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Aus: Ausgabe vom 01.03.2024, Seite 11 / Feuilleton
Kino

Drei Gespenster

Remake der DDR-Serie: Thomas Stuber überträgt »Spuk unterm Riesenrad« in die Gegenwart
Von F.-B. Habel
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Anna Schudt (r.) als Hexe, David Bennent (l.) als Rumpelstilzchen und Moritz Führmann als Riese in »Spuk unterm Riesenrad«

Langsam aber stetig setzt sich auch unter Filmemachern die Ansicht durch, dass die Kinder- und Jugendliteratur in der DDR gar nicht so schlecht war. »Tatort«-Regisseur Mark Schlichter hat 2019 und 2021 Gerhard Holtz-Baumerts »Alfons Zitterbacke« modern aufgemöbelt, Andreas Dresen hat verraten, dass ihm Friedrich Wolfs »Die Weihnachtsgans Auguste« am Herzen liegt, und schon jetzt wird wieder unterm Riesenrad gespukt. Nach der Vorlage von C. U. Wiesner hatte Regisseur Günter Meyer 1979 »Spuk unterm Riesenrad« als siebenteilige DFF-Serie herausgebracht, und aus dem Dauerbrenner auch eine zweiteilige Kinofassung destilliert. An Teil eins »Die Ausreißer« orientiert sich der neue »Spuk«-Film in seiner Grundkonstellation. Drei Geisterbahnfiguren vom Rummelplatz werden durch einen großen Zufall lebendig und stiften zusammen mit einigen Kindern viel Verwirrung.

Im Original trägt sich alles im Berliner Kulturpark Plänterwald zu, doch der wird erst demnächst wieder aus seinem jahrelangen Dornröschenschlaf geweckt. So siedelt Regisseur Thomas Stuber die Handlung in seiner Heimatregion Halle-Leipzig an. Das Autorenduo Die Köbris (Anja Kömmerling und Thomas Brinx) transponiert den fast 50 Jahre alten Stoff geschickt in die Gegenwart. Der Opa der drei Kinder, Tammi, Umbo und Keks, ist unlängst verstorben. Ihm gehörte ein Rummelplatz, der sich nicht mehr rechnet. Kapitalismus gegen phantasievolle Erlebniswelt! Nun muss man zur Beerdigung aufs Land, die Kinder kommen in den Freizeitpark, sind aber mit ihren Mobiltelefonen beschäftigt. Als nach einem Blitzschlag Figuren in der Gruselbahn zum Leben erwachen, scheint es, als könne dank erhöhter Klickzahlen im Netz genügend Geld zusammenkommen, um den Rummel weiterhin zu betreiben. Rivalitäten unter den drei Kindern stehen dem zunächst entgegen. Doch man rauft sich zusammen.

Stuber hebt sich technisch nicht allzustark von seinem Vorbild ab, moderne Effekte kommen nur dosiert zum Einsatz. Trotzdem macht es Spaß, dem Treiben zu folgen. Von den Darstellern der Erwachsenen hat Lina Wendel als Großmutter am meisten zu tun. Wenn sie auch mütterlicher angelegt ist als das von Käthe Reichel gespielte Vorbild aus der Serie, ist sie als patente Witwe doch überzeugend. Den verstorbenen Opa gibt Stubers Lieblingsschauspieler Peter Kurth, der nach seinem Abgang im Vorspann als Erzähler aus dem Jenseits fungiert. Clou sind nach wie vor die drei Gespenster, auch wenn sie sich nicht mit Namen anreden. Darf man heute einen kleinwüchsigen Menschen noch als Zwerg bezeichnen? Ist eine wunderliche Dame mit magischen Kräften denn gleich eine Hexe? Riese darf man vielleicht noch jemanden nennen, der drei Köpfe über dem Durchschnitt liegt, aber Moritz Führmann mit knapp über 1,80 Meter tut das nicht, auch nicht mit 15 Zentimeter dicken Plateausohlen. Dank der guten Arbeit von Maskenbildnerin Astrid Lehmann ist er fast nicht zu erkennen, und auch Anna Schudt (Führmanns Ehefrau) sieht als Hexe originell, jedoch nicht zum Fürchten aus. Zuletzt kann dann der kleine Oskar Matzerath alias David Bennent als eine Art Rumpelstilzchen originelle Akzente setzen.

»Spuk unterm Riesenrad«, Regie: Thomas Stuber, BRD 2023, 90 min., bereits angelaufen

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