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Aus: Ausgabe vom 27.09.2023, Seite 9 / Kapital & Arbeit
US-Arbeitskampf

Streikdomino in Hollywood

Drehbuchautoren zwingen Studios in die Knie. Schauspieler setzen Ausstand fort. Synchronsprecher könnten folgen
Von Alex Favalli
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Roboterhund als »Autor für emotionale Unterstützung« im Streik vor den Paramount-Studios, der Kollege hinten macht weiter

Wer entschlossen genug streikt, kann gewinnen. Nach beinahe fünf Monaten Arbeitskampf hat die Gewerkschaft der US-Drehbuchautoren, die Writers Guild of America (WGA), am Sonntag abend (Ortszeit) in Los Angeles eine »vorläufige Einigung« mit den großen Hollywood-Produzenten erzielt. Die Bosse der Alliance of Motion Picture and Television Producers (AMPTP), die gewöhnlich vor Kraft kaum laufen können, mussten klein beigeben. Über die Einzelheiten der Vereinbarung, der die Gewerkschaftsmitglieder noch zustimmen müssen, wurde zunächst Stillschweigen vereinbart. Aber die ersten Verlautbarungen der WGA klangen vielversprechend: »Wir können mit großem Stolz sagen, dass diese Einigung außergewöhnlich ist – mit bedeutenden Lohnsteigerungen und Sicherungsmaßnahmen für Autoren in jedem Sektor.«

Es ging der WGA um eine Trendumkehr. Früher langfristig beschäftigte Autoren können heute nur noch auf Gelegenheitsjobs für wenige Wochen hoffen, die zudem immer schlechter bezahlt werden. Gefordert wurde unter anderem ein erhebliches Lohnplus, wobei das mit dem erheblich relativ ist, wie Drehbuchautorin Annie Stamell auf X (früher Twitter) erklärte: »Alles, was wir fordern, sind zwei Jahresgehälter von David Zaslav verteilt auf 11.500 Mitglieder der WGA.« Der Studiochef von Warner Bros. Discovery war 2021 mit mehr als 250 Millionen Dollar der am besten bezahlte CEO in den USA.

Die Abstimmung der Mitglieder war für Dienstag (nach jW-Redaktionsschluss) angesetzt. Solange sie kein grünes Licht gegeben haben, »sind wir immer noch im Streik«, erklärte der Verhandlungsausschuss der WGA am Montag. Kein einziger Autor werde im Alleingang die Arbeit wieder aufnehmen.

US-Präsident Joseph Biden sprang schon mal auf den Zug auf und sang das hohe Lied der Sozialpartnerschaft. »Es gibt einfach keine Alternative dafür, dass Unternehmer und Mitarbeiter zusammenkommen und mit guten Absichten ein Abkommen aushandeln, das ein Unternehmen stärker macht und die Bezahlung, Zuschüsse und Würde der Beschäftigten sicherstellt«, hieß es in einem Statement des Weißen Hauses von Montag.

Für Gehaltserhöhungen, verbesserte Arbeitsbedingungen, höhere Leistungen für Gesundheits- und Rentenversorgung sowie eine Regelung für den Einsatz künstlicher Intelligenz hatten die Autoren im Mai die Arbeit niedergelegt. Ihrem Ausstand schlossen sich im Juli die 160.000 in der Gewerkschaft SAG-AFTRA organisierten Hollywood-Schauspieler an. Sie befinden sich nach wie vor im Streik und scheinen von einer zufriedenstellenden Einigung weit entfernt. Nach der Einigung rief die WGA ihre Mitglieder noch einmal zur Solidarität mit den Schauspielern auf. Wenn die Autoren sich wieder an die Tastaturen setzen, dann sicher zunächst für entsprechende Erklärungen.

Überhaupt zeigt sich mit dem Streikerfolg ein Dominoeffekt. Die WGA hatte den Sieg kaum eingefahren, als schon die nächste Berufsgruppe einen Ausstand ankündigte. Noch in dieser Woche könnten Synchronsprecher und Motion-Capture-Darsteller – vor allem im Videospielbereich tätig – die Arbeit niederlegen. Die ebenfalls von SAG-AFTRA vertretenen Beschäftigten stimmten am Montag mit 98 Prozent einem Streik zu, sollten ihre Forderungen in den bevorstehenden Tarifverhandlungen nicht erfüllt werden. Auch hier geht es um Lohnerhöhungen, soziale Absicherung und den Umgang mit künstlicher Intelligenz.

Laut Gavin Newsom, Gouverneur von Kalifornien, haben die Streiks die kalifornische Wirtschaft bislang mehr als fünf Milliarden Dollar gekostet. Weil sich die Beschäftigten der Unterhaltungsindustrie nicht gegeneinander ausspielen ließen, konnten sie zeigen, was noch vor kurzem im US-Kapitalismus nahezu unmöglich erschien. Solidarität und Organisation haben die zunächst zynisch-siegessicheren Kapitalgiganten von AMPTP in die Knie gezwungen.

»Das ist es, was Solidarität bewirken kann«, schrieb Bernie Sanders der WGA am Dienstag. »Die Gewerkschaftsbewegung wird immer stärker. Lasst uns weitermachen.« Auch die Demokratin Elisabeth Warren gratulierte mit klaren Worten: »When workers fight, workers win!«

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