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Aus: Ausgabe vom 05.03.2024, Seite 5 / Inland
Agrarpolitik

Umbau des Saustalls

Bundesförderprogramm: Landwirte sollen Unterbringung von Schweinen verbessern – für mehr Tierwohl
Von Oliver Rast
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Guckt glücklich und vergnügt, landet trotzdem auf dem Teller (Bayreuth, 18.12.2023)

Geredet wurde bereits viel, geschrieben auch, getan indes wenig. Jetzt fördert der Bund den Umbau von Schweineställen – für mehr Tierwohl. Stichtag war der 1. März, teilte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) am vergangenen Donnerstag mit. Endlich, denn bereits im Februar 2020 hatte das »Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung«, die sogenannte Borchert-Kommission, Umbaumaßnahmen empfohlen und dafür ein detailliertes Konzept vorgelegt. Kernforderung ist die Einführung langfristiger staatlicher Tierwohlprämien bei schrittweiser Erhöhung des Tierwohlniveaus. Ohne jene Instrumente ließen sich Betriebe bzw. der gesamte Agrarsektor der Schweinehaltung nicht schrittweise auf ein hohes und deutlich über EU-Standard hinausgehendes Tierwohlniveau bringen, erklärten Mitglieder der Kommission immer wieder, etwa Interessenvertreter der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft und von Tierschutz- und Umweltverbänden.

Die »Borchert-Kommission«, benannt nach ihrem Vorsitzenden Johann Joachim »Jochen« Borchert (CDU; 1993–1998 Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten), stellte ihre Arbeit im August 2023 ein. Der Grund: Laut den »Kompetenznetzwerkern« fehlten die politischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung von Stallumbauten; weder in der vorherigen Legislaturperiode noch in den ersten zwei Jahren der laufenden Legislaturperiode seien diese durch die jeweilige Bundesregierung geschaffen worden. Was bleibt? Papierne Empfehlungen, gewissermaßen das Vermächtnis der Kommission.

Doch nun ist eine Wende vollzogen. Das »Bundesprogramm zur Förderung des Umbaus der Tierhaltung« sieht ein Zwei-Säulen-Modell vor: die investive Förderung für besonders tiergerechte Neu- und Umbauten, etwa für den Ausgang zu Außenklima und Frischluft, den Auslauf oder eine Weidehaltung. Je nach Investitionshöhe sind Zuschüsse von bis zu 60 Prozent möglich. Ferner können Schweinehalter, die bereits höhere Haltungsformen in ihren Ställen umsetzen, mit einer Pauschale pro Tier unterstützt werden. Das ist die Förderung der laufenden Mehrkosten. Für die beiden Förderstränge stehen zum Auftakt eine Milliarde Euro aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung.

Zunächst nimmt die dem BMEL unterstellte Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Anträge für Investitionen wie Bau, Umbau oder Ersatzbau von Schweineställen oder einzelner Haltungsbereiche entgegen. Die Förderung laufender Mehrkosten beginnt im April 2024. »Mit diesem Programm unterstützen wir Landwirtinnen und Landwirte, die sich auf den Weg zu einer tier- und umweltgerechten Haltung machen. Denn bessere Tierhaltung kostet Geld«, wurde Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) am Donnerstag voriger Woche in einer Mitteilung zitiert. Der Ressortchef wisse aber auch, dass noch einiges mehr zu tun sei, »damit die Tierhaltung krisen- und zukunftsfest wird«.

»Stimmt«, findet auch die Tierschutzorganisation Provieh. Der Verband begrüßte am Freitag das Förderprogramm hinsichtlich Schweineställe als einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. »Es schafft Anreize für Landwirtinnen und Landwirte, ihre Betriebe tierfreundlicher zu gestalten und honoriert die Kosten für mehr Platz, Außenklima, Einstreu und Tiergesundheit«, so deren Geschäftsführerin Anne Hamester. Aber: Vergleichbare Finanzhilfen seien auch bei anderen Tierarten notwendig – bei Puten, Masthühnern und Mastbullen. Dafür reiche die bisher veranschlagte eine Milliarde Euro nicht, langhin nicht. Mit mehr als drei Milliarden Euro jährlich rechneten laut Provieh Expertengremien. Deshalb sei die Einführung eines sogenannten Tierwohl-Cents erforderlich, um den Umbau der Nutztierhaltung insgesamt langfristig zu sichern und flächendeckend artgerechte Tierhaltung zu ermöglichen.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Christel H. aus Aschersleben (5. März 2024 um 12:35 Uhr)
    Alles schön und gut, aber wenn ich das richtig lese, betrifft das doch wohl nur die Halter von Tieren, deren Anzahl überschaubar ist. Was ist mit der Massentierhaltung, die lediglich horrende Profite generieren soll? Da wäre eine Förderung – sofern sie überhaupt vorgesehen ist – doch wohl die sprichwörtlichen Perlen vor die Säue!

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