Aus Leserbriefen an die Redaktion

»Eine bessere Zukunft «
Zu jW vom 9.11.: »Die einst da kommen werden«
»Wenn ein leiser Wind / die ganze Welt streichelt / wird sie frei sein von aller Last / und leben können, wie jene / die einst da kommen werden.« – Es zerreißt einem das Herz und das Hirn, was Michael Mäde in seiner unglaublich großen Menschlichkeit trotz tödlicher Krankheit noch an Glauben an eine bessere Zukunft hatte. Mir treibt es die Tränen in die Augen … er fehlt so sehr – nicht nur mir. In trauernder Verbundenheit mit seinen Angehörigen wird er für mich immer lebendig bleiben.
Christa Kustka, per E-Mail
Bekannt seit 1914
Zu jW vom 9.11.: »Burgfriedenstheoretiker des Tages: Bodo Ramelow«
Ich frage mich seit langem, warum Bodo Ramelow Mitglied einer Partei ist, die sich Die Linke nennt und deren Mitglieder Linke sind. Sein Karrierewillen hat ihn wohl dahin getrieben, selbst linke SPD-Mitglieder kratzen sich am Kopf, wenn Herr Ramelow seine Thesen in die Welt bläst. Der Maßstab für einen Linken ist sicher nicht sehr eng definiert, aber dass Militarismus und Linkssein nicht zusammenpassen, sollte seit 1914 bekannt sein. Dass er der einzige Ministerpräsident der Partei Die Linke ist, macht ihn wohl immun für Kritik durch seine Partei.
Frau Wagenknecht wurde für ihren Egotrip kritisiert, für Landesvater Ramelow gelten wohl andere Regeln. Wer schützt demokratische Parteien vor egozentrischen Selbstdarstellern? … manchmal ihre Mitglieder, aber nicht immer. Was ist nur aus uns geworden? Warum glauben gerade Linke zu oft, nur sie selbst seien die einzigen, die im Besitz der allumfassenden, einzig richtigen Wahrheit sind? Jedenfalls so lange, bis sie die Realität auf den Boden zurückwirft, verbunden mit dem Schaden, den alle Linken dann tragen müssen. Wie oft noch muss ich diese, sich selbst als »göttergleich« verstehenden Götzen ertragen? Jeder einzelne von ihnen fügt dem Begriff »Sozialismus« schweren Schaden zu.
Ronald Prang, Berlin
»Frage des politischen Willens«
Zu jW vom 8.11.: »Hunderttausende wohnungslos«
Wohnungsnot, ein Dauerthema in den Medien, der Regierung und der Öffentlichkeit. Und eine Lösung ist nicht absehbar. Aber wie war es vor hundert Jahren möglich – zwischen Hyperinflation und Weltwirtschaftskrise –, ein in Quantität und Qualität einzigartiges Wohnungsbauprogramm zu realisieren? Um 1920 fehlten in Deutschland eine Million Wohnungen. Zugleich boten Mietpreisbindung, Kündigungsschutz und Kapitalmangel keinen Anreiz für private Investitionen.
Entscheidend waren damals drei Voraussetzungen: Durch eine umsichtige Politik konnten die Kommunen Bauland zur Verfügung stellen. Hinzu kamen finanzielle Förderungen, vor allem aus Mitteln der sogenannten Hauszinssteuer. Erhoben wurde sie von den Hausbesitzern, deren Hypotheken- und Kreditschulden die Inflation getilgt hatte. Bis zu 40 Prozent der Baukosten wurden dadurch finanziert. In den besten Jahren – 1928, 1929, 1930 – konnten so jeweils 300.000 Wohnungen errichtet werden. Die Hälfte davon durch die öffentliche Hand und gemeinnützige Unternehmen – zu erschwinglichen Mieten, da gemeinwohlorientiert und nicht profitfixiert!
Bereitstellung von Bauland aus öffentlichem Besitz und Realisierung durch gemeinnützige Bauträger wären auch heute vorstellbar. Und die Wohnungsunternehmen, die in den vergangenen Jahrzehnten durch Subventionen, öffentliche Zuschüsse und Steuererleichterungen auf Kosten der Allgemeinheit Vorteile erlangt haben, sollten bei Mietsteigerungen einen prozentualen Anteil dieser Erhöhung der Allgemeinheit zurückgeben. Ohne die öffentlichen Haushalte zu belasten, könnten diese Mittel für den sozialen Wohnungsbau eingesetzt werden. Sie kämen so den unteren Einkommensschichten zugute und wären wie die Hauszinssteuer von 1924 eine Maßnahme ausgleichender Gerechtigkeit. Wie vor hundert Jahren ist die Lösung des Wohnungsproblems eine Frage des politischen Willens.
Christian Helms, Dresden
»Selbstherrlich«
Zu jW vom 13.11.: »Persilschein des Tages: 12. November«
»Kriegstüchtigkeit«, »Veteranentag« – Geschichte wird gemacht, und zwar von denen, die da schon lange wieder selbstherrlich herrschen! Und wer ist wieder ganz vorn mit dabei, wie schon 1914? Die SPD! Da behaupte noch jemand, man könne aus der Geschichte lernen.
Reinhard Hopp, Berlin
Soziale Marktwirtschaft als Folge
Zu jW vom 11./12.11.: »Großer Ausstand«
Der Generalstreik in der Bizone vom 12. November 1948 war nicht ganz wirkungslos, zumindest auf semantischer Ebene. Der Historiker Uwe Fuhrmann schrieb in seiner Dissertation über die Genese des Begriffs »Soziale Marktwirtschaft«: »Als zentraler Befund (ist) festzuhalten, dass die ›Soziale Marktwirtschaft‹ nicht am 20. Juni 1948 eingeführt worden ist. Sie wurde vielmehr überhaupt nicht eingeführt, sondern ist das Ergebnis gesellschaftlicher Auseinandersetzungen, die auf den Märkten, den Straßen, im Betrieb und im Parlament stattfanden.« Kurz zusammengefasst musste Ludwig Erhard den Kapitalismus als soziale Marktwirtschaft schönreden – wegen der Proteste in der Bevölkerung.
Peter Nowak, Berlin
»Brüder im Geiste«
Zu jW vom 11./12.11.: »Plauderpreisträger des Tages: Jens Stoltenberg«
Jens Stoltenberg ist als Träger des Preises in allerbester Gesellschaft. Der Preis ist einem Exaußenminister der USA gewidmet, der zu seiner Amtszeit 1973–1977 zahlreiche militärische Eingriffe in aller Welt mitzuverantworten hatte. Ein Vertreter der »gewaltbereiten Realpolitik« des US-Regimes, das ihn verklausuliert als Kriegsverbrecher kennzeichnet. Der Festredner Steinmeier gehört in die gleiche Kategorie, trägt er doch als Amtsträger in Schröders Bundesregierung die Mitverantwortung für den völkerrechtswidrigen Bombenkrieg gegen Jugoslawien. (…) Alles Brüder im Geiste.
Rainer Kral, Potsdam
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