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Aus: Ausgabe vom 27.05.2023, Seite 4 / Inland
Nach Wahl in Bremen

Selbstbewusste Regierungslinke

Wieder mal »sozial gestalten«: Linkspartei in Bremen mit Volldampf Richtung Neuauflage von »rot-grün-rotem« Bündnis unterwegs
Von Kristian Stemmler
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Mitte, Linke, linke Mitte: Anna Fischer, Landessprecherin der Partei Die Linke, beim Parteitag am Donnerstag in Bremen-Gröpelingen

Der Fortsetzung der »rot-grün-roten« Koalition in Bremen nach der Landtagswahl am 14. Mai steht – bis auf die Koalitionsverhandlungen – nichts mehr im Wege. Nach der einstimmigen Entscheidung des Landesvorstandes der SPD für eine Neuauflage des Bündnisses am Mittwoch gab ein außerordentlicher Parteitag des Bremer Landesverbandes der Partei Die Linke am Donnerstag abend mit großer Mehrheit den Weg frei für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. Die Zustimmung der ob ihres schlechten Wahlergebnisses durchgeschüttelten Grünen, die am Samstag auf einer Landesmitgliederversammlung die Koalitionsfrage beraten, gilt als ebenso sicher wie die der Linkspartei. Am Dienstag nach Pfingsten sollen dann die Gespräche zwischen den drei Parteien beginnen.

Die Kolandessprecherin der Linkspartei, Anna Fischer, sprach von einem »sehr klaren Votum« des Parteitags. Die Linke in Bremen, die sich nach einem vorübergehenden Abrutschen in einigen Umfragen kurz vor der Wahl wieder stabilisiert hatte, gehe selbstbewusst in die zweiten Koalitionsverhandlungen und werde »einen Schwerpunkt darauf legen, stattfindende oder anstehende Prozesse gesellschaftlichen Wandels sozial zu gestalten«. Sie könne keinen Grund erkennen, nicht in Koalitionsverhandlungen zu gehen, erklärte auch Spitzenkandidatin und Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt. Es sei wichtig, dass es eine linke Kraft in Bremen gebe.

Kolandessprecher Christoph Spehr kündigte an, dass die Forderung seiner Partei nach einem kostenlosen ÖPNV für Bremen in den Koalitionsverhandlungen vertieft werde. Im Sondierungsgespräch mit SPD und Grünen am Montag sei darüber noch nicht gesprochen worden. Die Linke will sich außerdem für den Ausbau der medizinischen Versorgung und des sozialen Wohnungsbaus einsetzen. Die beiden Senatorinnen Kristina Vogt (Wirtschaft) und Claudia Bernhard (Gesundheit) sollen ihre Ressorts behalten.

Für den Politikwissenschaftler Andreas Klee ist die Entscheidung für eine Fortsetzung von »Rot-Grün-Rot« Folge einer strategischen Abwägung der SPD. Sie sei erwartbar gewesen, sagte er am Donnerstag dpa. Es habe auf der Hand gelegen, »dass die SPD lieber mit den zwei schwächeren Partnern zusammengehen würde«. In der Sondierung hätten die Grünen anscheinend signalisieren können, dass sie trotz ihrer Stimmverluste – sie hatten bei der Wahl über fünf Prozent verloren – weiter ein »stabiler Partner« seien. »Es ist ein Weiter so«, sagte Klee über die Aussichten für Bremen. Die erstarkte SPD werde aber darauf dringen, dass mehr ihrer Vorhaben umgesetzt werden. Ein Signal des Aufbruchs könne derzeit nur über personelle Veränderungen im Senat gegeben werden.

Wie die Linken sind auch die angeschlagenen Grünen bereit, die Koalition mit den Sozialdemokraten fortzusetzen. Vorstandssprecher Florian Pfeffer erwartet ein eindeutiges Ja von der Mitgliederversammlung am Samstag. »Die Alternative wäre, nicht gestalten zu können. Das wird auch keiner wollen«, sagte er. Trotz der Stimmverluste bei der Wahl wolle man weiter für grüne Positionen kämpfen, weil die kommenden Jahre »die entscheidenden beim Klimawandel sein werden«, so Pfeiffer.

Mit dem Votum für eine Fortsetzung von »Rot-Grün-Rot« entschied sich die Bremer SPD gegen eine ebenfalls mögliche Koalition mit der CDU. Deren Spitzenkandidat Frank Imhoff reagierte enttäuscht auf die Absage. Bürgermeister Andreas Bovenschulte habe sich »gegen einen echten Aufbruch und für ein bequemes ›Weiter so‹ entschieden«, sagte er laut dpa. Die Sorge der CDU um die Lage in den Schulen und Kitas, bei der inneren Sicherheit und der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung des Landes werde »jetzt noch größer«, so Imhoff.

Aus »der Wirtschaft« gibt es bereits die ersten Vorgaben für den neuen Senat. Die Handelskammer Bremen erklärte, sie wünsche sich von der neuen Landesregierung den Abbau von Bürokratie. »Für die Unternehmen im Land Bremen ist wichtig, dass sie wieder mehr Gestaltungsfreiraum für unternehmerisches Handeln haben«, dekretierte Kammersprecher Stefan Offenhäuser. In der kommenden Legislaturperiode müsse »dringend an der Beschleunigung von Genehmigungs- und Planverfahren gearbeitet werden«.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Christel H. aus Aschersleben (27. Mai 2023 um 12:15 Uhr)
    Es ist doch schön, dass sehr wahrscheinlich dasselbe Personal wieder in den warmen, gut besoldeten Sesseln landet. Ich gehe davon aus, dass die Bremer Bürger nicht wirklich positive Veränderungen von der neuen Landesregierung erwarten. Zu den Sprechblasen der Bremer CDU wäre zu bemerken, dass sie die Sorge um die Lage der Bremer Schulen und Kitas nur solange umtreibt, wie sie in der Opposition ist.

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