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Aus: Ausgabe vom 27.05.2023, Seite 8 (Beilage) / Wochenendbeilage

Limetten mit Zucker und Bier

Von Maxi Wunder

»Eimer.« Roswitha atmet hörbar aus. Wir meditieren regelmäßig auf dem Teppichboden. Unser Mantra lautet »Eimer«. »Warum gerade Eimer?« fragte mich letztens meine Freundin Viola. »Da gibt's doch schickere Wörter wie ›Om!‹« – »Nein, ›Om‹ sagen die Hindus, das ist bei denen der göttliche Urklang. Dürfen wir als Westler nicht, denn das wäre kulturelle Aneignung. Deswegen sagen wir ›Äm‹, wenn wir nicht weiterwissen. Zum Beispiel: ›Ich halte die Lieferung von – äm – Kampfjets F-16 an die Ukraine für eine – äm – nicht so tolle Idee.‹« Anstatt das witzig zu finden, fragt mich Viola: »Bist du jetzt rechtsoffen?«

Ärgerlich. Aber das kommt von den Nachrichten. Rossi nennt es nur noch Propaganda. TV, Radio, Zeitung – alles wird in der Plauener Kommune in rauhen Mengen konsumiert, hauptsächlich aus Schiss vor einem Atomkrieg. Für TV und Radio gibt es zwar Kopfhörer, doch Udo ist im 20. Jahrhundert sozialisiert, wie er stets betont, das heißt, er dreht voll auf, und zwar ausgerechnet Deutschlandfunk. Im gleichen Zimmer steht die Glotze. Wenn Doris von der Arbeit kommt, möchte sie gerne »Heute« gucken. Schon gibt’s Knatsch, sie wurde nämlich auch im 20. Jahrhundert sozialisiert. Um der Medienkakophonie zu entgehen, habe ich mir Noise canceller besorgt, seitdem lese ich in Ruhe meine »Holzmedien«, also Emma und ND als Print. Rossi verzieht sich mit ihrem Laptop in die Mädchenkammer und schaut Russia Today. So hat uns die vierte Gewalt entzweit, oder besser: gevierteilt. Klar, dass es so nicht weitergehen konnte.

Doris, die manchmal Bäume umarmt, hatte zum Glück eine Idee. Wir sollten gemeinsam meditieren. Eine Kollegin aus dem Jobcenter riet ihr dazu. Es gehe darum zu entspannen, indem man nichts mehr denkt. An gar nichts denken geht aber nicht, deshalb soll man sich einen leeren Eimer vorstellen. Falls sich Gedanken aufdrängen, diszipliniert man sich mit dem lauten Aussprechen des Wortes »Eimer«, und da kommen die Gedanken dann rein. »Und stellt ihr euch alle denselben Eimer vor?« will Viola wissen. »Natürlich nicht, das gäbe doch sofort wieder Streit. Der eine will einen grünen, die andere keinen aus Plastik … Jede hat ihren eigenen, und wie der aussieht, ist top secret. Roswitha hat mir am Anfang mal erzählt, dass sie sich einen in Rosa vorstellt mit aufgeklebten Prilblumen. Davon konnte ich mich gedanklich nicht mehr lösen und hab’ die ganze Zeit innerlich zu Rossis Eimer rübergeschielt.« – »Na und?« – »Sie hat es gemerkt und mich laut gefragt: ›Was glotzt du?‹ Damit war die Meditation quasi im Eimer. Aber inzwischen kriegen wir es hin. Doris sagt am Anfang immer: ›Wir atmen ganz langsam aus und lassen dabei alles los, was nicht zu uns gehört.‹ Udo meinte, daraufhin habe er mal die Umrisse der BRD in den Eimer fliegen sehen.« – »Vielsagende Vision.« – »Ja, aber in Udos Eimer war auch was drin!«

Bierinha

Vier Biolimetten in grobe Stück schneiden. Limettenstücke und sechs EL Rohrohrzucker in einen Eimer geben, mit einem Stößel fest zerdrücken. Crushed Ice darübergeben, mit kaltem Kristallweizenbier auffüllen. Auf Gläser verteilen. – Frohe Pfingsten!

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