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Aus: Ausgabe vom 14.11.2023, Seite 1 / Titel
Krieg im Nahen Osten

Trauer um Bombenopfer

Krieg in Nahost: Vereinte Nationen beklagen getötete Mitarbeiter. Scholz und Baerbock gegen Waffenstillstand, Israel droht Medien
Von Karin Leukefeld
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Gefährlicher Ort für Pressevertreter: Nach Luftangriff auf Flüchtlingslager im Zentrum des Gazastreifens am Montag

Weltweit haben Büros der Vereinten Nationen am Montag ihre Fahnen auf halbmast gesenkt. Mit einer Schweigeminute wurde der 109 Kolleginnen und Kollegen gedacht, die beim israelischen Bombardement des Gazastreifens getötet worden waren. Es handele sich um den bisher verlustreichsten Konflikt für die UNO, hieß es am Sitz des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), das seit dem 7. Oktober 101 Mitarbeiter verloren hat. Weitere UN-Organisationen haben acht Tote zu beklagen. Lehrer, Ärzte, Psychologen, Pfleger, Techniker und Ingenieure, die für die Vereinten Nationen gearbeitet hätten, seien getötet worden, während sie für Brot anstanden, mit ihren Familien zu Hause waren, beim Einsatz in Schulen oder in Schutzräumen, wo die Menschen aus Gaza Zuflucht gesucht hätten.

Der israelische UN-Botschafter in New York hatte am Sonnabend erklärt, die getöteten UNRWA-Mitarbeiter seien Mitglieder der Hamas gewesen. Juliette Touma, Sprecherin des UNRWA, sagte, alle Mitarbeiter würden jährlich von der Besatzungsmacht Israel überprüft. Es habe keine Beanstandungen gegeben. Der Tod der UNRWA-Mitarbeiter stehe »für das, was den Menschen in Gaza geschieht«, so Touma. »Sie und alle Zivilisten im Gazastreifen hätten nie getötet werden dürfen.«

Der Palästinensische Rote Halbmond erklärte am Montag, das Al-Kuds-Krankenhaus in Gaza-Stadt könne mangels Strom, Wasser, Medikamenten und wegen zunehmender Kämpfe nicht mehr arbeiten. Man bereite die Evakuierung von 6.000 Personen vor – Patienten, Personal und Inlandsvertriebene.

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Flaggen auf halbmast am Sitz der Vereinten Nationen in Genf

Die EU-Außenminister einigten sich unterdessen am Montag auf die Forderung nach »sofortigen Unterbrechungen« der Kämpfe in Gaza, um humanitäre Hilfsgüter in das Kriegsgebiet bringen zu können. Israel müsse sich zurückhalten und Zivilisten schützen, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Der Hamas warf er vor, »die Menschen und Krankenhäuser als (menschliche) Schutzschilde« zu benutzen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) lehnte erneut einen Waffenstillstand ab, da er die Sicherheit Israels gefährden würde. Ähnlich äußerten sich Bundeskanzler Olaf Scholz am Sonntag bei einer Veranstaltung in Heilbronn und Michael Roth, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, im ZDF-»Morgenmagazin« von Montag. Beide SPD-Politiker sprachen sich aber für »humanitäre Pausen« aus.

Das israelische Notkabinett hat am Montag ein Verbot des libanesischen Nachrichtensenders Al-Majadin beschlossen. Der in Beirut sitzende Sender sei Israel gegenüber feindlich eingestellt, hieß es in einer Erklärung, die von Informationsminister Schlomo Karhi mit Genehmigung von Verteidigungsminister Joaw Gallant unterschrieben wurde. Eine Reporterin des Senders benutze für den Krieg der Hamas deren Bezeichnung »Operation Al-Aksa-Flut«, das sei Hamas-Propaganda.

Auch der katarische Nachrichtensender Al-Dschasira steht unter Druck. Al-Dschasira-Mitarbeiter in Gaza wurden nach einem Bericht der libanesischen Zeitung Al-Akhbar von der israelischen Armee mit dem Tod bedroht, sollten sie nicht abgezogen werden. Die Familie des Büroleiters von Al-Dschasira in Gaza, Wael Al-Dahduh, war Ende Oktober bei einem Luftangriff im Flüchtlingslager Nusairat getötet worden. Nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) von Montag wurden im Gazakrieg bisher mindestens 40 Journalisten und Medienmitarbeiter getötet.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (14. November 2023 um 12:13 Uhr)
    Auf welche Weise und wie weit darf sich ein Land verteidigen? Welche Maßnahmen gegen menschliche Schutzschilde ergriffen werden sollen und wie nach einem Krieg Frieden erreicht werden kann, sind gegenwärtig weltweit diskutierte Fragen. Im Kontext dieser Diskussion betonte Immanuel Kant bereits, dass Kriege so geführt werden sollten, dass am Ende eine Friedenslösung möglich ist. Diese Vorstellung erscheint im Fall vom Gazakrieg zwar schwer vorstellbar, dennoch bleibt sie ein wesentlicher ethischer Appell.
    Es ist von entscheidender Bedeutung, trotz der verständlichen Wut und des Rechts auf Selbstverteidigung diese Perspektive nicht zu verlieren. Insbesondere die israelische Regierung und Bevölkerung sollten stets im Blick behalten, dass am Ende eine Möglichkeit besteht, sich mit den Nachbarn zu verständigen und Frieden zu schließen. In den vergangenen Jahren haben jedoch beide Seiten wenig dazu beigetragen; statt dessen haben sie sich zunehmend radikalisiert. Derzeit scheint es leider so, als ob die Hamas die Kontrolle über das Geschehen hat, wissend, wie die aktuelle israelische Politik reagieren würde. Dies geschieht möglicherweise absichtlich und könnte in eine Richtung führen, in der die Vorstellung eines Friedens immer unrealistischer wird. Die Frage bleibt: Wohin wird dies führen und welche Konsequenzen wird es haben?
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Martin M. aus Paris (13. November 2023 um 22:34 Uhr)
    Nicht alle UNO Angestellten waren Bombenopfer. Mindestens 35 UNRWA Angestellte wurden (…) mit ihren Familien ermordet. Pressemitteilung UNRWA: »Mit großem Bedauern muss ich bestätigen, dass seit dem 7. Oktober 11 UNRWA-Kollegen im Gazastreifen getötet wurden. Darunter waren fünf Lehrer an UNRWA-Schulen, ein Gynäkologe, ein Ingenieur, ein psychologischer Berater und drei Hilfskräfte. ´Einige wurden in ihren Häusern und bei ihren Familien getötet.« (https://www.unrwa.org/newsroom/official-statements/eleven-unrwa-staff-and-personnel-killed-gaza-strip-jenifer-austin)
    Ganz klare Kriegsverbrechen, wie die Zerstörung von Häusern und Wohngebäuden. Euphemistisch wird weiterhin von »Getöteten« und »Opfern« gesprochen.

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