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Aus: Ausgabe vom 05.03.2024, Seite 12 / Thema
Nahostkonflikt

Ein Reimport, kein Erbe

Importierter Antisemitismus? Anmerkungen zu einer regelmäßig vorgetragenen Behauptung
Von Georg Auernheimer
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Radikalisierung in kriegerischen Zeiten. Propalästinensische Kundgebung (Berlin, 4.11.2023)

»Wenn die Syrer schlecht über Juden sprechen, meinen sie Israelis. Sie sagen Juden, aber im Kopf denken sie Israelis«, meinte ein 30jähriger Asylsuchender vor Jahren im Interview. Und ein Student: »Ja, wenn man Juden sagt, versteht man sofort Israel darunter (…). Das jüdische Volk ist halt Israel. Also, das jüdische Volk, das in Israel lebt. Ist echt kompliziert.«¹ David Ranan, deutsch-britischer Kultur- und Politikwissenschaftler, der in Israel und den Niederlanden aufwuchs, hat 2017 in Deutschland und England 66 Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationsgeschichte, die sich außerdem als Muslime verstehen, interviewt und auch vier Gruppengespräche geführt, um zu überprüfen, ob der pauschale Verdacht begründet ist, in dieser Gruppe sei Antisemitismus normal.

Ranan bezieht sich in der Einleitung zu seiner Publikation speziell auch auf die Befürchtungen von Juden in Deutschland, darunter von Vertretern der jüdischen Community, die zu ihren Erfahrungen mit Antisemitismus befragt worden waren.² Nach dem 2017 veröffentlichten Expertenbericht dazu hatten »nahezu alle Befragten« die von ihnen wahrgenommene Zunahme von Antisemitismus mit der Zuwanderung von Geflüchteten mit muslimisch-arabischem Hintergrund erklärt. Schon 2015 – damals kam der größte Zustrom von Flüchtlingen aus Syrien – hatte Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, gewarnt: »Unter den Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchen, stammen sehr viele aus Ländern, in denen Israel zum Feindbild gehört. Sie sind mit dieser Israel-Feindlichkeit aufgewachsen und übertragen ihre Ressentiments häufig auf Juden generell.«

»Echt kompliziert«

Die Frage, ob Migrantinnen und Migranten aus dem Nahen Osten wirklich in dieser Art verallgemeinern, bildet einen Fokus der Studie von Ranan. Die eingangs zitierten Aussagen von Befragten zeigen, wie schwer es ihnen fällt, die Dinge auseinanderzuhalten. Die Feindseligkeit gegen Juden als Juden kann man als die knappste Definition von Antisemitismus verstehen. Anzunehmen ist, dass die Befragten mit ihrer Aussage dem Antisemitismusvorwurf begegnen wollten, den sie beim Interviewer vermuteten. Sie wollten daher klarmachen, dass Leute wie sie nichts gegen Juden als Juden hätten. Dass es aber für Jugendliche palästinensischer Herkunft schwierig ist, in Israelis nicht verallgemeinert Juden zu sehen, zeigt Ranan im Rahmen der Interpretation der Interviews auf. Denn das Selbstverständnis und die Politik des Staates Israel erschwerten es, zwischen Juden, Israelis und Zionisten zu unterscheiden. Israel definiert sich seit seiner Gründung als jüdischer Staat. Mit dem Nationalstaatsgesetz von 2018 wurde der exklusive Charakter dieses Staates gesetzlich festgeschrieben. Die israelische Gesetzgebung gibt jedem Juden und jeder Jüdin auf der Welt das Recht, sich in Israel niederzulassen und die Staatsbürgerschaft zu erwerben, was dem zionistischen Projekt entspricht, eine »Heimstatt« für das jüdische Volk zu schaffen.

Außerdem sei die Beziehung zwischen Israel und den Diasporajuden »essentiell«, so Ranan. Und die Gemeinden und Organisationen in der Diaspora bekunden in ihrer Praxis die Verbundenheit mit und Loyalität gegenüber Israel.³ Sie wird selbst bei extremen Rechtsverletzungen, der Verletzung von Menschenrechten und des Völkerrechts, nicht aufgekündigt, wie sich gerade jetzt beim Krieg in Gaza zeigt. Eine Unterscheidung mag da Palästinensern und generell Menschen aus dem Nahen Osten schwerfallen. Es ist für sie »echt kompliziert«. Auch eine Palästinenserin, die in Deutschland studiert, konzediert: »Auch ich verwechsle Yahudi und Israeli, ohne dabei viel zu denken.«

Ranan ist auch der Frage nachgegangen, ob die Befragten die Juden als übermächtig und insgeheim die Welt beherrschend sähen – ein Kernelement von Antisemitismus. Die Erklärungen und Erzählungen waren meist wirr und naiv. Geopolitische Interessenlagen und Machtstrukturen lagen außerhalb des Horizonts, so der Eindruck. Aber die Befragten hatten das Gefühl, dass der israelischen Besatzungspolitik keine Schranken gesetzt seien und Israel mächtige Unterstützer habe. Einer der befragten Studenten, der sich damals wohl auf die Gaza-Offensive von 2014 bezog, sagte: »… und da Israel von überall her unterstützt wird, von Europa oder so, obwohl sie eigentlich unschuldige Menschen bombardieren, muss ja irgend etwas da sein, damit sie diese Unterstützung erhalten.« Und ein junger Palästinenser: »Israel darf machen, was es will. Und kein Land dieser Welt verurteilt Israel …«⁴

Offenheit im Islam

Oft wird, wenn Muslime des Antisemitismus verdächtigt werden, auf Koransuren verwiesen, in denen die Juden oder die Kinder Israels Thema sind, um plausibel zu machen, dass Muslime bereits aufgrund ihrer Religion dafür prädestiniert seien. Dabei muss noch angemerkt werden, dass Migrantinnen und Migranten aus islamisch geprägten Ländern ungeachtet ihres Selbstverständnisses und auch ihrer Konfession den Muslimen zugerechnet werden. Allerdings bezogen sich die von Ranan Befragten, obwohl erklärtermaßen Muslime, in ihren Erklärungen nicht auf den Koran.⁵

Was Europäer oftmals nicht wissen, ist die frühere Offenheit des Islams gegenüber den anderen beiden Buchreligionen, dem Juden- und Christentum, wovon die Politik der Kalifate und des Osmanischen Reichs geprägt war. Es gab keine gehässigen Judenreliefs an Moscheen, keine Schriften und Predigten gegen Juden, von der Anprangerung in der Liturgie als Mörder des Gottessohns ganz zu schweigen. Die aus dem mittelalterlichen Spanien vertriebenen Juden wurden von den arabischen Kalifen und den Osmanen bereitwillig aufgenommen. Als Dhimmi waren sie zwar zahlungspflichtige Untertanen mit minderen Rechten, aber zugleich die »Schutzbefohlenen«, so die Übersetzung von Dhimmi. Sie hatten, anders als in Europa, nicht unter Pogromen zu leiden und konnten weit mehr Berufe ausüben, hohe Stellungen im Verwaltungsapparat erreichen und mitunter großes Ansehen als Gelehrte genießen. Ihre Lebenssituation war bis zur Judenemanzipation in Europa nicht vergleichbar mit jener der europäischen Juden.

Der US-Historiker Mark R. Cohen bedauert »den Gedächtnisschwund vieler Juden aus arabischen Ländern, die sich nicht mehr an die Freundschaft erinnern können, die zwischen Muslimen und arabischen Juden einst in der alten Heimat bestand«.⁶ Freundschaft ist nicht der richtige Begriff, so gewiss es Freundschaften gegeben haben wird. Die alte Gesellschaft dort war von anderem Zuschnitt. Die Menschen lebten nach Religionen getrennt innerhalb der Städte in je eigenen Vierteln, Christen und Juden in ihren eigenen Millets mit eigenem Familienrecht etc. Begegnungen vielfältiger Art waren wohl erst nach den politischen Reformen des 19. Jahrhunderts möglich. Von da an nahmen Muslime und Juden oft auch gegenseitig an den Festen der jeweils anderen teil, und man feierte gemeinsam, wie manchmal erzählt wird.

Dass das friedliche Nebeneinander bis weit ins 20. Jahrhundert keine Ausnahme war, bezeugt der britisch-israelische Historiker Avi Shlaim in seiner Autobiographie, in der er von seiner Kindheit als irakischer Jude erzählt.⁷ 1945 geboren, wuchs er in Bagdad in einer begüterten Familie auf, die 1950 nach Israel übersiedelte. In einem Gespräch schilderte er 2023 das Leben im damaligen Irak so: »Unsere Kultur war arabische Kultur. Unsere Freunde waren arabische Freunde. Es gab kein wirkliches Problem, im Irak jüdisch zu sein. Muslimisch-jüdische Beziehungen waren eine normale, alltägliche Erfahrung. Daran war nichts Außergewöhnliches. Und der Irak hatte eine lange Tradition religiöser Toleranz. Im Irak waren die Juden eine Minderheit unter vielen anderen Minderheiten. Und im großen und ganzen kamen sie gut miteinander klar (…). Im Irak lebten die Juden nicht in Ghettos. Sie lebten überall. Und es gab Juden in allen Klassen.«⁸

Für Shlaim ist klar, dass die Vertreibung der Palästinenser und die Gründung des Staates Israel die Beziehung zwischen Juden und Arabern vergiftete. Sie »verlieh dem Zionismus erstmals eine territoriale Dimension, die er vorher nicht hatte. Das ist die große Veränderung, denn es war nun möglich, irakische Juden als ›die anderen‹ (…) zu identifizieren, ob es ihnen gefiel oder nicht. Der Irak war ihre Heimat (…). Sie wollten im Irak bleiben. Aber nach der Gründung Israels wurden die Juden im gesamten Nahen Osten mit Israel, mit dem Feind, identifiziert.« Shlaim erinnert an die Entstehung des arabischen Nationalismus. Rechte Parteien hätten die Beschlagnahmung jüdischen Eigentums und die Vertreibung der Juden gefordert. Juden seien aus dem Staatsdienst entlassen worden, die Geschäftstätigkeit jüdischer Händler und Bankiers habe man eingeschränkt. Schließlich sei es auch zu Bombenanschlägen auf jüdische Einrichtungen gekommen, was Unsicherheit auslöste.⁹

André Aciman, Sohn von Sephardim, die aus Istanbul und Aleppo nach Alexandria übergesiedelt waren, bestätigt in seiner Familiengeschichte, dass die Diskriminierung von Juden erst in Reaktion auf Israels Staatsgründung und Expansion einsetzte, in Ägypten erst Mitte der 1950er Jahre nach dem Streit um den von Gamal Abdel Nasser verstaatlichten Suezkanal.¹⁰ 1956 hatten die Israelis gemeinsam mit den Briten Ägypten angegriffen. Danach wurden, noch bevor staatliche Stellen reagierten, in der Bevölkerung antijüdische Ressentiments geweckt. Der Autor erzählt zum Beispiel, dass er und ein Onkel sich nur mit falscher Identität vor Jugendlichen retten konnten. »Wir dachten, ihr seid dreckige Juden.«¹¹ Es kam dann mehr und mehr zu Schikanen, selbst in der Schule. Aciman erzählt auch von antisemitischen Schulbuchdarstellungen und Propaganda im Klassenzimmer. Der letzte Schritt waren rechtliche Beschränkungen von staatlicher Seite, was die Geschäftstätigkeit beeinträchtigte. Schließlich wurde das Unternehmen von Acimans Vater enteignet, was die Familie zur Emigration zwang.

Was soll mit diesem Rückblick auf das frühere Leben der Juden in arabischen Ländern gezeigt werden? Die Vorstellung, es habe dort schon immer Feindseligkeiten gegenüber Juden gegeben, bedarf der Korrektur. Spätere Feindseligkeiten waren die Reaktion auf die Vertreibung der Palästinenser und generell auf die israelische Politik. Juden wurden Opfer der Repressionsmaßnahmen nationalistischer Regierungen. Nur wenige blieben von Ausweisung verschont. Die meisten setzten sich von selbst nach Israel, in die USA oder nach Europa ab, da sie nun gesellschaftlicher Ächtung ausgesetzt waren. Im Alltagsdenken wurde kaum zwischen Zionisten und Juden unterschieden. Aus anderen Konfliktregionen wie zum Beispiel dem ehemaligen Jugoslawien weiß man, wie rasch sich ein Feindbild in den Köpfen installieren lässt. Von heute auf morgen wird der Nachbar, mit dem man sich gut verstanden hat, der feindlichen Masse zugerechnet. Die Frontenbildung vollzog sich übrigens nicht zwischen Juden und Muslimen, sondern zwischen Juden und Arabern, auch christlichen Arabern.

Differenzierung erschwert

Wenn palästinensische Jugendliche hierzulande vor Jahren noch in Befragungen versicherten, dass sie nichts gegen Juden als Juden hätten,¹² so war das wohl glaubwürdig. Als Minderheit, umgeben oder eingebettet in einen israelfreundlichen Diskurs der Mehrheitsgesellschaft und vor allem in Distanz zum Schicksal ihrer Eltern oder Großeltern, war vielen die Feindseligkeit gegen Juden fremd. Ein 22jähriger Palästinenser, der Verständnis äußert für den Hass bei seinen Eltern und Großeltern, sagt im Band von David Ranan: »Aber mir geht es um die Generation von heute. Wie kann ein Mensch hassen, der nicht direkt betroffen ist?«¹³

Aber Distanz und geringe Betroffenheit sind inzwischen kaum noch zu erwarten. Die apokalyptischen Bilder aus dem Gazastreifen machen nicht nur Palästinenser betroffen. Medien wie Facebook, Instagram und X schaffen Nähe. Palästinenser können stündlich mit Bekannten und Verwandten zumindest aus der Westbank kommunizieren. Auf Videos bekommen sie die Gewalterfahrungen mit, die die Menschen mit Siedlern und Militär machen. Nicht nur dass sie die Kriegführung durch die Bevölkerung in Israel unterstützt sehen. Das politische Spektrum ist dort mehr und nach rechts gerückt. Aber vor allem sehen sie hier in Deutschland, dass der Zentralrat der Juden ungeachtet schwerer Kriegsverbrechen keinen Zollbreit von Israels Seite weicht. Vielleicht bekommen sie auch mit, dass Prominente aus der jüdischen Community wie der Starpianist Igor Levit lediglich mehr Solidarität mit Israel fordern.¹⁴ Kein kritisches Wort zur Zerstörung der Lebensgrundlagen im Gazastreifen und zur Siedlergewalt. Von vielen Juden werden die Verletzungen von Völkerrecht und Menschenrechten gedeckt.

Da die Proteste der Palästinenser und propalästinensischer Aktivisten mit Rücksicht auf Israel und den Zentralrat hierzulande erheblichen Einschränkungen unterliegen, entgeht den Palästinensern, soweit sie nicht selbst politisch aktiv sind, dass es Juden gibt, die, zum Beispiel vertreten durch die »Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost«, empört sind über die Politik Israels und ihrer Empörung auch öffentlich Ausdruck verleihen. Dass es in vielen Ländern, darunter den USA, große Proteste gegen den verbrecherischen Krieg in Gaza gegeben hat, an denen jüdische Organisationen beteiligt waren, bekommt ein hiesiger Palästinenser womöglich nicht mit.

Es ist nicht auszuschließen, dass die Hamas neue Anhänger gewinnt. Denn Krieg weckt immer den Wunsch nach eindeutiger Identifikation und nach Unterscheidungen zwischen »uns« und »denen«. Islamismus ist da ein verlockendes ideologisches Angebot. Dass zwischen Islam und Islamismus zu unterscheiden ist, sollte sich eigentlich herumgesprochen haben. Aber die Wahrnehmung derer, die vom importierten Antisemitismus reden, ist auf den Islamismus und die entsprechend militanten Organisationen gerichtet. Dass dies allgemein überzeugend wirkt, ist der Aufmerksamkeitsökonomie geschuldet, von der die Medien bestimmt sind. So ist es dazu gekommen, dass die Hamas, die mit Terroranschlägen schockiert, oftmals mit den Palästinensern gleichgesetzt wird oder als repräsentativ für die Palästinenser gilt. Möglicherweise sehen die Palästinenser inzwischen tatsächlich die Hamas als die entscheidende Organisation, die noch Widerstand gegen eine befürchtete endgültige Vertreibung leistet. Die Hamas hat sich übrigens 2017 in einem Grundsatzpapier offen für eine Zweistaatenlösung gezeigt und damit von ihren Vernichtungsphantasien gegenüber dem jüdischen Staat getrennt, wie sie ihrer Charta von 1988 zu entnehmen waren. Religiöser Fanatismus scheint hier mehr einem politischen Pragmatismus gewichen zu sein, wenngleich das Papier auch widersprüchlich ist und verschiedene Deutungen zulässt, was wiederum verschiedene Fraktionen vermuten lässt.

Selbst wenn sich Palästinenser und speziell palästinensische Jugendliche in der Diaspora – vielleicht sollte man besser von Jugendlichen palästinensischer Herkunft sprechen – radikalisieren und der Hamas zuwenden sollten, wäre es abwegig, darin einen importierten Antisemitismus zu sehen. Denn dieses Ideologem, dessen Entlastungsfunktion für die Deutschen schon mehrfach von kritischen Autorinnen und Autoren thematisiert worden ist, stützt sich auf die Vorstellung, dass Antisemitismus ein Wesenselement des Islam und ein Wesenszug islamischer Gesellschaften sei. Aber man findet ihn nur in den Schriften und Verlautbarungen islamistischer Organisationen. Ein erstarkender Islamismus aber ist wiederum eine Reaktionsbildung auf den westlichen Imperialismus, zum Teil sogar ein Produkt der imperialistischen Politik der USA, die in den 1980er Jahren Tausende islamistische Kämpfer für den Kampf gegen die sowjetischen Truppen in Afghanistan rekrutiert haben. In ähnlicher Weise verdankt sich die Stärke der Hamas der Duldung der israelischen Regierungen, die die palästinensische Befreiungsbewegung spalten wollten. Die Hamas ist ein Zweig der Muslimbruderschaft, die in den 1920er Jahren im Widerstand gegen die britische Kolonialherrschaft gegründet worden ist. Der Denkweise dieser islamistischen Gruppierungen ist ihrem Ursprung nach der Hass eingeschrieben. In ihrer Charta von 1988 bezog sich die Hamas auf die »Protokolle der Weisen von Zion«, die zentrale Verschwörungserzählung der antisemitischen Ideologie und ein Import aus Europa.

Was nun? Gibt es den importierten Antisemitismus oder nicht? Nein und ja, aber anders als üblicherweise verstanden. Er ist ein Reimport, ein Ergebnis der Politik des Westens, kein orientalisches Erbe.

Anmerkungen

1 David Ranan: Muslimischer Antisemitismus. Eine Gefahr für den gesellschaftlichen Frieden in Deutschland? Bonn 2018

2 Deutscher Bundestag, 18. Wahlperiode: Bericht des Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus. Drucksache 18/11970, 7. April 2017

3 Ranan, a. a. O., S.169 f.

4 Ebd., S. 128 u. 132

5 Ebd., S. 113

6 Zit. nach: ebd., S. 101

7 Avi Shlaim: Three Worlds: Memoirs of an Arab-Jew. London 2023

8 klartext-info.de/wp-content/uploads/2023/12/Lost-history-of-Arab-Jews-Shlaim_dt.pdf

9 Shlaim beschuldigt unter Berufung auf einen Mitwisser den zionistischen Untergrund, selbst Anschläge auf jüdische Einrichtungen verübt zu haben. Er spricht von »Operationen unter falscher Flagge«. So sollte die Emigration nach Israel gefördert werden.

10 André Aciman: Damals in Alexandria. Erinnerung an eine verschwundene Welt. München 1997

11 Ebd., S. 215

12 Vgl. Nikola Tietze: Gemeinschaftsnarrationen in der Einwanderungsgesellschaft. Eine Fallstudie über Palästinenser in Berlin. In: Fritz Bauer Institut (Hg.): Neue Judenfeindschaft? Frankfurt am Main 2006, S. 80-102.

13 Ranan, a. a. O., S. 184

14 Siehe z. B. www1.wdr.de/nachrichten/igor-levit-interview-100.html am 8. November 2023 im WDR

Georg Auernheimer lehrte Erziehungswissenschaft an den Universitäten Marburg und Köln. Jüngst erschien von ihm im Kölner Papy-Rossa-Verlag der Band »Die strategische Falle. Die Ukraine im Weltordnungskrieg«.

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