Trauer um Bombenopfer
Von Karin Leukefeld
Weltweit haben Büros der Vereinten Nationen am Montag ihre Fahnen auf halbmast gesenkt. Mit einer Schweigeminute wurde der 109 Kolleginnen und Kollegen gedacht, die beim israelischen Bombardement des Gazastreifens getötet worden waren. Es handele sich um den bisher verlustreichsten Konflikt für die UNO, hieß es am Sitz des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), das seit dem 7. Oktober 101 Mitarbeiter verloren hat. Weitere UN-Organisationen haben acht Tote zu beklagen. Lehrer, Ärzte, Psychologen, Pfleger, Techniker und Ingenieure, die für die Vereinten Nationen gearbeitet hätten, seien getötet worden, während sie für Brot anstanden, mit ihren Familien zu Hause waren, beim Einsatz in Schulen oder in Schutzräumen, wo die Menschen aus Gaza Zuflucht gesucht hätten.
Der israelische UN-Botschafter in New York hatte am Sonnabend erklärt, die getöteten UNRWA-Mitarbeiter seien Mitglieder der Hamas gewesen. Juliette Touma, Sprecherin des UNRWA, sagte, alle Mitarbeiter würden jährlich von der Besatzungsmacht Israel überprüft. Es habe keine Beanstandungen gegeben. Der Tod der UNRWA-Mitarbeiter stehe »für das, was den Menschen in Gaza geschieht«, so Touma. »Sie und alle Zivilisten im Gazastreifen hätten nie getötet werden dürfen.«
Der Palästinensische Rote Halbmond erklärte am Montag, das Al-Kuds-Krankenhaus in Gaza-Stadt könne mangels Strom, Wasser, Medikamenten und wegen zunehmender Kämpfe nicht mehr arbeiten. Man bereite die Evakuierung von 6.000 Personen vor – Patienten, Personal und Inlandsvertriebene.

Die EU-Außenminister einigten sich unterdessen am Montag auf die Forderung nach »sofortigen Unterbrechungen« der Kämpfe in Gaza, um humanitäre Hilfsgüter in das Kriegsgebiet bringen zu können. Israel müsse sich zurückhalten und Zivilisten schützen, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Der Hamas warf er vor, »die Menschen und Krankenhäuser als (menschliche) Schutzschilde« zu benutzen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) lehnte erneut einen Waffenstillstand ab, da er die Sicherheit Israels gefährden würde. Ähnlich äußerten sich Bundeskanzler Olaf Scholz am Sonntag bei einer Veranstaltung in Heilbronn und Michael Roth, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, im ZDF-»Morgenmagazin« von Montag. Beide SPD-Politiker sprachen sich aber für »humanitäre Pausen« aus.
Das israelische Notkabinett hat am Montag ein Verbot des libanesischen Nachrichtensenders Al-Majadin beschlossen. Der in Beirut sitzende Sender sei Israel gegenüber feindlich eingestellt, hieß es in einer Erklärung, die von Informationsminister Schlomo Karhi mit Genehmigung von Verteidigungsminister Joaw Gallant unterschrieben wurde. Eine Reporterin des Senders benutze für den Krieg der Hamas deren Bezeichnung »Operation Al-Aksa-Flut«, das sei Hamas-Propaganda.
Auch der katarische Nachrichtensender Al-Dschasira steht unter Druck. Al-Dschasira-Mitarbeiter in Gaza wurden nach einem Bericht der libanesischen Zeitung Al-Akhbar von der israelischen Armee mit dem Tod bedroht, sollten sie nicht abgezogen werden. Die Familie des Büroleiters von Al-Dschasira in Gaza, Wael Al-Dahduh, war Ende Oktober bei einem Luftangriff im Flüchtlingslager Nusairat getötet worden. Nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) von Montag wurden im Gazakrieg bisher mindestens 40 Journalisten und Medienmitarbeiter getötet.
Immer noch kein Abo?
Die junge Welt ist oft provokant, inhaltlich klar und immer ehrlich. Als einzige marxistische Tageszeitung Deutschlands beschäftigt sie sich mit den großen und drängendsten Fragen unserer Zeit: Wieso wird wieder aufgerüstet? Wer führt Krieg gegen wen? Wessen Interessen vertritt der Staat? Und wem nützen die aktuellen Herrschaftsverhältnisse? Kurz: Wem gehört die Welt? In Zeiten wie diesen, in denen sich der Meinungskorridor in der BRD immer weiter schließt, ist die junge Welt unersetzlich.
Ähnliche:
- Clotaire Achi/REUTERS11.11.2023
Almosen für die Verdammten
- Ashraf Amra/APA Images via ZUMA Wire/dpa03.11.2023
Journalisten unter Beschuss
- Abed Rahim Khatib/dpa18.10.2023
Feuerpause unerwünscht
Es ist von entscheidender Bedeutung, trotz der verständlichen Wut und des Rechts auf Selbstverteidigung diese Perspektive nicht zu verlieren. Insbesondere die israelische Regierung und Bevölkerung sollten stets im Blick behalten, dass am Ende eine Möglichkeit besteht, sich mit den Nachbarn zu verständigen und Frieden zu schließen. In den vergangenen Jahren haben jedoch beide Seiten wenig dazu beigetragen; statt dessen haben sie sich zunehmend radikalisiert. Derzeit scheint es leider so, als ob die Hamas die Kontrolle über das Geschehen hat, wissend, wie die aktuelle israelische Politik reagieren würde. Dies geschieht möglicherweise absichtlich und könnte in eine Richtung führen, in der die Vorstellung eines Friedens immer unrealistischer wird. Die Frage bleibt: Wohin wird dies führen und welche Konsequenzen wird es haben?
Ganz klare Kriegsverbrechen, wie die Zerstörung von Häusern und Wohngebäuden. Euphemistisch wird weiterhin von »Getöteten« und »Opfern« gesprochen.