Terror gegen Pipelines
Von Mawuena MartensBis zu sechzig Kilometer weit sollen sie laut Berichten zu hören gewesen seien: In der Nacht auf Mittwoch haben sich im Iran zwei Explosionen an Gaspipelines ereignet. Zuerst in Irans Südwesten, kurze Zeit später etwa 400 Kilometer südlich der Hauptstadt Teheran. In den sozialen Netzwerken kursierten Videos von kilometerweit sichtbaren Flammen. In drei Provinzen wurde die Gasversorgung vorübergehend unterbrochen.
Die betroffenen Pipelines gehören zur wichtigen Süd-Nord-Verbindung und pumpen Gas aus den großen Feldern am Persischen Golf Richtung Norden. Ölminister Dschawad Owdschi sprach von Terrorakten, ohne einen bestimmten Urheber(staat) zu benennen. Das Personal der Öl- und Gasanlagen sei schon zuvor in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden, »da wir wussten, dass Feinde versuchen würden, die Nation angesichts der jüngsten regionalen Entwicklungen und der Massenbeteiligung der Menschen an den Kundgebungen anlässlich des 45. Jahrestages der Islamischen Revolution zu schwächen«, so Owdschi am Mittwoch. Am 1. März stehen zudem wichtige Wahlen an.
Mit den angesprochenen »regionalen Entwicklungen« ist Israels Krieg gegen Gaza gemeint, und im weiteren Sinne sind es die seit Jahrzehnten andauernden Spannungen um die Vormachtstellung in der Region, die – angefacht durch den Gazakrieg – zuletzt weiter eskaliert waren. So wurden in den vergangenen Wochen immer wieder hochrangige iranische Militärs in Syrien durch nicht bestätigte, doch unbestritten israelische Angriffe getötet. In Reaktion auf einen Terroranschlag bei einer Veranstaltung zum Gedenken an den getöteten iranischen General Kassem Soleimani am 3. Januar in Kerman hatte der Iran Mitte Januar Luftangriffe auf Ziele im Irak sowie in Pakistan und in Syrien geflogen. Das Interessante dabei: In Erbil sollen auch eine Zentrale des israelischen Geheimdienstes Mossad, Gebäude nahe der US-Vertretung und der Geschäftsmann Peschraw Disaji, der laut dem italienischen Journalisten Giuliano Marrucci für den Verkauf irakischen Öls an Israel verantwortlich war, getroffen worden sein. Anfang Februar dann bombardierten die Vereinigten Staaten dem Iran nahestehende Einheiten in Syrien und dem Irak.
Schon im Herbst hatten Politiker in den USA gefordert, Irans Öl- und Gasinfrastruktur ins Visier zu nehmen. So beispielsweise der republikanische US-Senator Lindsey Graham, der mit Blick auf den Gazakrieg im Oktober in einem Interview mit der US-amerikanischen Tageszeitung The Hill verlangt hatte: »Wir sollten dem Iran sagen, dass wir bei einer Eskalation seine Ölraffinerien und -infrastruktur zerstören.« Mit »wir« gemeint waren Israel und die USA. Wie auch Israel hält Graham die Behauptung aufrecht, wonach die Hamas und Hisbollah direkt aus Iran finanziert und mit Waffen versorgt würden, das Land am Persischen Golf also der Strippenzieher hinter dem palästinensischen Widerstand und dem Widerstand gegen die imperialistische US-israelische Allianz in der Region ist. In Teilen mag das stimmen, da der Iran sicherlich den Austausch zwischen antiimperialen Gruppen in der Region fördert und Wissen über den Bau von Waffen teilt. Andererseits agieren die Gruppen unabhängig voneinander und sind keine Befehlsempfänger des Iran.
Die iranischen Angriffe in Irak und Syrien und die Attacken der jemenitischen Ansarollah auf unter anderem US-amerikanische Schiffe im Roten Meer dürften den Vereinigten Staaten dennoch einen erheblichen Kratzer an ihrem Image beschert haben, in der Region das Sagen zu haben. Israel macht seit Jahren keinen Hehl aus seiner Erzfeindschaft gegenüber dem Iran und hat immer wieder verdeckte Operationen im Land ausgeführt.
Auch Hackerangriffe gegen den Iran haben zugenommen. Im Dezember machte Iran die USA und Israel für einen Hackerangriff verantwortlich, der 60 Prozent der Tankstellen lahmlegte. Am Dienstag traf es die Webseite des Parlaments. Die Hackergruppe Uprising Till Overthrow, eng verknüpft mit den sogenannten Volksmudschaheddin, bekannte sich zu der Tat. Letztgenannte Organisation wird seit langem von den USA gegen Iran in Stellung gebracht.
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