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Aus: Ausgabe vom 19.09.2023, Seite 8 / Ansichten

Keine Lüge mehr

Sanktionsregime des Westens
Von Jörg Kronauer
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Hilfstransport in der Grenzstadt Malanville, Benin, am 18. August

Kann man sich lauthals zum Kampf gegen Hunger und Armut bekennen und gleichzeitig Hunderte Millionen Menschen von ihrer Versorgung abschneiden? Na klar! Die westlichen Staaten aka »Wertegemeinschaft« machen es vor. Deutschland zum Beispiel. Wohlfeile Töne, auch das eine oder andere Milliönchen hat die Bundesregierung immer wieder zur Hand, wenn sie sich damit als globale Wohltäterin aufspielen kann. Gleichzeitig geht sie mit harten Sanktionen gegen missliebige Staaten vor; oft noch weiter reichende US-Sanktionen billigt sie in der Regel umstandslos. Wen die Sanktionen treffen, das weiß man seit Jahren – die einfache Bevölkerung, die vom Zugang zu Gütern des Alltagsbedarfs, oft auch zu Nahrung, zu Medikamenten abgeschnitten wird. Jüngstes Exempel ist Niger, eines der ärmsten Länder der Welt. Millionen hungern dort bereits seit Jahrzehnten. Seit dem Putsch Ende Juli wird jetzt unter Beifall des zufriedenen Berlins mittels drakonischer Sanktionen auch noch die Einfuhr von Lebensmitteln blockiert. Man darf raten, wozu das führt.

Mit diesem schreienden Missstand hat nun eine Gruppe von elf Staaten, angeführt von Russland, die Vereinten Nationen in New York konfrontiert. Am Montag wollte die UNO auf einem eigenen Gipfel ihre Nachhaltigkeitsziele bekräftigen, deren erste zwei lauten: »keine Armut«, »kein Hunger«. Die elf Staaten kennen die Folgen von Sanktionen aus eigener leidvoller Erfahrung und dringen darauf, derlei Maßnahmen endlich einzustellen, statt sie, wie der Westen es tut, immer häufiger als Mittel des Wirtschaftskriegs zu nutzen, bevorzugt gegen ökonomisch eindeutig unterlegene Gegner – siehe Niger. Dabei wollen die elf Staaten es nicht bei Worten belassen: Sie ziehen, wie am Montag gemeldet wurde, die Blockade von mindestens vier geplanten UN-Erklärungen in Betracht, in denen – wie üblich in gedrechselten Worten mit sorgenvoll mahnendem Unterton – stolze Ziele für den Fortschritt der Menschheit verkündet werden sollten; Ziele, die für Staaten, die mit Sanktionen überzogen werden, sowieso nicht erreichbar sind. Das Motto der elf: lieber keine Erklärung als noch eine Lüge mehr.

Ob der Vorstoß vom Montag Erfolg haben wird, das ist kaum abzuschätzen. Klar ist: Es müsste sich eine größere Zahl weiterer Staaten anschließen. Klar ist aber auch: Die Stimmung beginnt zu kippen. Im Juli sprach sich der Russland-Afrika-Gipfel in seiner Abschlusserklärung explizit gegen einseitig verhängte ökonomische Zwangsmaßnahmen aus. Im August äußerte sich der BRICS-Gipfel entsprechend; am vergangenen Wochenende folgte der G77-Gipfel, dessen Abschlusserklärung immerhin von 134 Staaten und China, also von zwei Dritteln aller UN-Mitglieder, getragen wird, in denen vier Fünftel der Menschheit leben. Eine Mehrheit gegen die Sanktionskriege des Westens mit ihren oft mörderischen Folgen ist in der Staatenwelt da. Die Frage ist nur, inwieweit sie auch praktisch mobilisiert werden kann.

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Die junge Welt ist oft provokant, inhaltlich klar und immer ehrlich. Als einzige marxistische Tageszeitung Deutschlands beschäftigt sie sich mit den großen und drängendsten Fragen unserer Zeit: Wieso wird wieder aufgerüstet? Wer führt Krieg gegen wen? Wessen Interessen vertritt der Staat? Und wem nützen die aktuellen Herrschaftsverhältnisse? Kurz: Wem gehört die Welt? In Zeiten wie diesen, in denen sich der Meinungskorridor in der BRD immer weiter schließt, ist die junge Welt unersetzlich.

  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (19. September 2023 um 15:24 Uhr)
    Warum in die Ferne schweifen? Jedes dritte Kind unter 17 Jahren in den USA war noch niemals beim Zahnarzt. 35 Prozent der in den USA lebenden Menschen haben gar keine Zahnversicherung! Im für US-Zustände kommunistischen Canada zahlen Sie für eine Wurzelbehandlung am Weisheitszahn Minimum 2.500 Canadian Dollar. Vorsicht! Niemals ohne Reisekrankenversicherung in die USA! Mein Nachbar Glen hat sich in seiner Zeit als Truckerfahrer mal beim Radwechsel den Arm gebrochen (Sie glauben es nicht: Er wurde von zwei Elchen angegriffen. Mitten im Wald. Seine Liebste Freda meinte immer: Pure Langeweile, nicht der Schönheit wegen). Im Norden von Boston. Sie wollten 25.000 US-Dollar für seine Rettung. Seine Firma hat es bezahlt. Was geschah dann? Er gab auf und wurde der Manager im Liquourstore in Caledonia. Für kanadische Verhältnisse eine absolute Vertrauensperson: Nur dort gibt es offiziell Bölkstoff. Cooler Canadian Style: Wer Party macht, holt da Bier etc. Was nicht verzecht wurde, kannst du zurückbringen! Kaum zu glauben, oder? Glenford hat mir verraten: Das kam noch niemals vor … Alle lieben die Tiefe der Weiten der Wälder.
  • Leserbrief von Dirk B. aus Berlin (19. September 2023 um 09:05 Uhr)
    Können sie die 11 Länder auch benennen? Dann würde nämlich klar werden, dass dies fast ausschließlich Länder sind, welche totalitär geführt werden, und die eigene Bevölkerung keinen Cent wert ist! Sollen wir wirklich eine Zukunft unter Despoten und Diktatoren begrüßen? Das ist fern jeglicher linken Ideologie!
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Reinhard W. aus Hamburg (19. September 2023 um 14:00 Uhr)
      Ich erinnere mich da an eine Chemiekatastrophe in einem nordamerikanischen Land, deren Ausmaß mit Hiroshima verglichen wurde. Die Opfer erhielten bis heute »keinen Cent«. In Hawaii erhielten manche Opfer wenigstens 700 Dollar pro Nase, was grob die Hotelkosten für zwei Nächte abdeckte. In Russland erhielten Opfer des Krieges in Mariupol, die aufgrund von ukrainischem Beschuss alles verloren hatten, eine komplett neue Wohnung. Geschenkt. In China sind rund 80 Prozent der Menschen der Meinung, in der besten Demokratie der Welt zu leben. Von diesen Zustimmungswerten können die ach so demokratischen, westlichen Staaten nur träumen.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Erich L. aus Augsburg (18. September 2023 um 23:48 Uhr)
    Mit den Sanktionen wird nicht nur der Hungertod von vielen Unschuldigen in Kauf genommen. Nein, es ist der Sinn dieser Sanktionen, dass die Menschen sterben. Es ist Krieg. »Nur« Wirtschaftskrieg zwar. Aber trotzdem gibt es Tote, viele Tote. Wie nennt man bei uns Menschen, die dafür sorgen, dass andere sterben? Aus niederen Beweggründen, aus reinen Profitinteressen? Das Wort fängt mit M an und hört mit r auf.

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