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Aus: Ausgabe vom 15.11.2023, Seite 6 / Ausland
Lateinamerika

Mafia regiert mit

Uruguay: Protest gegen rechte Regierung wegen Skandals um Drogenboss. Präsident soll von Justiz vorgeladen werden
Von Volker Hermsdorf
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Bauernopfer werden ihm nicht mehr helfen: Uruguays Präsident Luis Lacalle Pou (Brasília, 30.5.2023)

Eine unappetitliche Korruptionsaffäre bringt Uruguays rechten Präsidenten Luis Lacalle Pou in Bedrängnis. Hunderte Demonstranten warfen ihm und der Regierung am Montag (Ortszeit) auf einer Kundgebung in Montevideo vor, das Parlament und die Bürger zu belügen. Aufgerufen zu dem Protest hatten unter anderem der Gewerkschaftsbund PIT-CNT, das oppositionelle linke Parteienbündnis Frente Amplio, die Wohnkooperativen zur gegenseitigen Selbsthilfe (FUCVAM) und die Föderation der Universitätsstudenten Uruguays (FEUU). Auslöser ist der anhaltende Skandal um die Ausstellung eines Reisepasses für den weltweit gesuchten uruguayischen Drogenhändler Sebastián Marset. Der war 2021 in Dubai wegen ungültiger Papiere inhaftiert worden, dank des neuen Dokuments aber wieder freigekommen.

Mehrere Redner, darunter die Bürgermeisterin der Hauptstadt, Carolina Cosse, der Generalsekretär der Sozialistischen Partei, Gonzalo Civila, und der Präsident des Frente Amplio, Fernando Pereira, warfen Lacalle Pou auf der Kundgebung vor, die Hintergründe des Skandals zu vertuschen. Gewerkschafter trugen Transparente mit der Aufschrift »Korruption, Drogenhandel, Einflussnahme und Ausbeutung. Luis, Du ernährst dich nicht von Fleisch, sondern von Korruption.« Die Anschuldigungen bezogen sich auf ein kürzlich bekanntgewordenes Gespräch zwischen Lacalles mittlerweile zurückgetretenem Außenminister Francisco Bustillo und dessen ehemaliger Stellvertreterin Carolina Ache, aus dem hervorging, dass hochrangige Regierungsbeamte versucht hatten, Beweise für die Umstände der Aushändigung des Reisepasses an den Narcoboss zu vernichten. An dem Vertuschungsversuch war demnach auch Präsidentenberater Roberto Lafluf beteiligt. Laut einer Erklärung des Frente Amplio belegen die Aufnahmen zudem, dass zwischen Bustillo und Marset eine Beziehung besteht. Das Bündnis forderte in dem Zusammenhang ebenfalls die Entlassung von Innenminister Luis Alberto Héber. Obwohl neben Héber inzwischen auch Roberto Lafluf und sein Staatssekretär Guillermo Maciel abdankten, erklärte Frente-Amplio-Chef Fernando Pereira, dass die Uruguayer mehr erwarteten als diese Rücktritte.

Mit Bauernopfern wird Lacalle die schwerste Regierungskrise seit Beginn seiner Amtszeit im März 2020 nicht mehr beenden können. Die Regierung würde den Fall zwar mit dem Rücktritt der Minister gerne abschließen, aber für Opposition, Gewerkschaften und andere soziale Akteure »hat das Ganze gerade erst begonnen«, kommentierte die argentinische Tageszeitung Página 12 am Dienstag. »Unser Land befindet sich in einer schweren politischen Krise und einem institutionellen Verfall, der auf die Verantwortung der Regierung zurückzuführen ist«, so Vertreter des Gewerkschaftsbundes PIT-CNT auf der Kundgebung am Vortag. Sie bekräftigten, dass »das Volk empört und mobilisiert ist«, und forderten, dass »die Justiz handeln muss«. Örtlichen Medien zufolge plant der Staatsanwalt für Wirtschaftskriminalität, Alejandro Machado, für diese Woche eine Vorladung von Lacalle Pou wegen der angeblichen Vernichtung von Dokumenten. »Wir können nicht zulassen, dass der Drogenhandel in die Politik eindringt«, begrüßte Pereira die Ermittlungen. Möglicherweise ein Hinweis auf Überlegungen zur bislang noch nicht erhobenen Forderung auf Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens weniger als zwölf Monate vor den nächsten Präsidentschaftswahlen.

Die Verbindung zu dem Mafiapaten, dem die uruguayische Botschaft seinen Fluchtpass 2022 kurz nach einem Aufenthalt von Lacalles Ehefrau in Dubai ausgehändigt hatte, könnte dem rechten Staatschef noch kurz vor dem Wahltermin politisch das Genick brechen. Im Zusammenhang mit der Ausstellung des Dokuments sollen nach Angaben des Onlineportals Resumen Latinoamericano vom 7. November angeblich zehn Millionen Dollar geflossen sein. Als einer der größten Drogenhändler Südamerikas könnte Marset, der in den vergangenen Jahren tonnenweise Kokain nach Europa geschmuggelt hat, sich das finanziell erlauben.

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