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Aus: Ausgabe vom 12.02.2024, Seite 8 / Ansichten

Batteriechef des Tages: Roderich Kiesewetter

Von Reinhard Lauterbach
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Will Krieg nach Russland tragen: CDU-Scharfmacher Kiesewetter (Berlin, 18.1.2024)

Die Lage ist ernst. Ohne Geld aus dem Westen kann sich die Ukraine noch zwei Monate aus eigenen Kräften finanzieren. Danach wäre Schluss. Das sagte am Wochenende der Chef der Selenskij-Partei »Diener des Volkes«, David Arachamija. Die New York Times befürchtet einen »kaskadierenden Zusammenbruch der Ukraine«, wenn sie nicht bald mehr Waffen bekommt: Ihre Flugabwehrraketen reichten noch bis März, die Artilleriemunition vielleicht bis Mai. Russland hätte dann zwar gewonnen, aber es würde immerhin nicht mehr gestorben in der Ukraine.

Doch das darf nicht sein. Im deutschen Sender für Auslandspropaganda äußerte sich am Freitag der gerade in Kiew weilende CDU-Politiker Roderich Kiesewetter. Der Oberst a. D. forderte, Berlin müsse die Ukraine in die Lage versetzen, »den Krieg nach Russland zu tragen« und »nicht mehr nur Ölraffinerien« anzugreifen, sondern auch Bunker, Gefechtsstände und Kommandoposten. Das würde auch der russischen Bevölkerung endlich klarmachen, was Krieg bedeute. Kiesewetter verlangte, kurzfristig die Lieferung der bunkerbrechenden Marschflugkörper vom Typ »Taurus« zu genehmigen. Die hat der Kanzler bisher zurückgehalten, weil sie Russland direkt angreifen können und damit auch einen direkten Kriegsgrund für Moskau hergeben würden. Dass sich im selben Sinne am Wochenende im DLF auch der Olivgrünen-Politiker Reinhard Bütikofer geäußert hat, kann nicht mehr erstaunen.

Sind die alle verrückt geworden? Nein. Derselbe Roderich Kiesewetter hatte kurz vor Weihnachten im »Bericht aus Berlin« der ARD die Katze aus dem Sack gelassen: Im Donbass gebe es die größten Lithiumvorkommen Europas. Die dürften nicht Russland überlassen werden, wenn die Energiewende gelingen solle. Das hatte damals kein großes Aufsehen erregt. Oder auch allgemeines Einverständnis. Energie- und Zeitenwende passen offenbar zusammen.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Oliver S. aus Hundsbach (13. Februar 2024 um 12:06 Uhr)
    Klar sind Russlands riesige Vorkommen an Ressourcen und Bodenschätzen, das eigentliche Ziel westlichen Engagements für Freiheit und Menschenrechte, wichtig für den unmittelbaren Profit, als auch geostrategisch für den Endkampf gegen die »rote Diktatur« aus China. Es wird richtig spannend, wie die Sache für Deutschland bzw. Europa und seine Bewohner ausgeht. Sicher ist nur, dass diesmal kein Gorbatschow in Russland auftaucht, der der das Blatt für »Gods Own Country« und dessen Vasallen wenden wird. Dass Aussagen bestimmter Politiker, die unschwer eine Tendenz zur Nekrophilie erkennen lassen, keinen öffentlichen Aufschrei quer durch alle bürgerlichen Parteien erzeugen, zeigt den geistig moralischen Verfall einer Tauschgesellschaft, in der die Verwertung des Werts das Maß aller Dinge ist. »Viva la muerte!«
  • Leserbrief von Meikel (12. Februar 2024 um 12:58 Uhr)
    Da muss man nicht erst das Gewettere dieser Kiesewetters oder all dieser gelb-grün versifften, gar ungedienten Kriegsschreierinnen und Kriegsschreier bemerken: Wer mal ganz genau hinhört: Zusammen mit diesen besonders üblen Propagandadreckschleudern namens »Deutschlandfunk«, »Tagessau« und wie sie alle heißen, brüllen und schreien die Mainstreammedien in letzter Zeit mehr und mehr denn je ihr »Zu den Waffen« im Chor --- als Ergebnis des Faktums, dass in der Ukraine Matthäi am Letzten ist. Und als Ergebnis, dass ein Gespenst umgeht. Nicht das »Gespenst des Kommunismus«, nein. Das Gespenst heißt Donald Trump, der möglicherweise die NATO(d) verlässt oder dem Europa zumindest an seinem patriotischen Allerwertesten vorbeigeht. Da beginnen sich die Kriegsbrüller schutzlos zu fühlen, müssen plötzlich gar selbst Verantwortung tragen? Das geht ja gar nicht. Es ist an der Zeit für den Frieden.
  • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (12. Februar 2024 um 08:07 Uhr)
    Betrifft: »Der Oberst a. D. forderte, Berlin müsse die Ukraine in die Lage versetzen, ›den Krieg nach Russland zu tragen‹ und ›nicht mehr nur Ölraffinerien‹ anzugreifen, sondern auch Bunker, Gefechtsstände und Kommandoposten«: Als ehemaliger Wehrpflichtiger in der Nationalen Volksarmee der DDR (NVA) erfuhr ich ähnliches im Politunterricht u. a. über die grundsätzliche Strategie der NVA und der anderen Armeen des Warschauer Vertrages. Eine davon lautete: »Wir müssen besser auf den Krieg vorbereitet sein als der Gegner!« und dass der Krieg in kürzester Frist auf das Territorium des Aggressors gebracht und dieser dort vernichtend geschlagen werden müsse. Das besagt das gleiche, klingt nur besser!
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (11. Februar 2024 um 21:21 Uhr)
    Aber, aber, Herr Lauterbach! »Sender für Auslandspropaganda« heißen heutzutage »Sender für Auslandsinformation« oder »Deutsche Welle«. Den Herren Kiesewetter und Bütikofer etc. sei empfohlen, gelegentlich TAZ zu lesen. Die schrieb am 7. Mai 2010: »65 Jahre Waffenstillstand.« Nicht alle sind davon überzeugt, der Zwei-plus-vier-Vertrag sei ein Friedensvertrag. Möglicherweise kommen im Tausch gegen Taurus Kinschal und Zirkon zurück. Kinschal werden im NATO-Slang auch Spielverderber genannt. Dem Vernehmen nach gibt es Stimmen in Russland, die die Lektüre von »Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs [Haager Landkriegsordnung], 18.Oktober 1907« empfehlen, speziell das fünfte Kapitel.
    • Leserbrief von Falko aus Stuttgart (12. Februar 2024 um 12:53 Uhr)
      Seit wann haben im Zusammenhang mit besagtem Abkommen getätigte mündliche Zusagen irgendeine Geltung?

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