warntag ist laut BKK für den 12. September geplant.

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  • Leserbrief von Joachim Seider aus Berlin (12. März 2024 um 11:47 Uhr)
    Das Reden über den im Atomkrieg angeblich möglichen Schutz der Zivilbevölkerung dient nur einem einzigen Zweck: Den Menschen einzureden, ein solcher Krieg wäre gar nicht so schlimm. Um weiter ungehindert zündeln zu können an der Neuaufteilung der Welt. Die Wahrheit aber ist: Dann gibt es nichts mehr aufzuteilen. Weil niemand mehr da ist, der mit jemandem etwas teilen könnte. Übrigens, auch bei den sich so unantastbar Fühlenden hinter dem Atlantik. Die Lebenden werden die Toten beneiden – dieser Satz beschreibt eindrucksvoll, wogegen wir uns zu wehren haben. Solange wir dafür noch Zeit haben.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (10. März 2024 um 21:03 Uhr)
    Zum Glück habe ich neben der Online- auch die Papierausgabe der jW. Wie falte ich einen Papierhut? Hier: https://www.erzbistum-muenchen.de/cms-media/media-62504420.pdf kann man sich informieren. Zu Adenauers und Straußens Zeiten haben wir ja gelernt, dass eine Zeitung überm Kopf (ggf. auch ein Schulranzen) gegen radioaktiven Fallout schützen.

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