Angriff auf Sewastopol
Von Reinhard Lauterbach
Die Ukraine hat in der Nacht zum Mittwoch zwei Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte im Hafen von Sewastopol beschädigt. Laut russischen Medien handelt es sich dabei um das Landungsschiff »Minsk« und ein dieselgetriebenes U-Boot der »Warschawjanka« (NATO-Bezeichnung: KILO)-Klasse, beide lagen zur Reparatur im Trockendock. Nach Angaben des russischen Gouverneurs von Sewastopol wurden bei dem Angriff zwei Menschen getötet und 24 verletzt, er erfolgte gegen drei Uhr nachts mit Marschflugkörpern des britischen Typs »Storm Shadow«. Von zehn abgefeuerten Projektilen habe die Flugabwehr sieben vor dem Einschlag abgeschossen, drei hätten jedoch ihre Ziele getroffen.
Der operative Verlust für die Schwarzmeerflotte ist offenbar erheblich. Aus russischen Analysen geht hervor, dass U-Boote wie das jetzt beschädigte wesentliche Träger für die Raketen sind, die vom Schwarzen Meer aus auf Ziele in der Ukraine abgefeuert werden – besonders entlang der Küste. Die Schwarzmeerflotte hatte ursprünglich sechs »Warschawjanka«-U-Boote, nach dem gestrigen Schlag sind nur noch drei davon einsatzbereit: Ein Boot liegt zur Reparatur in Kronstadt bei St. Petersburg, ein anderes patrouilliert im Mittelmeer und kann aufgrund der seitens der Türkei verhängten Sperre vor den Dardanellen und am Bosporus nicht ins Schwarze Meer zurück. Die Überwasserschiffe der Schwarzmeerflotte dagegen beschießen Ziele in der Ukraine nach Angaben russischer Militärkorrespondenten nur noch aus größerer Entfernung. Dazu habe sich die Führung der Schwarzmeerflotte gezwungen gesehen, nachdem das Flaggschiff der Flotte, der Raketenkreuzer »Moskwa«, im April 2022 durch eine ukrainische Antischiffsrakete versenkt worden war.
Russland scheint im Schwarzen Meer zuletzt weitere Rückschläge erlitten zu haben. Die Ukraine meldete am Montag, dass ihre Spezialkräfte inzwischen alle vier Gasbohrplattformen westlich der Schwarzmeerhalbinsel zurückerobert hätten, die Moskau im Zuge der Angliederung der Krim unter seine Kontrolle gebracht hatte. Die Plattformen hatten seit dem russischen Einmarsch vor allem als Standorte für Radars und Geräte zur elektronischen Kriegführung gedient. Nach ukrainischen Angaben wurden bei der Rückeroberung der Plattformen auch moderne russische Radars der »Newa«-Klasse erbeutet. Das ukrainische Portal delo.ua schrieb, mit dem Verlust der Plattformen seien nicht nur die Aufklärungsmöglichkeiten der russischen Schwarzmeerflotte über die Schiffsbewegungen vor der ukrainischen Küste erheblich schlechter geworden, unter Kiews Kontrolle könnten die Plattformen jetzt ebenso wie zuvor zugunsten Russlands als Stützpunkte für die Rückeroberung der Krim dienen – so etwa als Auftankplätze für Kampfhubschrauber.
Russische Medien haben die Vorfälle rund um die Bohrtürme bisher gar nicht oder nur in Anspielungen gemeldet, daraus ging nicht hervor, in wessen Hand die Anlagen sich aktuell befinden. Der US-amerikanische Propagandasender Radio Liberty hat lediglich gemeldet, was der ukrainische Militärgeheimdienst zu dieser Sache publiziert hat – ohne sich den Inhalt dieser Mitteilungen zu eigen zu machen. Wenn die Meldungen aus Kiew zutreffen, dürfte es für Russland künftig erheblich schwieriger, wenn nicht gar unmöglich werden, den Schiffsverkehr in die ukrainischen Schwarzmeerhäfen – und damit auch den Getreideexport – zu unterbinden.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (15. September 2023 um 13:14 Uhr)Glückwunsch, Herr Lauterbach, mit einem Nebensätzchen ins Wespennest gestochen!
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Leserbrief von Al Teich aus Berlin (14. September 2023 um 12:51 Uhr)Schon traurig, wie solch ein Artikel wahre Kontroversen auslöst, während die täglichen Luftangriffe von russischer Seite auf ukrainische Ziele zum Hintergrundrauschen verkommen. Aber die Ukraine kämpft ja wahrscheinlich nur einen dreckigen Stellvertreterkrieg, geführt von Bandera-Nazis, gegen die Visionäre einer bipolaren Welt …
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (14. September 2023 um 13:26 Uhr)Dann reden Sie doch mal mit den Geflohenen! Haben Sie eine Vorstellung, was da seit 2014 an Massenmord stattfand? Mit Leuten wie Ihnen können die Zehntausende Opfer ab wann wieder reden? In einhundert Jahren? (…) Sie haben keine Freundinnen und Freunde aus der Diaspora? Die heute noch in Kiew leben? Sie haben dort keine Freundinnen und Freunde? Sie glauben es nicht: Da sind Nazis wieder durch die Straßen gezogen! Das ist Realität in Kiew!
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Michael S. aus Bonn (14. September 2023 um 11:53 Uhr)»Wenn die Meldungen aus Kiew zutreffen, dürfte es für Russland künftig erheblich schwieriger, wenn nicht gar unmöglich werden, den Schiffsverkehr in die ukrainischen Schwarzmeerhäfen – und damit auch den Getreideexport – zu unterbinden.« Schiffsverkehr in die ukrainischen Häfen und Export? Im Übrigen schafft es kein Schiff innerhalb der Verzögerungszeit von Satellitenübertragungen durchs Schwarze Meer. Und die Russen haben Satelliten. Ehrlich gesagt haben sie die Raumfahrt sogar erfunden.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Christoph V. aus 53227Bonn (14. September 2023 um 12:50 Uhr)Russland hat das nie beabsichtigt und sie nicht versucht/vollzogen, diese »Unterbindung« diverser Exporte. Es ist einfach nicht wahr. Es gäbe auch keinen einzigen (!) sinnigen Grund. Höchstens Demonstration von militärischen Fähigkeiten. Entsprechende Schiffsrouten/Häfen wurden von der Ukraine selbst vermint zu Beginn des Krieges. Und wem nutzt die PR um Getreide und Hunger? Aber ja, PR geht ja auch ohne jede sachliche Grundlage. Es sind die »Sanktionen«, die tatsächlich die Ärmsten der Welt treffen. Die ukrainischen Böden/Ernten sind in der Hand der Agrarmultis. Und ja, danke an den Leserbriefschreiber mit seinen Verweisen auf die oligopolistische Struktur des Getreide-»Weltmarktes«. Die ökonomischen Strukturen holen einen immer auf den Boden der Tatsachen … der Rest ist PR. Die Getreidepreise im freien Fall. Was den Ärmsten nicht hilft. Christoph Vohland, Bonn
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Leserbrief von A. Koslowski aus Berlin (14. September 2023 um 11:58 Uhr)Nein, die Sowjetunion hat die Raumfahrt erfunden unter ukrainischer Leitung.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (14. September 2023 um 13:47 Uhr)Wars denen damals wichtig? Eine Union kann nix erfinden. Das war das Korolkollektiv. Und nun: Niemand weiß, dass es mal zum Mars, mal zum Mond geht. Warum auch? Oder nicht. (…)
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Leserbrief von Lisa Kerner aus Berlin (14. September 2023 um 11:33 Uhr)Solange der tuwinische Jäger Verteidigungsminister ist und im Verteidigungsministerium und in der Regierung viele »Farbblinde« von wegen Roter Linie und auch Alzheimerbefallene sitzen, die vergessen, was sie gestern gesagt haben, wird es keinen Sieg für Russland geben. Leider!
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Leserbrief von A. Koslowski aus Berlin (14. September 2023 um 11:56 Uhr)Diese Kriegshetze ist schwer zu ertragen. Wichtig für das russische Volk ist in erster Linie Frieden und nicht irgendein »Sieg« der Kremlclique und in zweiter Linie, dass das russische Volk diese Clique loswird.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (14. September 2023 um 11:23 Uhr)Was beabsichtigt die Ukraine mit dieser Art von »propagandistischer Kriegsführung«, sei es eine kurzzeitige Bootslandung auf der Krim, die Überquerung des Dnjepr mit Gummibooten oder sogar das Teilen von kurzen Selfies auf russischen Bohrungsplattformen? Offensichtlich geht es dabei nur um reine Propaganda, die in der realen Kriegsführung keine konkreten Ergebnisse erzielt! Möglicherweise versuchen sie auf diese Weise lediglich, ihre Sommeroffensive zu verschleiern, die offensichtlich nicht den gewünschten Erfolg erzielt hat. Dadurch möchten sie sowohl im In- als auch im Ausland eine weitere unerschütterliche Kampfbereitschaft signalisieren. Aber mehr steckt wohl nicht dahinter.
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Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (14. September 2023 um 06:51 Uhr)Zitat: »Wenn die Meldungen aus Kiew zutreffen, dürfte es für Russland künftig erheblich schwieriger, wenn nicht gar unmöglich werden, den Schiffsverkehr in die ukrainischen Schwarzmeerhäfen – und damit auch den Getreideexport – zu unterbinden« – Die Empfänger der Getreidelieferungen, die darauf warten, können sich das nur wünschen!
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Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (14. September 2023 um 11:17 Uhr)Wer sich hier freut, sind nur zu drei Prozent Länder, in denen Hunger herrscht. 97 Prozent der Lieferungen gingen anderswo hin. Vor allem freuen sich die spanischen Schweine, an die das Getreide verfüttert wird. Guten Appetit! Russland will riesige Mengen an Getreide an die Hungerstaaten verschenken. Aber das verhindert die »freiheitlich demokratische Grundordnung« durch völkerrechtswidrige Sanktionen. Betreffs Nordkorea haben die USA unerwartet dann doch wieder das Völkerrecht entdeckt und an Festlegungen des Weltsicherheitsrats erinnert, während sie gleichzeitig das Völkerrecht täglich mit Zehntausenden Einzelsanktionen permanent brechen. Die Hungernden in der Welt würden sich freuen, wenn das endlich aufhören würde. »Der weltweite Exportmarkt von Agrarprodukten wird maßgeblich von vier Monopolen kontrolliert und abgewickelt: Cargill, Archer Daniels Midland, Louis Dryfus Company und Bunge. Diese vier familiengeführten Konzerne, bekannt auch als ABCD-Gruppe, teilen siebzig Prozent der Weltmarktanteile unter sich auf. Aus der als humanitär angekündigten Aktion, die Ausfuhren aus der Ukraine in die Hungerregionen vor allem nach Afrika zu ermöglichen, ist ein höchst profitables Geschäft für Spekulanten, Versicherungen, internationalen Agrarmonopolen und ukrainischen und türkischen Oligarchen geworden.« (Rote Fahne, 6.09.2022)
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Ulf G. aus Hannover (15. September 2023 um 11:30 Uhr)Ja, dass Getreidelieferungen aus der Ukraine irgendwo auf der Welt den Hunger lindern sollen, ist wohl eher kleiner Nebeneffekt. Es wäre noch daran zu erinnern, dass das ukrainische Getreide im kriegstreiberischen Polen unerwünscht ist, da es dort zu Preisverfall und somit zur Existenzgefährdung polnischer Bauern beiträgt. Also muss das ukrainische Getreide aus Polen raus und irgendwo anders hin exportiert werden. Zudem: Die kriegstreiberische EU ächzt unter den Milliarden, mit denen sie die Ukraine subventionieren muss. Den Kriegstreibern ist der Krieg zwar ganz lieb, allerdings nur solange die eigenen Kosten nicht zu sehr in die Höhe gehen, und vor allem dazu braucht die Ukraine Exporteinnahmen. Schließlich will Russland Sprengstoffspuren in vorgeblich ach so zivilen Getreidefrachtern entdeckt haben, die zuvor in ukrainische Häfen angelegt hatten. Wie bitteschön soll der Krieg in der Ukraine intensiviert werden, wenn man nicht mal mehr mit Getreidfrachtern Kriegsgerät in die Ukraine schaffen kann?! Derlei Überlegungen dürften als die entscheidenderen hinter dem Trara um die Sicherung des ukrainischen Getreideexports stehen. Na denn, man muss der Ukraine einen Erfolg zugestehen. Für die dritte Welt wird das nun bald uranvergiftete ukrainische Getreide schon noch gut genug sein.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Stephan K. aus Neumarkt i.d.OPf. (13. September 2023 um 20:21 Uhr)Woher stammen diese Meldungen, die aus westlicher Sicht echte Jubelmeldungen sind? Auf der Seite der Tagesschau finde ich sie nicht. Sind die seriös verifiziert? Auf heute.de sind sie vorhanden. Ich frage mich allerdings, wie ist es um Moral und Handlungsfähigkeit von Streitkräften bestellt, die die Bohrplattformen – inklusive russischer Militärtechnologie – intakt dem Gegner überlassen? Eigentlich beinahe unvorstellbar.
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Leserbrief von A. Koslowski aus Berlin (14. September 2023 um 09:55 Uhr)Der Schutz von Nahrungsmittellieferungen vor Piraten (die selber mehr als genug zu essen haben), ist eine Jubelmeldung aus Sicht aller Menschen, die hin und wieder Hunger haben, nicht »aus westlicher Sicht«.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Stephan K. aus Neumarkt i.d.OPf. (15. September 2023 um 08:50 Uhr)Menschen, die Hunger haben, können nur auf das Ende dieses wie aller Kriege hoffen. Wenn sie die Möglichkeit haben, auch dafür kämpfen. Ich teile in vielen Punkten die Sichtweise vieler Länder des globalen Südens auf diesen Krieg: Der Westen wollte ihn, dennoch ist man unglücklich darüber, dass Russland den Fehdehandschuh aufnahm und ihn nun seinerseits führt. Fast niemand wünscht eine russische Niederlage. Weil die größte globale Krake sich dann weiter ausdehnt, die Gefahr eines Krieges mit/gegen China wächst, die Welt von der Option der Multipolaren Welt wieder ein großes Stück entfernt wird. Was ja auch der Sinn dieses Krieges aus westlicher Sicht ist. Nur eine friedliche Weltordnung kann den Hungernden und auch der Umwelt (Klima) helfen. Niemand – der einen Rest von Verstand und Überlebenswillen hat – wünscht einen Weltkrieg, an dessen Rand oder Anfang wir uns befinden. Noch ist der Brand löschbar. Es dürfte klar sein, welche Waffen fliegen, wenn Russland an den Rand einer Niederlage kommen sollte? Das sollte nicht einmal jemand wollen oder auch nur riskieren, der ohne Wenn und Aber Partei für die Ukraine bezieht und in Russland die Wurzel aller Übel sieht.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Michael S. aus Bonn (14. September 2023 um 11:50 Uhr)Sie lesen junge Welt, und gehen trotzdem davon aus, dass Getreidelieferungen der Ukraine irgendwo Hunger stillen. Dazu ist der ukrainische Anteil ehrlich zu unbedeutend, ganz davon abgesehen, dass bisher das Getreide, das über das Meer geliefert wurde, eben nicht nach Afrika usw. ging.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (14. September 2023 um 17:38 Uhr)Vielen, vielen Dank! Hier fehlt so oft die klare Ansage!
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (14. September 2023 um 11:46 Uhr)Aha. Können Sie lesen? Dann ist Ihnen bekannt, dass die nötigen Exporte aus der Russländischen Föderation weiterhin sanktioniert sind? Weltweit sogar? Mit absolut schrägen Fehlleistungen: Der Verkauf der Wodkasorte Moskowskaja (korrekte Betonung: zweite Silbe) wurde bei Edeka, Reweusw. eingestellt. Da bin ich grüblerisch und frage Herrn Edeka: »Den Gorbatschoff fakaufense noch, oda?« Er: »Abba klar! Der is doch kein Russe!« Klingt zielführend. Für meinen Geschmack etwas zu baerbockig, abba entspricht dem, was wir in einigen Jahren die Habeckdoktrin nennen werden: Eine Gestalt mit seltsamem Sendungsbewusstsein hat es erreicht, die Preise in astronomische Höhen zu treiben. Wussten Sie, dass diese Fachkraft nicht mal Russisch spricht? Also nicht einmal über Fakten redet, die ihm keine dritte Person in den Mund gelegt hat? (…)
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