»Pay-Walls widerprechen unserer Idee von Partizipation«
Interview: Barbara EderDas Cultural Broadcasting Archiv, kurz CBA, macht Beiträge aus der freien Radioarbeit im Internet zugänglich. Neben Radio Orange – 94.0 aus Wien sind unter anderem auch Radio Corax aus Halle (Saale) und Civil Rádió aus Budapest vertreten. Wie ist das Onlinearchiv entstanden?
Das geht auf die freie Radiobewegung Ende der 1990er Jahre in Österreich zurück. Dort kam die Liberalisierung des Rundfunkgesetzes erst sehr spät. Anfangs wollten die freien Radios einfach nur mehr Kontakt untereinander haben und gegenseitig Sendungen austauschen. Wir haben unsere Datenbank online gestellt, hatten aber immer schon den Gedanken, dass auch die Hörerinnen und Hörer sie nutzen können sollten. Aus diesem Grund haben wir unsere Inhalte unter Creative Commons lizenziert – dadurch können andere darauf zugreifen und sie weiterverbreiten. CBA hat auch eine zivilgesellschaftliche Funktion: Es gibt politische Ereignisse, die an der öffentlich-rechtlichen Medienlandschaft spurlos vorübergehen und nur dokumentiert sind, weil jemand eine Sendung darüber gemacht hat. Wenn man das im CBA recherchieren kann, dann ist es viel mehr als nur ein Archiv.
Das Projekt ist eine Alternative zu kommerziellen Plattformen. Welche Rolle spielt freie Software beim Aufbau der Infrastruktur?
Es basiert auf Open-Source-Komponenten. Einerseits ist es kostengünstiger für uns, wenn wir keine Lizenzen zahlen müssen, andererseits können wir eigene Entwicklungen wiederum unter Open-Source-Lizenzen zur Verfügung stellen, damit sich eine größere Community bildet und die Weiterentwicklung auf breitere Schultern stellt. Die von uns mitentwickelten Softwarekomponenten dienen unter anderem dazu, automatisiert Transkripte in unterschiedlichen Sprachen zu erstellen, die dann als Untertitel ausgegeben werden. Ein Teil der von uns entwickelten Technologie findet beim »Display Europe«-Portal Verwendung, bei dem Medieninhalte in 15 verschiedenen Sprachen ausgespielt werden.
Wie gelingt es Ihnen, die Inhalte weiterhin kostenfrei zu halten?
Wir möchten eine möglichst große Reichweite erzielen, um Gruppierungen zu erreichen, die von vorneherein medial unterrepräsentiert sind. Pay-Walls entsprechen nicht unserem politischen Verständnis und unserer Idee von Partizipation. Für unsere Art der »Dienstleistung« gibt es jedoch keine eigene Förderungslandschaft abseits von Projektförderungen. Die freien Radios beteiligen sich an den Maintenance-Kosten. Selbst wenn wir Inhalte im Netz gratis zur Verfügung stellen, interessieren wir uns für die aggregierten Nutzungsdaten – wer rezipiert was, welche Inhalte werden von wem wahrgenommen? Diese Aspekte sind ebenso für künftige Finanzierungs- und Verwertungsmöglichkeiten relevant. Dahingehend stellt sich auch die Frage: Welche Daten könnten von Nutzern »gespendet« und vielleicht verwertet werden?
Bislang wurde das CBA vom Wiener »Verein zur Förderung der digitalen Kommunikation« betrieben. Ab Juli soll der Betrieb von einer Genossenschaft weitergeführt werden. Was sind Ihre nächsten Schritte?
Für uns war ein organisatorisches Modell das Ziel, bei dem die CBA-Community das Archiv finanziell und organisatorisch trägt. Die im Januar gegründete Genossenschaft »Display Europe«, die auch Video- und Textinhalte hostet, entspricht einem Governance-Modell. Die Community ist unmittelbar in die Entscheidungsmöglichkeiten eingebunden. Es gibt eine Gründergruppe assoziierter Organisationen und Einzelpersonen, die etwa als Podcaster, Journalistinnen oder Radiostationen Genossenschaftsmitglied werden und mitbestimmen können, in welche Richtung es gehen kann.
Die Genossenschaft soll ein Diskussionseinbindungs- und ein Finanzierungsmodell sein. Wir wollen vor allem Medienmachende aus dem Non-Profit-Sektor gewinnen, die sich an unserem Netzwerk und dem gemeinsamen Datenaustausch beteiligen. Das alles ist mit großem Aufwand verbunden, wenn es greift, ist es aber für alle sinnvoll!
Alexander Baratsits ist Jurist und Journalist, Vorstand des CBA – Cultural Broadcasting Archivs und Mitbegründer der Genossenschaft »Display Europe«
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