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Aus: Ausgabe vom 21.10.2023, Seite 1 / Titel
Unblock Cuba!

Fortschritt blockiert

Schaden im Wert von 160 Milliarden US-Dollar: Kubas Außenminister Rodríguez stellt Bericht vor und nennt US-Sanktionen »Akt des Völkermords«
Von Volker Hermsdorf
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Unterstützer Kubas hören nicht auf, ein Ende der Blockade zu fordern, wie hier in Spanien (Madrid 26.7.23).

Kubas Außenminister Bruno Rodríguez hat die USA wegen der seit über 60 Jahren von den USA gegen sein Volk verhängten Sanktionen angeklagt. »Die Blockade ist ein Akt des Völkermords«, erklärte er am Donnerstag (Ortszeit) in Havanna, als er einen aktuellen Bericht über deren Auswirkungen vorstellte. Demnach haben die Sanktionen zwischen März 2022 und Februar 2023 weitere Schäden in Höhe von mehr als 4,8 Milliarden US-Dollar (4,5 Milliarden Euro) verursacht. Seit ihrem Beginn fügte die Wirtschaftsblockade dem Land Verluste von rund 160 Milliarden Dollar zu. Während in der UN-Vollversammlung nahezu alle souveränen Staaten der Welt Jahr für Jahr die sofortige Beendigung der völkerrechtswidrigen Maßnahmen fordern, unterstützt lediglich Israel seit Jahren die von Washington zu verantwortende Blockade.

Monat für Monat verliert die sozialistische Inselrepublik dadurch derzeit mehr als 405 Millionen Dollar, also alle zwei Stunden eine Million, die im Gesundheitswesen und für die Versorgung der Bevölkerung mit Energie, Nahrungsmitteln und anderen überlebensnotwendigen Gütern fehlen, sagte Rodríguez zum Ausmaß der Schäden. Schätzungen zufolge hätte das Bruttoinlandsprodukt der Insel ohne US-Sanktionen bis 2022 um rund neun Prozent wachsen können. Aber allein im Energiesektor sind durch die Angriffe Washingtons zusätzliche Kosten in Höhe von mehr als 490 Millionen Dollar entstanden. Zudem erzwang die US-Regierung zwischen Januar 2021 und Februar 2023 mit 909 Maßnahmen die Annullierung von Verträgen und Dienstleistungen durch ausländische Banken. Hinzu kommen indirekte Auswirkungen zum Beispiel auf den Tourismus, die unter anderem durch die Aufnahme Kubas in die US-Liste der Länder, die den Terrorismus fördern, verursacht werden. Als Folge wird Kuba-Urlaubern seit Januar 2021 die visafreie Einreise in die USA verweigert. Als besonders »grausamen und völkermörderischen Akt« bezeichnete Rodríguez, dass Washington »während des kritischsten Moments der Covidpandemie auf der Insel die wirtschaftliche, kommerzielle und finanzielle Belagerung weiter verschärft« habe.

Der Außenminister erinnerte daran, dass sich die Ziele der Blockade seit ihren Anfängen nicht geändert haben und dazu führen sollen, Kubas finanzielle Ressourcen zu minimieren, dadurch Hunger, Not und Elend zu erzeugen, um den Sturz der Regierung zu provozieren. Im Laufe der Jahre habe die Belagerung eine tödliche Wirkung entfaltet, da sie dem Land Einnahmen entzieht, die für den Erwerb von Nahrungsmitteln, Technologie und Versorgungsgütern unabdingbar wären. Das erzeuge Engpässe, die die Bevölkerung täglich plagten und zur Auswanderung trieben, kommentierte die KP-Zeitung Granma am Freitag. »Die negativen Auswirkungen des nicht erklärten Krieges auf die Wirtschaft, die Gesellschaft und das tägliche Leben von mehr als elf Millionen Kubanern sind keinen einzigen Tag verschwunden«, so die Zeitung.

Am 1. November legt Kuba in der UN-Generalversammlung zum 31. Mal die Resolution »Notwendigkeit der Beendigung der von den Vereinigten Staaten von Amerika gegen Kuba verhängten Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade« vor, über die einen Tag später abgestimmt wird. Begleitet wird die Debatte von weltweiten Protesten gegen die tödliche US-Politik. Auch die europaweite Kampagne »Unblock Cuba« ruft im Vorfeld und nach der Abstimmung in zahlreichen Städten zu Aktionen und Kundgebungen auf.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Erich L. aus Augsburg (21. Oktober 2023 um 22:30 Uhr)
    Wie kann es sein, dass selbst die treuesten Vasallen der USA bei dieser Abstimmung gegen die USA stimmen? Meine Vermutung: Das Ergebnis ist so beabsichtigt. Warum? 1. Die Presse im »Wertewesten«, in der NATO-Ländern, ist auf Linie, die Meldung über die Abstimmung wird schlicht totgeschwiegen. Als eifriger Zeitungsleser, der täglich mindestens zwei Zeitungen gelesen hat, habe bspw. ich selber nichts davon gewusst (bis ich die JW abonniert habe). Protest in den eigenen Ländern ist nicht zu erwarten. Wenn über Kuba berichtet wird, dann wird das System dort meist als Diktatur verunglimpft und für alle Probleme verantwortlich gemacht 2. Die Abstimmung ist für den Rest der Welt, insbesondere für den globalen Süden und dessen Regierungen, gedacht. Es ist eine arrogante Machtdemonstration! Seht her, wir machen, was wir wollen. Wer nicht pariert wird abgestraft, was der Rest der Welt denkt, ist uns egal! Überlegt es euch lieber noch einmal, bevor ihr dem Beispiel Kubas folgen wollt.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Detlev S. aus Gaggenau (21. Oktober 2023 um 18:04 Uhr)
    Insidern ist bekannt, welche Auswirkungen die Sanktionen der US-Amerikaner auf Wirtschaft und Lebensqualität der Einwohner dieser kleinen Insel haben. Wer Cuba bereist und sich außerhalb der Hotelkomplexe aufhält, kann sich davon mit eigenen Augen überzeugen. Bewundernswert die Improvisationsfähigkeiten der dort lebenden Menschen; bewundernswert die »exportierte« Solidarität trotz widrigster Umstände. Die moralische Verkommenheit der zerstörerischen Maßnahmen eines Landes, welches im hiesigen Mainstream permanent als Hort der Demokratie gefeiert wird, ist in vielen Publikationen hinreichend dargelegt worden. Was meiner Ansicht nach besonders deprimierend ist: seit vielen Jahren verurteilen viele Länder diese vielen Sanktionen. Als Resultat dieser jährlich prozessierten »Verurteilung« ist lediglich eine mit konstanter Boshaftigkeit betriebene Verschärfung der Sanktionen erkennbar. Offenbar ist es den Staaten dieser Welt nicht möglich, dieses kleine Land solidarisch so zu unterstützen, dass es den Kubanern ermöglicht wird, einen Lebensstandard zu erreichen, den man als »würdig« bezeichnen kann, ähnlich dem vor 1990. Es klingt wie ein Hohn, wenn man bedenkt, dass die Sowjetunion und in ihrem Kielwasser die kleine DDR solches geschafft haben. Große Anwärter auf globale Bedeutung wie China, Russland plus die anderen, die Sanktionen verurteilenden Staaten dies aber offenbar nicht vermögen! Gelebte Solidarität erschöpft sich nicht im Heben einer Hand, gelebte Solidarität sind die Organisationen und Länder, die zum Handeln bereit sind und dies auch dauerhaft tun! Ich möchte an dieser Stelle den Menschen, welche sich aktiv der Unterstützung dieser Insel verschrieben haben, meinen tiefsten Respekt und meine höchste Anerkennung aussprechen, auch wenn selbige, außerhalb dieser Zeitung fast nie in der Öffentlichkeit Anerkennung finden.
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (20. Oktober 2023 um 22:47 Uhr)
    Kubas Leid unter Amerikas Schatten, politische Sturheit über Menschenwohl. Fakt ist: Die USA, ein Land, das sich gerne als Vorreiter für Menschenrechte sieht, hält Kuba seit den 1960er Jahren mit Sanktionen gefesselt. Diese Sanktionen treffen nicht nur die Regierung, sondern vor allem die unschuldige Bevölkerung. Medikamente, Nahrung und lebenswichtige Güter werden knapp, während die USA von ihrer moralischen Hochburg aus Kuba in eine wirtschaftliche Krise drängen. Es ist eine Geschichte von Ignoranz, Sturheit und politischem Egoismus, die sich über Jahrzehnte hinweg erstreckt. Die USA, die sich gerne als Verteidiger der Demokratie und Freiheit präsentieren, halten an ihrer beispiellosen Feindschaft gegenüber Kuba fest. Die USA predigen Freiheit, aber ihre Politik gegenüber Kuba zeigt genau das Gegenteil. Die kubanischen Bürgerinnen und Bürger leiden unter einem Mangel an grundlegenden Ressourcen, während die USA an ihrer beispiellosen Härte festhalten. Wo ist die Freiheit in diesem Szenario? Offensichtlich weniger wichtig als die sture Aufrechterhaltung einer überholten Ideologie. Die Beziehung zwischen den USA und Kuba ist ein Überbleibsel des Kalten Krieges, eine Zeit, die längst vorbei sein sollte. Aber die USA klammern sich an vergangene Feindseligkeiten und verweigern sich einem vernünftigen Dialog. Diese Hartnäckigkeit hält nicht nur die Bevölkerung Kubas in Armut gefangen, sondern zeigt auch, wie wenig sich die USA entwickelt haben, wenn es um internationale Beziehungen geht. Kuba bleibt ein trauriges Beispiel für die Schattenseiten der amerikanischen Außenpolitik – eine Politik, die mehr schadet, als nützt und die dringend überdacht werden muss.

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