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Aus: Ausgabe vom 05.03.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

Appell von Gewerkschaftsmitgliedern zur Stärkung der Friedensfähigkeit statt der Kriegstüchtigkeit

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Gewerkschaftsmitglieder auf dem Hamburger Ostermarsch (10.4.2023)

Mit einem Onlineappell rufen Gewerkschaftsmitglieder die DGB-Mitgliedsgewerkschaften dazu auf, sich gemäß ihrer Verantwortung und Beschlüsse gegen Aufrüstung und Krieg zu stellen:

Die Welt wird von immer neuen Kriegen erschüttert, Menschen werden getötet, Länder verwüstet. Das Risiko eines großen Krieges zwischen den Atommächten wächst und bedroht die Menschheit weltweit. Gigantische Finanzmittel und Ressourcen werden für Krieg und Militär verpulvert. Statt damit die großen Probleme von Armut und Unterentwicklung, maroder Infrastruktur und katastrophalen Mängeln in Bildung und Pflege, Klimawandel und Naturzerstörung zu bekämpfen.

Die deutsche Regierung und Parlamentsmehrheiten beteiligen sich an dieser verheerenden Politik. Sie reden über »Kriegstüchtigkeit« und sogar über »eigene« Atombewaffnung, statt sich mit aller Kraft für ein Ende der Kriege, für Frieden und gemeinsame Problemlösungen einzusetzen. Die Ausgaben für Militär sollen 2024 auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung, über 85 Milliarden Euro, erhöht werden und in den kommenden Jahren weiter steigen. Während in den sozialen Bereichen, bei Bildung und Infrastruktur gravierend gekürzt wird und die Lasten der Klimapolitik auf die Masse der Bevölkerung abgewälzt werden.

Die Gewerkschaften müssen sich unüberhörbar für Friedensfähigkeit statt »Kriegstüchtigkeit« einsetzen, für Abrüstung und Rüstungskontrolle, Verhandlungen und friedliche Konfliktlösungen. Für Geld für Soziales und Bildung statt für Waffen. Das ergibt sich aus ihrer Tradition und ihren Beschlüssen. Auch und besonders in den aktuellen Auseinandersetzungen um die internationale Politik und um die Haushaltspolitik!

Wir fordern unsere Gewerkschaften und ihre Vorstände auf, den Beschlüssen und ihrer Verantwortung gerecht zu werden! Die Gewerkschaften müssen sich laut und entschieden zu Wort melden und ihre Kraft wirksam machen: gegen Kriege und gegen Aufrüstung!

Özlem Alev Demirel, außen- und friedenspolitische Sprecherin von Die Linke im EU-Parlament, beklage am Montag angesichts der geplanten Vorstellung einer Industriestrategie für den Militärsektor (engl. EDIS) sowie eines Militärinvestitionsprogramms (engl. EDIP) zur Ankurbelung der Munitionsproduktion sowie zum Ankauf von Rüstungsgütern einen Paradigmenwechsel der EU-Industriepolitik hin zur Kriegswirtschaft:

Die aktive Industriepolitik der EU besteht schon seit geraumer Zeit darin, als verlängerter Arm der Waffenindustrie zu dienen. Diese wird seit Jahren massiv ausgebaut, während eine Industriepolitik, die die Rechte der Beschäftigten und ihre Arbeitsplätze schützt, vergeblich zu suchen ist. Die Kommission macht aus ihrer Ambition der vollen Militarisierung der EU überhaupt keinen Hehl mehr und spricht offen von einer Kriegswirtschaft. Darüber hinaus verstoßen diese Rüstungsprogramme, wie auch alle Vorgänger, gegen den Artikel 41.2 des EU-Vertrages. Aber die eigenen rechtlichen Grundlagen scheinen nicht zu interessieren, wenn die Verunsicherung in der Bevölkerung seit Russlands Überfall auf die Ukraine verwertet werden kann, um die EU kriegstüchtig zu machen. Dass aber Aufrüstung und Kriegstüchtigkeit das Gegenteil von Sicherheit sind, ist eine Lehre aus der europäischen Geschichte.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Werner K. aus Bayreuth (4. März 2024 um 20:31 Uhr)
    Da appellieren mal wieder Gewerkschaftsmitglieder an die Gewerkschaften, sich für Frieden und Abrüstung einzusetzen. Das müssen sie tun, weil es die Gewerkschaften, genauer die Gewerkschaftsführungen nicht tun. Die gehören längst zu einer neuen Funktionsklasse, zu der so gut wie alle Funktionäre von Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden, Staat, Parteien, NGOs und was sonst noch alles gerechnet werden können. Sie vereint die gleiche Ideologie, der totalitäre Neoliberalismus. Der Appell ist daher vergebliche Liebesmühe. Er ist aber auch kontraproduktiv, weil er den Eindruck erweckt, man könne durch Appelle an die genannten Funktionäre noch etwas bewirken. Produktiv wäre es dagegen, den Protest gegen die Kriegstreiberei der Polit- und Wirtschaftsmafia eigenständig zu vertreten und die wahren Schuldigen zu nennen. Zu denen gehören auch die gewerkschaftlichen Führungsfiguren. Sie müssen auch weg, wenn Frieden möglich werden soll.
    • Leserbrief von Paul Vesper aus 52062 Aachen (5. März 2024 um 11:29 Uhr)
      Was Du schreibst, lieber Werner, ist richtig in jeder Hinsicht. Es gibt jedoch Initiativen von Gewerkschaftern, eigenständige, die nicht den Mund halten. Hier der Link zum Aufruf »Gewerkschaften gegen Aufrüstung und Krieg! Friedensfähigkeit statt Kriegstüchtigkeit!«, https://gewerkschaften-gegen-aufruestung.de/ Prüfe, unterschreib und leite weiter! Herzlich Paul Vesper

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