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Aus: Ausgabe vom 08.11.2023, Seite 7 / Ausland
Nahostkonflikt

Verbrechen angeprangert

Lateinamerika: Honduras, Chile, Kolumbien und Bolivien ziehen Botschafter aus Israel ab und fordern Bestrafung für Vorgehen gegen Palästinenser
Von Volker Hermsdorf
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Solidarität mit Palästina ist im globalen Süden selbstverständlich (Santiago de Chile, 4.11.2023)

Mit Honduras hat Ende vergangener Woche ein weiteres lateinamerikanisches Land seinen Botschafter aus Israel abberufen. Zuvor hatten bereits Chile und Kolumbien ihre Vertreter zurückbeordert. Bolivien hatte am Dienstag vergangener Woche als erstes Land der Region seine Beziehungen zu Tel Aviv ganz abgebrochen. Auch die Regierungen Brasiliens, Mexikos, Argentiniens, Venezuelas, Nicaraguas und Kubas verurteilen das Vorgehen der israelischen Regierung. Einige werfen ihr Völkermord vor und fordern, die Verantwortlichen für die Bombardierung von Krankenhäusern und die Tötung von Kindern zu bestrafen. In zahlreichen Städten demonstrierten Hunderttausende Menschen für Palästina.

Das honduranische Außenministerium hatte am Freitag im Kurznachrichtendienst X zunächst eine Mitteilung veröffentlicht, in der es hieß, Außenminister Enrique Reina rufe seinen Botschafter »angesichts des Völkermords und der ernsten Situation der Gewalt, der die Zivilbevölkerung in Palästina und die unschuldigen Opfer der israelischen Rache ausgesetzt sind«, nach Tegucigalpa zurück. Später löschte das Ministerium diese Formulierung zwar, blieb aber beim Vorwurf des Völkermords und schwerer Verstöße gegen das Völkerrecht und bestätigte die Abberufung des Botschafters.

Am selben Tag wies Bolivien Äußerungen des israelischen Außenministeriums zurück, das den Abbruch der Beziehungen als »Kapitulation vor dem Terrorismus und dem Regime der Ajatollahs im Iran« bezeichnet hatte. Derartige Formulierungen seien »unzulässig und unhaltbar«, so die Regierung in La Paz. In einer Erklärung wird »die Achtung des Rechts auf Leben, der Menschenrechte und des Friedens des palästinensischen wie aller anderen Völker« gefordert. Bolivien bekräftigte seine Position, dass »das Leben von Palästinensern und Israelis den gleichen Wert hat«, und forderte Tel Aviv auf, »die Stigmatisierung souveräner Staaten zu beenden sowie UN-Resolutionen und die Grundsätze des Völkerrechts zu beachten«.

»Das palästinensische Volk erlebt heute einen Horror«, erklärte auch Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel zu Wochenbeginn. Er fragte, wie lange die Welt das Leiden so vieler Kinder noch mit ansehen müsse. »Diejenigen, die sich der Beendigung der Gewalt widersetzen, werden die Verantwortung für so viele Tote übernehmen müssen«, sagte Díaz-Canel. »Sie bombardieren Krankenhäuser, Moscheen und Kirchen, greifen Flüchtlingszentren an und fabulieren über eine Atombombe«, prangerte der venezolanische Präsident Nicolás Maduro am Montag in seiner Fernsehsendung »Con Maduro Más« das israelische Vorgehen an. »Die Drohungen des Ministers (Amichai Elijahu, jW) mit einem Atombombenabwurf auf Gaza sind ein Beweis dafür, dass Israel zu einer Gefahr für das Leben auf dem Planeten geworden ist«, hatte das venezolanische Außenministerium bereits einen Tag zuvor gewarnt. Auch der als eher gemäßigt geltende kolumbianische Präsident Gustavo Petro verschärfte seine Kritik. Nach Berichten über die Bombardierung des UN-Hilfswerks für Flüchtlinge in Gaza mit weißem Phosphor bezeichnete er dessen Einsatz als Kriegsverbrechen. »Kriegsverbrecher müssen unabhängig von Religion, Ideologie oder Nation vor Gericht gestellt und inhaftiert werden«, erklärte er auf X.

In der lateinamerikanischen Bevölkerung nehmen Solidarität mit Palästina und Kritik an Israel ständig zu. Die Teilnehmer einer Großdemonstration in Buenos Aires, auf der auch die Kovorsitzende der Mütter der Plaza de Mayo, Nora Cortiñas, und Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel mitmarschierten, verabschiedeten am Wochenende eine Erklärung, in der es hieß: »Es ist unvorstellbar, dass Israel vor den Augen Europas, der USA und der westlichen Mächte Bombenangriffe auf die Zivilbevölkerung in Gaza durchführen darf.« Am Copacabana-Strand in Rio de Janeiro breiteten Aktivisten weiße, rot bemalte Leichentücher mit den Namen von Kindern aus, die durch israelische Bomben getötet wurden. In Brasilien, Chile, Mexiko forderten jeweils Zigtausende Demonstranten ihre Regierungen zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Tel Aviv auf.

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