Erfolg nicht in Sicht
Von Jörg Kronauer
Mit dem UN-Nachhaltigkeitsgipfel hat am Montag in New York eine Reihe prominenter Zusammenkünfte der Vereinten Nationen begonnen. Der Gipfel sollte zur Halbzeit der Agenda 2030 eine Zwischenbilanz zu den 17 Zielen ziehen, zu deren Verwirklichung sich die UN-Mitgliedstaaten im Jahr 2015 verpflichtet haben. Zu ihnen zählen etwa die Beseitigung von Armut und Hunger, die Geschlechtergleichheit und eine ökologische Transformation. Ein Erfolg ist nicht in Sicht, zuletzt hat sich die Lage sogar wieder verschlechtert. Nur 15 Prozent der Ziele scheinen nach aktuellem Stand erreichbar. Bei 30 Prozent werden Stagnation oder gar Regression konstatiert. Ändert sich nichts, werden im Jahr 2030 nach UN-Prognosen 575 Millionen Menschen in extremer Armut leben und mehr als 600 Millionen Menschen hungern. UN-Generalsekretär António Guterres wollte sich für eine stärkere Unterstützung für Entwicklungsländer einsetzen. Diskutiert werden neue Weltbank-Kredite – die westlichen Staaten befürworten sie zur Zeit, um die Bedeutung chinesischer Kredite zu schmälern.
Auf den Nachhaltigkeitsgipfel soll am Mittwoch ein UN-Klimagipfel folgen, auf dem über den Klimanotstand gesprochen werden soll. Bereits am Montag demonstrierten in New York Zehntausende für einen schnellen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe und wiesen dabei auf die Hitzewellen, Stürme und Flutkatastrophen der vergangenen Monate hin. Darüber hinaus beginnt am heutigen Dienstag die diesjährige Generaldebatte der UN-Generalversammlung, zu der bis zum Dienstag nächster Woche rund 140 Staats- und Regierungschefs erwartet werden. Noch vor US-Präsident Joseph Biden ist am Dienstag der brasilianische Regierungschef Luiz Inácio Lula da Silva angekündigt. Auf ihn folgen Biden sowie etwas später der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij. Spät am Nachmittag (Ortszeit) hält auch Bundeskanzler Olaf Scholz seine Rede. Für Sonnabend ist ein Auftritt von Russlands Außenminister Sergej Lawrow angekündigt. Wild spekuliert wurde vorab, ob es am Rande der Generalversammlung zu einem Zusammentreffen von Selenskij und Lawrow kommen könne. Selenskij hatte am Wochenende Wladimir Putin als »zweiten Hitler« beschimpft und für den Fall einer Niederlage der Ukraine vor weiteren russischen Invasionen und einem »dritten Weltkrieg« gewarnt.
Bereits vor dem Beginn der UN-Generaldebatte entbrannte die Diskussion über eine Reform des UN-Sicherheitsrats neu. Die Bundesrepublik, die am Montag abend in New York in Anwesenheit von Scholz den 50. Jahrestag ihres Beitritts zu den Vereinten Nationen feierte, fordert seit vielen Jahren einen ständigen Sitz mit Vetorecht im Sicherheitsrat. Der ehemalige deutsche UN-Botschafter und heutige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, sprach sich am Montag zwar für »eine stärkere Berücksichtigung Lateinamerikas, Asiens und vor allen Dingen Afrikas« in dem Gremium aus, erklärte jedoch, er halte die Berliner Forderung für nicht mehr realisierbar. Statt dessen solle Frankreich »seinen Sitz als einen europäischen Sitz zur Verfügung« stellen. Warum Frankreich Interesse haben könne, seinen eigenen Einfluss zu verringern, erläuterte Heusgen freilich nicht.
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