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Aus: Ausgabe vom 01.03.2024, Seite 14 / Medien
Monatsmonitor Medienwirtschaft

Weniger, dafür teurere Bücher

Monatsmonitor Medienwirtschaft. Immer weniger Menschen kaufen Literatur. Verlage halten mit Preiserhöhungen dagegen, doch an den Ursachen ändert das nichts
Von Gert Hautsch
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Die Zahl der Personen, die Bücher kaufen, ist schon seit geraumer Zeit rückläufig

»Trüber Jahresauftakt« schrieb der Börsenverein des Deutschen Buchhandels zu den aktuellen Geschäftszahlen der Branche. Der Grund: Im Januar 2024 sind 4,7 Prozent weniger Bücher verkauft worden als im Vorjahresmonat. Nur wegen der deutlich gestiegen Preise ergibt sich beim Umsatz ein nicht ganz so dunkles Bild. Die Summe der Verkaufserlöse lag um 1,2 Prozent unter dem Wert von vor zwölf Monaten. Das sorgt für Frust in der Branche, denn für das Gesamtjahr 2023 war immerhin noch ein Umsatzzuwachs um 2,9 Prozent gemessen worden, allerdings auch schon bei einem um 1,9 Prozent gesunkenen Absatz. Die stationären Buchhandlungen liegen mit ihren Zahlen noch darunter, wie der Börsenverein mitteilte.

Zwei Entwicklungen sorgen in der Branche für Beunruhigung. Erstens: Die Zahl der Personen, die Bücher kaufen, ist schon seit geraumer Zeit rückläufig. So haben 2022 rund 25,8 Millionen Menschen mindestens ein Buch gekauft, im Jahr davor waren es 27,2 Millionen, 2013 gab es noch 36 Millionen Käufer. Wer Bücher kauft, gibt zwar im Durchschnitt mehr Geld dafür aus, das ändert aber nichts am Trend. Der war vom Börsenverein erstmals 2019 in einer Studie untersucht worden. Als Hauptgrund für das sinkende Interesse an Literatur war ein verändertes Medienangebot ermittelt worden. Leseerlebnisse verschwinden aus dem öffentlichen Diskurs, im persönlichen Gespräch werden sie durch Streamingserien oder Youtube-Videos verdrängt, die intensive Nutzung von Smartphones und Social Media sorgt für Ablenkung. Damit sieht sich die Buchbranche mit den gleichen negativen Tendenzen konfrontiert wie andere klassische Mediengattungen (Zeitungen, Magazine, Fernsehen), deren Nutzerzahl schrumpft.

Zweitens: Nicht nur die Gesamtmenge der abgesetzten literarischen Werke verkleinert sich, sie konzentriert sich auch auf vergleichsweise weniger Titel. Nach Aussagen des Börsenvereins war 2021 der Buchabsatz insgesamt um drei Prozent gesunken, der der zehn meistverkauften Titel jedoch um 23,6 Prozent gestiegen. Bei belletristischen Werken waren es sogar fast 40 Prozent. Dabei spielten die pandemiebedingten Ladenschließungen (bis Mai 2021) eine Rolle, durch die Spontankäufe verhindert wurden, aber das war nicht der einzige Grund. Die Kundschaft orientiert sich stärker denn je an den Bestsellerlisten, weniger bekannte Werke und solche mit Nischenthemen haben das Nachsehen. Darunter leidet die Vielfalt des Angebots und letztlich der Reiz des Mediums Buch.

Dabei sollte die Branche eigentlich stolz sein, denn sie konnte zwei ernsthafte Krisen besser als befürchtet bewältigen. Während der Pandemie waren die Buchhandlungen monatelang geschlossen. Das Publikum musste sich an den Zustand ohne Buchläden gewöhnen, der Onlinehandel hat die Lücke nicht schließen können. Trotzdem haben 2023 die Branchenumsätze um 1,6 Prozent über dem Niveau von 2019 gelegen – allerdings bei einem um 8,4 Prozent geringeren Absatz. Der Sortimentsbuchhandel hat 4,7 Prozent weniger umgesetzt als im Vorpandemiejahr, das befürchtete Ladensterben blieb aus.

Die zweite Herausforderung war die Digitalisierung des Gewerbes. Nach dem Start von Amazons »Kindle« Ende 2009 war befürchtet worden, dass das elektronische Buch (E-Buch) das gedruckte Pendant verdrängen könnte. Der Anteil an Literatur als Datei am gesamten Buchumsatz stieg zwischen 2010 und 2018 von 0,5 auf fünf Prozent. Seither vergrößert er sich nur noch langsam und hat 2022 sechs Prozent erreicht. Von einem Trend weg vom gedruckten und hin zum digitalen Buch kann also keine Rede sein.

Wie bei Büchern insgesamt schrumpft auch bei den E-Büchern das Lese­publikum. Haben 2020 noch 3,8 Millionen Personen mindestens ein Buch als Datei erworben, so waren es 2022 nur noch drei Millionen. Die Gründe dürften die gleichen sein wie bei gedruckter Literatur: Die Menschen wenden sich verstärkt den leichter konsumierbaren Angeboten auf Smartphones zu.

Der Börsenverein sieht darin auch Lichtblicke. Social-Media-Plattformen spielen als Inspirationsquelle beim Literaturkonsum eine wachsende Rolle. Junge Leute (16 bis 29 Jahre) sind bei fast jedem fünften Euro, den sie für Bücher ausgegeben haben, Empfehlungen auf Tik Tok, Instagram oder anderen Plattformen gefolgt bzw. wurden dort dazu angeregt. Bei den 16- bis 19jährigen waren es sogar mehr als jeder vierte Euro. Vielleicht wird auf diesem Weg neues Interesse an Literatur geweckt.

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