Kündigung bleibt unzulässig
Von Tom Wills
Es ist eine weitere Niederlage für den Staatssender: Die Deutsche Welle (DW) hat unrechtmäßig der palästinensischen Journalistin Farah Maraqa gekündigt, die vom Sender des Antisemitismus bezichtigt worden war. Das hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am Mittwoch entschieden und damit die Berufung des Senders gegen ein früheres, ebenfalls für Maraqa ausgefallenes Urteil in dem Fall verworfen. Die Palästinenserin war eine von insgesamt sieben arabischen Journalistinnen und Journalisten, die im vergangenen Jahr von der Deutschen Welle entlassen worden waren.
Im Zentrum der Vorwürfe des Antisemitismus, die gegen Maraqa erhoben worden waren, stehen satirische Artikel, die sie aus Jordanien für das Onlineportal Raialyoum verfasst hatte, bevor sie zur Deutschen Welle wechselte. Aufgrund dessen können jene Artikel der Journalistin nicht als Bruch des Arbeitsvertrags mit dem deutschen Sender gewertet werden, sagte die Richterin am Mittwoch. »Wir sind sehr froh über die Entscheidung und wir hoffen, dass DW das Urteil nun akzeptieren wird«, sagte Maraqas Anwalt, Hauke Rinsdorf, nach der Verkündung der Entscheidung gegenüber junge Welt.
Die Richterin fügte hinzu, dass der maßgeblich aus Mitteln des Bundeshaushalts finanzierte Auslandssender bewusst Falschinformationen an den Personalrat weitergegeben habe, um den Rauswurf von Farah Maraqa zu begründen. So habe DW fälschlicherweise behauptet, die Journalistin habe auch nach ihrer Anstellung per Twitter Hyperlinks zu den in Frage stehenden Satireartikeln veröffentlicht. Während der Verhandlung hatte ein vom Sender berufener Zeuge vor Gericht ausgesagt, dass diese Behauptung falsch war und dass ein interner Bericht das Gegenteil davon festgehalten habe.
DWs Behauptung, Maraqas Artikel für den jordanischen Sender seien antisemitisch, basieren auf einer Recherche der Süddeutschen Zeitung. Das sei laut Deutscher Welle in einem durch den in Israel aufgewachsenen arabischstämmigen Psychologen Ahmad Mansour und seine Frau Beatrice von der »Mansour-Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention« – zusammen mit der früheren Bundesjustizministerin und jetzigen NRW-Antisemitismusbeauftragten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) – erstellten Bericht bestätigt worden.
Dem Verteidiger Rinsdorf hatte jedoch ein Dokument vorgelegen, das dies widerlegt: ein Papier von Moshe Zuckermann, emeritierter Professor für Geschichte und Philosophie an der Universität von Tel Aviv. In der Stellungnahme, die junge Welt vorliegt, schreibt Zuckermann, der auch Autor dieser Zeitung ist, über ein Zitat aus einem von Maraqas angegriffenen Texten: »Es geht hier um eine negative Position Israel gegenüber. Sie ist als solche noch nicht antisemitisch.« Eine Anfrage bei Deutsche Welle blieb bis jW-Redaktionsschluss am Mittwoch unbeantwortet.
Aktualisierung vom 29. Juni 2023: In einer früheren Fassung hieß es, die Journalistin Farah Maraqa habe die Texte, an denen die Deutsche Welle Anstoß nahm, für das jordanische Medium Roya verfasst. Das ist unzutreffend. Tatsächlich hatte Maraqa die betreffenden Beiträge für das Onlineportal Raialyoum verfasst. Im selben Artikel heißt es zudem, Maraqas Verteidiger habe eine Stellungnahme des israelischen Historikers Moshe Zuckermann im Prozess gegen Maraqa verwendet. Das ist nicht korrekt. Tatsächlich lag dem Anwalt das Dokument vor, wurde von diesem jedoch nicht in das Verfahren eingebracht. Wir bitten, die Fehler zu entschuldigen. (jW)
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