Immer die gleichen Oligarchen
Von Hansgeorg Hermann
Das Ritual wird in etwa das gleiche sein wie das der vergangenen Jahre und Jahrzehnte: Bekannte und weniger bekannte Politiker werden auftreten, begleitet von Offizieren der Armee und der staatlichen Ordnungskräfte, die Augen verdeckt von den gleichen dunklen Sonnenbrillen, wie sie damals – vor 50 Jahren – auch die Putschisten trugen. Und die aktuelle Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou wird, wie schon vor zwölf Monaten, den Kampf »für Demokratie und Freiheit« anmahnen. Der sei »ständig und anspruchsvoll«, hatte sie am 17. November 2022 am eisernen Eingangstor des Athener Polytechnio, wo 1973 vom Juntaführer Georgios Papadopoulos ausgeschickte Kampfpanzer den Aufstand der griechischen Studenten blutig niedergewalzt hatten, geäußert. Parteigrößen, auch jene, die ansonsten rein gar nichts mit aufrührerischen jungen Menschen am Hut haben, werden auftreten und das Mahnmal direkt hinter dem Tor unter Kränzen begraben.
Die von dem in die Geschichte eingegangenen Panzer verbogene, aus ihren steinernen Pfosten gerissene alte Pforte, die Studenten und Journalisten erdrückte, wird unter den Blumengebinden verschwinden. Vor allem aber der mächtige Kopf aus Bronze, den der Bildhauer Agamemnon Makris 1984 zum Gedenken an die »Helden des Widerstands« schuf. Das riesige Haupt – wie abgeschlagen, schräg zur Seite geneigt, als wolle es ein letztes Mal in den ewig blauen griechischen Himmel schauen – ist das des Marxisten und Historikers Nikos Svoronos, kommunistischer Widerstandskämpfer gegen die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg und Freund des Künstlers.
»Großer Gesang«
Diesem 17. November, der sich im Jahr 2023 zum 50. Mal jährt, ging – nur zwei Monate früher, am 11. September – ein weltbewegender Umsturz voraus, der den unglaublichen Mut sowie den am Ende erfolgreichen Freiheitskampf der griechischen Studenten, Arbeiter, Künstler, Musiker und Dichter zweifellos befeuert haben dürfte: In Chile erledigten der Armeeoffizier Augusto Pinochet Ugarte und seine Soldaten den Versuch des gewählten Staatspräsidenten Salvador Allende, sein Land mit sozialistischer Politik in eine gerechte Gesellschaftsordnung zu überführen, mit einem blutigen Putsch. Natürlich unterstützt von den USA, die auch der griechischen Junta bei ihrem Staatsstreich am 21. April 1967, verborgen, aber äußerst effektiv, zur Seite gestanden hatten.
Allende starb im Präsidentenpalast. Pinochets Schergen nutzten das Stadion, in dem der griechische Komponist Mikis Theodorakis mit dem von ihm vertonten »Großen Gesang«, dem »Canto General« des chilenischen Dichters Pablo Neruda, 1973 hatte auftreten wollen, als Auffanglager für die vielen tausend Gefangenen des Regimes. Neruda erlebte die Uraufführung des Stücks zwei Jahre später im befreiten Athen nicht mehr, er starb zwölf Tage nach Pinochets Machtergreifung. Sein Begräbnis wurde, ähnlich wie das des griechischen Freundes und Dichterkollegen Giorgos Seferis einige Jahre zuvor, zu einer Demonstration des Volkes gegen die Diktatur und den Imperialismus der USA. Nerudas Tod rückte Theodorakis’ »Canto« in den Mittelpunkt des Interesses der vielen nach Europa ins Exil geflohenen chilenischen Künstler und Intellektuellen. Der Komponist hatte sein Oratorium mit großem Orchester und zwei Solostimmen besetzt, Maria Farantouri und Petros Pandis. Held des Stücks aber war der Chor, er verkörperte die Stimme des Volkes, das die Hybris der Militärführer und ihrer Freunde in Washington verdammte. Schon im antiken griechischen Theater verdammte der Chor die Selbstüberhebung des zu Macht gekommenen Frevlers; er symbolisierte die mächtige Stimme der Demokratie.
Die großen griechischen Dichter und Musiker der 1960er und 1970er Jahre sind tot. Die Studenten, Arbeiter und Künstler, die der Diktatur von 1967 zu Hause oder aus dem Exil die Stirn geboten hatten, sind alt und grau geworden. Nimmt man die sieben Jahre der Junta aus, dann ist festzustellen, dass sich an den griechischen Gesellschaftsverhältnissen und auf der politischen Entscheidungsebene bis heute wenig geändert hat. Konstantinos Mitsotakis, einer der Oligarchen, der Mitte der 1960er Jahre aus der Regierung des demokratisch gewählten Ministerpräsidenten Georgios Papandreou ausgetreten war – wohl ohne die katastrophalen politischen Folgen einzuschätzen –, wurde 1990 selbst Regierungschef. Einen anderen Nachkriegspolitiker, der die politische Linke bereits vor der Junta als Premier unnachsichtig verfolgt hatte, Konstantinos Karamanlis, holten sich die rechtsliberalen griechischen Eliten 1974 zurück aus dem Pariser Exil; sein Neffe, Kostas Karamanlis, gewann 2004 die Parlamentswahl mit der vom Onkel gegründeten Rechtspartei Nea Dimokratia (ND) und wurde seinerseits Regierungschef. Im Jahr 2019 beendete erneut ein Mitsotakis, Kyriakos mit Vornamen, die vier Jahre kurze Amtszeit des von den europäischen Nachbarn, allen voran den Deutschen, als »Linken« verachteten Alexis Tsipras.
US-geschulte Kader
Dass die griechische Politik ohne den Blick auf die Oligarchen, die zehn beherrschenden Familien, nicht zu verstehen ist, bewegt bis heute den Autor und Filmregisseur Konstantinos Gavras, genannt Costa-Gavras. Der im Ort Loutra-Ireas auf der Peloponnes geborene Cineast sagte dem Autor vor 15 Jahren in Paris: »Ich habe das auch in anderen Ländern beobachtet. Von den Namen abgesehen, sind es auch dort immer die gleichen Oligarchen. Was mir in Griechenland viel mehr Sorge bereitet, ist der ausländische Einfluss – der deutsche, der französische. Und am meisten fürchte ich nach wie vor den – an der Oberfläche nicht gleich zu erkennenden – Einfluss der USA, speziell die Machenschaften der CIA.«
Tatsache ist, dass nahezu alle politischen Entscheidungsträger der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart – von Karamanlis über Papandreou bis hin zum jungen Mitsotakis und dessen Neffen Kostas Bakogiannis – durch die Kaderschulen des US-Imperialismus geschleust wurden. An erster Stelle zu nennen: Henry Kissingers Alma Mater, die Universität Harvard. Ein weiterer Abkömmling dieser US-amerikanischen Ausbildung dirigiert nun die wichtigste Oppositionspartei Griechenlands: Am 23. September wurde der in den USA ausgebildete und politisch geschulte Reeder und Dollar-Millionär Stefanos Kasselakis neuer Präsident der »Koalition der radikalen Linken« (Syriza) – ein Donnerschlag in der politischen Szene Athens, unter dem sich zahlreiche bisherige Anführer der Bewegung duckten und fluchtartig die Partei verließen. Das griechische Volk, rund elf Millionen Menschen, hat nun einen Oppositionsführer am Hals, der nicht mehr ist als ein Abziehbild des aktuellen Regierungschefs und die Koalition der ursprünglich mehr als 20 vereinten linken Gruppen weit nach rechts ins wirtschaftsliberale politische Lager treiben wird.
Auch der junge Mitsotakis, wie schon sein Vater, ist ein Mann des Kapitals, dessen Regierung kaum etwas in das unprofitable, von Personalmangel geplagte und marode Sozialsystem – Krankenhäuser, Schulen, Universitäten – investiert, dafür um so mehr in militärische Aufrüstung, Überwachungssysteme und Polizei. Selbst heute, am 50. Jahrestag des Studentenaufstands, der im November 1973 nicht nur das Athener Polytechnion erfasst hatte, sondern alle großen Universitäten, auch die in Thessaloniki, Patras oder Heraklion, traut die von Mitsotakis angeführte Staatsmacht ihren Kindern nicht. Die El-As, Elliniki Astinomia, wird heute an die 4.000 behelmte, gepanzerte, bewaffnete Uniformierte in die Straßen und Gassen rund um das Polytechnion schicken. Denn die Eliten fürchten bis heute, wie der deutsche Zeithistoriker Heinz A. Richter 2013 in einem Beitrag zur Geschichte der Revolte das unruhige Volk der Hauptstadt so abschätzig nannte, den angeblich »immer gewaltbereiten Athener Mob«.
»Unruhe« und »Beruhigung«
Zu höheren Ehren als einem nicht einmal arbeitsfreien Gedenktag – beispielsweise zur Aufnahme der Revolte in die Galerie der griechischen Nationalfeiertage mit all ihrem bisweilen zirkusreifen Brimborium – hat es das Ereignis vom 17. November nicht gebracht. Die Griechen gehen auch am 50. Jahrestag ihren Geschäften nach oder stehen an der Betonmischmaschine, um reichen Ausländern Villen mit Schwimmbecken in die Landschaft zu setzen. Die Jugend aber, der in den Augen der Herrschenden »gewaltbereite Mob«, wird auch in diesem Jahr auf Transparenten und Plakaten nicht nur der Opfer gedenken, die die Folterer und Totschläger der Juntageheimdienste töteten, sondern auch an den Tod des 15 Jahre alten Alexandros Grigoropoulos erinnern, der – mit Freunden vor einem Kaffeehaus sitzend – am 6. Dezember 2008 aus einem Polizeifahrzeug heraus erschossen wurde.
Widerstand und Reaktion beziehungsweise »Unruhe« und »Beruhigung«, wie in den bürgerlichen Medien der Gegensatz von jungen Menschen und Staatsmacht gerne genannt wird, liegen in Athen dicht beieinander. Das Stadtviertel Exarchia, in dem sich von den sogenannten Ordnungshütern regelmäßig politisch als »extrem links« oder »anarchistisch« definiertes Volk tummelt, grenzt an eine der großen Polizeikasernen der Hauptstadt, die Schlagstockspezialisten der uniformierten Elitetruppe MAT (Monades Apokatastasis Taxis – Einheiten zur Rehabilitierung der Ordnung) können zu Fuß zu den jungen Verächtern des Kapitals und dessen politischen Helfern vordringen und aufräumen, was es aufzuräumen gibt, seit die »Helden des Polytechnion« sich beruhigt haben und in Rente gegangen sind. Dort, am Rande der zentralen Platia Exarchion, saß auch Alexandros Grigoropoulos, als sein uniformierter Mörder im Streifenwagen vorbeifuhr und dem Jungen, weil der ihn mit obszöner Geste beleidigt habe, in den Leib schoss.
Das Viertel Exarchia ist auf seine Art ein neues Polytechnion, ein Ort also, der den Widerstand der jungen Generation gegen das von den Oligarchen aus Wirtschaft und Politik getragene System symbolisiert und wo in Cafés mit Namen wie »Revolt« oder »Faust« der Ausstieg aus der »angeblich repräsentativen Demokratie« vollzogen wird. Die Platia zu verändern und so ein Nest der Resistenz aufzubrechen war offenbar eines der »städtebaulichen« Ziele des jüngst bei den griechischen Kommunalwahlen aus dem Amt vertriebenen rechten Athener Bürgermeisters Konstantinos Bakogiannis. Seine Tante, Schwester des aktuellen Regierungschefs Mitsotakis, saß einst selbst im Rathaus der Hauptstadt und war verantwortlich für die Organisation der von schwerer Korruption überschatteten und wirtschaftlich ruinösen Olympischen Sommerspiele 2004. Mitten in die Platia Exarchion lässt der Staat derzeit eine Metrostation graben, die nicht nur den ursprünglich mit Bäumen und Büschen bepflanzten kleinen Park vernichtet, sondern die gesamte Architektur und gesellschaftliche Struktur des Viertels verändern wird. Theodora »Dora« Bakogianni, geborene Mitsotaki, ganz Oligarchin mit besten Verbindungen zum Baugewerbe des Landes und zu Spyros John Latsis, dem reichsten Griechen und einem wahren Tycoon des Bauwesens, steht für die Errichtung der sündhaft teuren Olympiabauten des spanischen Stararchitekten Santiago Calatrava und den Beginn der sogenannten Finanzkrise.
Latsis und Bakogiannis sind in den Augen der revoltierenden jungen Griechen der Exarchia Feinde der demokratischen Gesellschaft. Sie kämpfen, wie selbst für die Nachbarn in Mitteleuropa leicht zu erkennen sein dürfte, nicht mehr gegen eine Junta und deren primitive Folterknechte, sondern gegen den Entzug ihrer Existenzgrundlagen durch das Kapital. Dieser Vorgang wird Latsis und dem Mitsotakis-Clan an erster Stelle zugerechnet. Bei Wikipedia wird Latsis nicht nur als reichster Grieche mit einem geschätzten Vermögen von drei Milliarden Euro genannt, sondern auch als Bankmanager, dessen Geldhäuser zu den »größten Profiteuren des Euro-Rettungsschirmes« gehörten.
Die Idee, mit einer polizeilichen Spezialeinheit die hauptsächlich in der Exarchia vermuteten »Aufrührer« zu bekämpfen und etwaige Volksaufstände niederzuschlagen, entstand, wie sollte es anders sein, nicht in demokratischen Zirkeln. Als geistiger Vater des Schlagstockkommandos gilt einer der 1973 unter Papadopoulos geduldeten Marionettenministerpräsidenten der Junta, Spyridon »Spyros« Markezinis. In Marsch gesetzt wurde die Einheit allerdings erst, als die Verbrecher der Junta bereits angeklagt, verurteilt und auf die griechischen Gefängnisinseln verschickt worden waren. Demokratische Sponsoren der Elitetruppe MAT, wie der konservative Regierungschef Konstantinos Karamanlis, die Sozialdemokraten Andreas Papandreou und Konstantinos »Kostas« Simitis sowie inzwischen der junge Mitsotakis, trieben die Uniformierten immer wieder zu Höchstleistungen an. Und das, fürchten Athener Tageszeitungen wie die Efimerida ton Syntakton (Efsyn), könnte auch an diesem Jahrestag der Revolte im Polytechnion geschehen.
Systemfragen
Im vergangenen Jahr lobten die Vorderen der Hellenischen Republik die Entschlossenheit der Studierenden, die sich am 17. November an das eiserne Eingangstor des Campus geklammert hatten und vom Kampfpanzer der Obristen erdrückt worden waren. Studentenorganisationen zählten bis zu 50 Todesopfer. Regierungsoffizielle »Untersuchungen« führten wenige Jahre später keine Toten mehr an, sondern nur noch Verletzte. Bis heute gibt es keine nachweisbaren Angaben, was die Panzerketten mit den Menschen an der Pforte zum Polytechnion tatsächlich anrichteten. Dafür, wie jedes Jahr, große Worte. 2022 etwa wusste der rechte Parlamentspräsident Konstantinos Tasoulas – ein Parteifreund des Regierungschefs Mitsotakis –, dass die Studierenden damals für »Brot, Bildung und Freiheit« gekämpft hätten; der rechtsnationale Ministerpräsident selbst, in dessen Kabinett auch ehemalige Anführer faschistischer Gruppen sitzen, war 1973 gerade mal fünf Jahre alt, erinnerte sich allerdings an einen »starken Akt des Widerstands gegen die Diktatur«. Alexis Tsipras, sein sozialdemokratischer politischer Gegner, vor einem Jahr noch Oppositionsführer im griechischen Parlament befand hingegen, die »Botschaft des Studentenaufstands« sei »aktueller denn je«.
Tsipras’ Nachfolger Stefanos Kasselakis allerdings ist als »Ziehkind« des von der Parteijugend verachteten und bekämpften »US-Imperialismus« keiner, der den jungen Aufrührern der Exarchia mit sozialdemokratischem Geschwätz über sein neues »progressives Parteiprogramm« kommen könnte. Pessimistische Vertreter der Parteibasis vermuteten am vergangenen Wochenende, als 45 ehemalige Mitglieder des Zentralkomitees die Bewegung verlassen und der Öffentlichkeit ein vernichtendes Positionspapier präsentiert hatten, dass der neue Mann – auch »der Amerikaner« genannt – das linke politische Projekt Syriza nach knapp 20 Jahren Existenz vollends an die Wand fahren werde.
In der seit 2010 andauernden sogenannten Finanzkrise nahmen die griechischen Regierungen auf Druck der Troika – der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds – den Griechen bis zu 50 Prozent ihres Lohns, halbierten die Renten und zerstörten weite Teile ihres Sozialsystems. Eine andere Sorte von Diktatur, auf die die jungen Menschen anders reagierten als ihre Väter, die am Polytechnion Widerstand geleistet hatten: Sie verließen ihre Heimat. Geschätzte 600.000 Männer und Frauen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren, an den griechischen Universitäten bestens ausgebildete Arbeitskräfte, die sich nun in Frankreich, Deutschland oder Großbritannien ausbeuten lassen – statt in Athen oder Thessaloniki ohne Beschäftigung auf der Straße zu sitzen. Zur Rechenschaft für ihre persönliche und gesellschaftliche Katastrophe können sie die politisch Verantwortlichen nicht ziehen. Staatliche Institutionen, Medien und Lehranstalten verweisen derweil auf das demokratische System, das mit der freien Wahl, der freien Meinungsäußerung und der parlamentarischen Kontrolle durch die Zivilgesellschaft genügend Instrumente zur Verfügung stelle, um selbst ein aus dem Ruder gelaufenes, dem puren Profitstreben unterworfenes »System« zu korrigieren.
Terror und Vergeltung
Ein Teil des Polytechnion-Widerstands sah das in den Jahren nach dem erbärmlichen Abgang der Obristen anders. Ab 1975 versetzte die »Epanastatiki Organosi 17. Noemvri« (Revolutionäre Organisation 17. November) vor allem jene in Angst und Schrecken, die der Militärdiktatur direkt gedient oder im Hintergrund ihre Fäden gezogen sowie Finanzen, militärisches Wissen und Waffen zur Verfügung gestellt hatten. Ihr Krieg gegen das vermeintlich oder tatsächlich verantwortliche politische, militärische und wirtschaftliche Establishment dauerte bis 2002. Die Behörden zählten mehr als 100 Anschläge und 23 Todesopfer. Unter ihnen US-Militärs, CIA-Agenten und Bankmanager.
Die insgesamt 19 gefassten mutmaßlichen Täter wurden in den folgenden Jahren angeklagt und zu langen Freiheitsstrafen verurteilt, Alexandros Giotopoulos, der angebliche Kopf der Organisation, zu 21mal lebenslänglich. Dimitris Koufontinas, einer der Gefährten des Anführers, wurde – nachdem er sich gestellt hatte – 2017 zu elfmal lebenslanger Haft plus 25 Jahren verurteilt. Gegen die 48 Stunden Freigang, die ihm die Justiz nach 15 Jahren Haft gewährt hatte, protestierten die Regierungen der USA, der Türkei und des Vereinigten Königreichs. Seine Verlegung aus einem Hochsicherheitsgefängnis in eine ländliche Strafanstalt mit Acker- und Gartenarbeit unter der Regierung Tsipras machte dessen Nachfolger Mitsotakis sofort nach seinem Wahlsieg im Juli 2019 rückgängig. Der »17. November« hatte im Jahr 1988 den damals mit Mitsotakis’ Schwester Dora verheirateten Journalisten Pavlos Bakogiannis umgebracht.
Hansgeorg Hermann schrieb an dieser Stelle zuletzt am 22. August über Großbrände, Landraub und Immobilienhandel in Griechenland.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (17. November 2023 um 14:30 Uhr)Der Studentenaufstand von 1973 gilt in Griechenland als der Höhepunkt des Widerstands gegen die Obristen-Junta. Am 17. November verschanzten sich Studenten im Athener Polytechnikum und riefen mit einem selbst gebastelten Radiosender die Bürger zum Aufstand gegen die Diktatur auf. Dieser Aufstand verdeutlichte eindrücklich den starken Widerstand gegen das diktatorische Regime und die darauf folgende Machtübernahme durch Ioannidis, was die inneren Spannungen innerhalb der Obristen-Regierung weltweit offenlegte. Der Wunsch der Menschen nach Freiheit und gegen die Diktatur, besonders bei der studierenden Jugend, war deutlich spürbar. Trotzdem hat Griechenland seitdem keine bedeutenden demokratischen Fortschritte gemacht, hauptsächlich aufgrund des Fortbestehens des Kapitalismus. Auch wenn es offiziell keine Diktatur mehr gibt, wird das Land vom Kapitalismus beherrscht, wobei Geld, Handel und die Medien die treibenden und undemokratischen Kräfte im täglichen Leben sind. Nicht nur »immer die gleichen Oligarchen«, sondern auch Organisationen, die den Kapitalismus und das Eigentum verteidigen, spielen eine entscheidende Rolle in der Geschichte. Die Tatsache, dass der Wertewesten sich weiterhin als liberale Demokratie bezeichnet, erscheint mir rätselhaft. Ich führe dies auf mangelnde Bildung und allgemeines Desinteresse der Bürger an politischen Angelegenheiten zurück, was an sich bereits einen Widerspruch zur Demokratie darstellt.
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