Mehrheit verdient unter 20 Euro pro Stunde
Von Raphaël Schmeller
In der BRD verdient mehr als die Hälfte der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten unter 20 Euro brutto pro Stunde. Mehr als jeder Dritte bekommt sogar weniger als 16 Euro. Das geht aus einer Auswertung des Statistischen Bundesamtes hervor, die die Bundestagsfraktion der Partei Die Linke in Auftrag gegeben hat und über die das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Sonntag berichtete. Die Zahlen basieren auf einer Verdiensterhebung von Oktober 2022 und schließen die Löhne von Auszubildenden nicht mit ein.
Konkret bekommen 21,5 Millionen von 39,8 Millionen Beschäftigten einen Stundenlohn von unter 20 Euro brutto. Das macht einen Anteil von 53,9 Prozent aus. Unter 16 Euro brutto pro Stunde erhalten 13,6 Millionen und damit 34,2 Prozent der Beschäftigten. 6,6 Millionen verdienen unter 13 Euro brutto pro Stunde – das ist ein Anteil von 16,7 Prozent.
Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte gegenüber dem RND, das Lohnniveau in Deutschland sei »beschämend gering«. Weiter erklärte er: »Die Mehrheit der Deutschen verdient unter 20 Euro. Das bedeutet: Die Mehrheit der heutigen Arbeitnehmer wird im Alter keine gute Rente erhalten.«
Die gesetzliche Lohnuntergrenze in der BRD liegt derzeit bei zwölf Euro pro Stunde. Sie soll nach dem Vorschlag der sogenannten Mindestlohnkommission in zwei Schritten minimal angehoben werden: ab 2024 auf 12,41 Euro und ab 2025 auf 12,82 Euro.
Mit dieser Anpassung im Cent-Bereich wird die Anfang des Jahres vom Statistischen Bundesamt prognostizierte Explosion der Altersarmut wohl kaum verhindert werden können. Laut der Wiesbadener Behörde droht aktuell jeder dritten Frau mit einer Vollzeitarbeit auch nach 40 Arbeitsjahren eine Rente von weniger als 1.000 Euro pro Monat. Um auf eine Nettorente von 1.000 Euro oder mehr zu kommen, müssen Frauen wie Männer demnach derzeit 40 Jahre lang durchgehend 2.844 Euro brutto im Monat verdienen. Für einen Anspruch auf 1.200 Euro Rente brauchen Beschäftigte 40 Jahre lang einen Bruttomonatslohn von 3.413 Euro.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Manfred G. aus Hamburg Altona (27. September 2023 um 18:02 Uhr)Dietmar Bartsch, von Die Linke, kritisiert die niedrigen Löhne in der BRD, macht aber nix dagegen. Darum sind Bartsch und die Linke politisch und ideologisch überflüssig. Nur eine Organisation, die konkret und mit erfolgreichen Taten gegen Ungerechtigkeit und Ausbeutung kämpft, ist glaubwürdig. Alles andere sind Luftnummern, deren Halbwertzeit in Sekunden gemessen werden. Typen wie Bartsch sind mit dafür verantwortlich, dass immer noch die kapitalistische Zuckerwatte an den »Tiger« (Arbeiterklasse) verfüttert wird, damit seine Zähne für immer verfaulen.
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Leserbrief von Alfons Güntert aus Erftstadt (27. September 2023 um 11:45 Uhr)Die Lohnuntergrenze von 12 Euro ist lachhaft. Schon vor Jahren hat der Sozialbeirat der Bundesregierung gesagt, 12,50 Euro brutto reichen gerade mal, um im Rentenalter eine Grundsicherung von 688 Euro/Monat zu erreichen. Und was mit stupider Konstanz immer wieder ausgeblendet wird, ist die Teuerung und deren Auswirkung auf die Einkommen. 3sat berichtete vor Jahren über eine Initiative in der Schweiz, die dort dagegen vorgehen wollte und Gleichgesinnte suchte. Ist darüber bei Ihnen etwas bekannt? Die Diäten der Abgeordneten des Bundestags sind an die Tarifentwicklung gekoppelt. Der Beamte geht mit 80 Prozent seines letzten/höchsten Gehalts in Pension, wenn ich richtig informiert bin. Die Renten stiegen um 30 Prozent in einem Zeitraum, in dem die Diäten der MDBs um 60 Prozent stiegen. Wir wissen über alles Bescheid, aber getan wird nichts. Welche Generation ist hier gefordert?
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