Die Dinge beim Namen nennen
Von Hellmut KapfenbergerZwischen 1970 und 1973 war Hellmut Kapfenberger, geboren 1933, für den Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienst (ADN), der Nachrichtenagentur der DDR, und für Neues Deutschland Korrespondent in Hanoi. Reportagen von ihm aus dieser Zeit sind versammelt in dem Buch »Vietnam 1972. Ein Land unter Bomben. Mit Notizbuch und Kamera im Norden unterwegs«, das in diesen Tagen im Verlag Wiljo Heinen erscheint. Wir veröffentlichen an dieser Stelle mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verleger den »Prolog« zu den Notizen und Reportagen. (jW)
Am 13. August 1945 rief eine Konferenz der Indochinesischen Kommunistischen Partei (IKP), der Initiatorin und führenden Kraft der 1941 gegründeten Liga für die Unabhängigkeit Vietnams (Viet Minh), zum allgemeinen Aufstand auf. Schon am 2. September konnte der gerade berufene Ministerpräsident Ho Chi Minh in der am 19. August befreiten Hauptstadt Hanoi die Unabhängigkeit des Landes und die Gründung der Demokratischen Republik Vietnam (DRV) verkünden. In beispielloser revolutionärer Erhebung, die als Augustrevolution in die Geschichte eingegangen ist, hatte ein seit Ende des 19. Jahrhunderts geknechtetes Volk trotz der seit 1941 andauernden japanischen Okkupation innerhalb von lediglich drei Wochen das französische Kolonialregime gestürzt. Es gab seiner Heimat nach einem halben Jahrhundert ihren Namen wieder, den die Kolonialisten durch Cochinchine (Süden), Annam (Mitte) und Tonkin (Norden) ersetzt hatten. Zum ersten Mal in der Geschichte hatte ein Volk unter kommunistischer Führung aus eigener Kraft die kolonialen Fesseln gesprengt und die Freiheit erkämpft.
Das vietnamesische Volk hatte einen Sieg errungen, den seine einstigen Peiniger nicht hinzunehmen bereit waren. Im gerade von deutsch-faschistischer Besatzung befreiten Paris war man offensichtlich des Glaubens, diesen Kolonialbesitz mit tatkräftiger fremder Unterstützung postwendend zurückerobern zu können. Verbündete hatte man in London und Washington, denen der Gedanke an ein kommunistisch regiertes Land in Asien Alpträume bereitete. So begann Frankreich, von den USA eilends wieder militärtechnisch ausstaffiert und finanziell ausgehalten und von Großbritannien logistisch unterstützt, schon Ende 1945 mit einem Rückeroberungsfeldzug. Das Ende kam mit der verlorenen Schlacht von Dien Bien Phu 1954.
Die Abkommen der darauf unmittelbar folgenden, von der UdSSR erzwungenen, von Washington quasi boykottierten Genfer Indochina-Konferenz nahmen die USA zum Anlass, nunmehr selbst aktiv zu werden. Unter Bruch der völkerrechtlich verbindlichen Abkommen hatte Washington 1955 für den Süden Vietnams ein Marionettenregime in Saigon installiert, das zunächst einen verlogen als Bürgerkrieg etikettierten Stellvertreterkrieg gegen die immer wirksamer agierenden patriotischen Kräfte anzettelte. Um die Jahreswende 1964/65 wurden seine Truppen von fast 24.000 »Militärberatern« der USA befehligt, bevor im Frühjahr 1965 deren direkte Intervention gegen die inzwischen vom Norden auch militärisch unterstützten Befreiungskräfte mit der Entsendung der ersten Kampftruppen nach Südvietnam und dem Bombenkrieg gegen den Norden begann. Die Geschichte Vietnams in den knapp drei Jahrzehnten vom 2. September 1945 über das Schicksals- und Entscheidungsjahr 1972 bis zu dem von den USA ebenfalls torpedierten Friedensschluss mit der DRV vom 27. Januar 1973 stellt Paris und Washington ein für allemal an den Pranger.
Ein entscheidendes Jahr
Nach der langen aufgezwungenen Zeit des Krieges begann ein Jahr, wie es so niemand hatte voraussehen können und wie es in dieser Art auch nicht mehr für möglich gehalten worden war. Es war erwartungsgemäß geprägt von weiterhin verbissenem Verhandlungspoker in Paris und fortdauerndem Schlachtenlärm im Süden, aber auch von einer jedem Verhandlungsgeist hohnsprechenden Bombardierungsorgie der USA im Norden. Im Detail: In der französischen Hauptstadt drang die ihrer südlichen Landeshälfte beraubte DRV in zähen Verhandlungen mit den USA seit Mitte 1968 auf eine Lösung, die ihrem per Genfer Abkommen völkerrechtlich verbürgten Anspruch auf unantastbare Existenz Genüge täte. Für die in Bedrängnis geratene Gegenseite ging es hingegen darum, gesichtswahrend aus der Sache herauszukommen und auch ein Minimum an Einfluss auf dem südostasiatischen Festland zu sichern. In Südvietnam war es das Anliegen der Befreiungskräfte, die Überlebensfähigkeit des Satellitenregimes und seiner Armee zu testen, die mit minimierter US-amerikanischer Unterstützung – eine Folge der von US-Präsident Richard Nixon zwangsläufig verordneten »Vietnamisierung« des Krieges – auf verlorenem Posten standen. Nach jahrelangem und gewaltigem Aufwand griff Washington schließlich zum letzten verzweifelten Versuch, Hanois unleugbar starke Verhandlungsposition zu schwächen und doch noch Zugeständnisse herbeizubomben.
Die Welt erhielt von all dem auf sehr unterschiedliche Weise Kenntnis. Die sozialistische Seite durfte sich als über die Vorgänge in Vietnam sachgerecht informiert betrachten. Nachrichtenagenturen, Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk- und Fernsehstationen des Westens hingegen vermittelten oder unterschlugen Informationen nach den Vorgaben politischer Entscheidungsträger, potenter Geldgeber oder fürstlich entlohnter linientreuer Chefetagen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Wenn von den Verhandlungen in Frankreichs Hauptstadt hinter streng verschlossenen Türen etwas nach außen drang, was selten geschah, und ihm Nachrichtenwert zugestanden wurde, konnte man davon sicherlich allerorten erfahren, im Westen gern garniert mit wilden Spekulationen oder fragwürdigen Interpretationen. Viele dortige Meinungsmacher unterschieden nicht zwischen der einen Verhandlungspartei, die Völkerrecht gebrochen hatte, seit Verhandlungsbeginn sehr arrogant agierte und sogar zu erpressen suchte, und der anderen, die mit dem Völkerrecht im Einklang konsequent für ihre Interessen stritt und im Interesse baldigen Friedens dennoch zu Kompromissen bereit war. Gewohnt unkritischer Blick auf das destruktive Agieren der einen Seite paarte sich in althergebrachter antikommunistischer Manier mit Distanz zur Gegenseite, allgemein »Nordvietnam« genannt und nicht, wie es korrekt gewesen wäre, »DRV«.
Eine Handvoll Korrespondenten
Das Geschehen in Südvietnam zog weltweit größere Aufmerksamkeit auf sich, seine tagtägliche Wahrnehmung, seine Schilderung jedoch unterschied sich in Ost und West diametral. Redaktionell gebundene Text- und Fotojournalisten, auch journalistische Abenteurer aus der westlichen Welt, Vertreter von Nachrichtenagenturen, Rundfunk- und Fernsehleute, freie Journalisten auf der Suche nach einträglicher Sensation tummelten sich in Saigon und anderswo im Süden. Sie bekundeten Sympathie in Wort und Ton mit denen, die den Krieg verantworteten, kritische Töne waren selten oder gar nicht gefragt. Für sie gab es keine Befreiungskräfte, erst recht keine Befreiungsstreitkräfte. Es waren damals und sind es für die Medien hierzulande in Sachen Vietnam-Krieg bis heute die »Vietcong« (»vietnamesische Kommunisten«) oder »Nordvietnamesen«. Für uns Journalisten aus der »anderen« Welt kam der Landessüden als Wirkungsstätte nicht in Frage. Wie hätten wir dort arbeiten, was hätten wir von dort gefahrlos berichten sollen, wo unverhüllt grenzenloser Terror gegen alle an der Tagesordnung war, die auch nur verdächtigt wurden, Kommunisten oder deren Sympathisanten zu sein. 1972 wurde dieser Terror unter CIA-Regie ins Uferlose gesteigert. Für uns konnte es nur darum gehen, die Dinge aus der »Ferne« beim Namen zu nennen.
Das zu beschreiben, was im nun schon achten Jahr des Bombenkrieges gegen Nordvietnam genauso wie des Feldzugs im Süden dem Land angetan wurde, ohne dass es eine Spur internationalen offiziellen Protestes im Westen gegeben hätte, oblag nur einer Handvoll in Hanoi akkreditierter ausländischer Journalisten. Zusammen mit mir als Korrespondent der DDR-Nachrichtenagentur ADN und des SED-Organs Neues Deutschland waren zu jener Zeit aus der Sowjetunion ständige Korrespondenten der Nachrichtenagenturen TASS und Nowosti, der Zeitungen Prawda und Iswestija sowie von Fernsehen und Rundfunk am Werk, berichteten Journalisten der tschechoslowakischen und der polnischen Nachrichtenagentur, CTK und PAP, der kubanisch-lateinamerikanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina, der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua, der ungarischen Parteizeitung Nepszabadsag, ein Korrespondent von L’Humanité, der Zeitung der Französischen KP, und zeitweise ein Korrespondent der japanischen KP-Zeitung Akahata. Unglaublich, aber das war’s.
Keine westdeutsche DPA, keine französische AFP, keine britische Reuters, keine US-amerikanischen AP oder UPI, keine japanische Kyoto – nicht eine einzige Nachrichtenagentur, keine Zeitung, keine Rundfunk- und Fernsehstation der westlichen Welt betrachtete es als journalistische Selbstverständlichkeit, geschweige denn als Pflicht gegenüber der von ihnen angeblich doch stets so honorig informierten Öffentlichkeit, wenigstens zeitweilig mit eigenen in Hanoi stationierten Journalisten im terrorisierten Norden Vietnams präsent zu sein. Für sie gab es 1972 wie schon in den vorausgegangenen sieben Jahren von dort nichts zu berichten, wo »der größte Verursacher von Gewalt in der Welt«, so der 1968 ermordete Martin Luther King zum Vietnam-Krieg der USA, eine ungeheure Todesmaschine in Gang gesetzt hatte.
Ungesühnte Verbrechen
Kein Präsident, weder Johnson noch Nixon, wurde von Politikern maßgeblicher anderer westlicher Länder oder ihren Medien als Kriegsverbrecher an den Pranger gestellt, niemand mit politischer Verantwortung verlangte nach internationalem Gericht, kein UNO-Mitglied der westlichen Welt rief den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an, keine UN-Menschenrechtskommission bezog Stellung. Niemand versuchte, die USA mit strangulierenden Sanktionen politisch wie ökonomisch zugrunde zu richten. Die ganze westliche Welt schaute zu, als Washington 1972 mit der Verminung der Hafenzufahrten und Flussmündungen des Nordens sowjetische Waffenlieferungen auf dem sicheren Seeweg an das Opfer der Aggression unterband.
Die UNO wurde behindert und wäre mitsamt ihrer jährlichen Vollversammlung dank organisierter destruktiver Mehrheit ohnehin zur Untätigkeit verdammt gewesen. Als nach dem Zweiten Weltkrieg international bestallter Wächter über das Völkerrecht war sie der in ihrer Charta fixierten Macht beraubt, den Wortführer einer westlichen »Wertegemeinschaft«, den Vorkämpfer eines makaberen Demokratieverständnisses zur Verantwortung ziehen. Dabei hätten nach den von den USA mit ersonnenen Nürnberger Maßstäben von 1945/46 für den Prozess gegen die deutschen Hauptkriegsverbrecher auch die Verantwortlichen im Weißen Haus, im Pentagon und im State Department vor Gericht gehört. Das von dem britischen Literaturnobelpreisträger, Philosophen und Mathematiker Lord Bertrand Earl of Russel schon Ende 1966 initiierte internationale Tribunal in Stockholm zur Verurteilung der US-Kriegsverbrechen in Vietnam existierte für Politik und Medien der westlichen Welt mit wenigen systemkritischen Ausnahmen nicht.
Beifall im westlichen Pressewald zum Feldzug der USA im Süden ging einher mit einem Schweigen zum verheerenden Bombenkrieg gegen den Norden. Fünf Jahrzehnte sind seither vergangen. Nicht mehr viele werden sich jenes monströsen Kriegsverbrechens im Detail erinnern können.
»Agent Orange«
Der nicht erst 1965 mit Beginn der offenen US-Intervention, sondern schon 1961 von der US-Luftwaffe gestartete Einsatz des chemischen Entlaubungsmittels »Agent Orange« im Süden des Landes, der bis 1971 andauerte, hat noch heute und mit Gewissheit noch lange Zeit verheerende Folgen. Das hochgiftige Dioxin TCDD war »produktionsbedingt« Bestandteil dieses Herbizids, das schwere Fehlbildungen bei Neugeborenen, Krebserkrankungen, Immunschwäche und noch viele andere Leiden verursacht. 30 Jahre nach Kriegsende litten nach Schätzungen des Roten Kreuzes etwa eine Million Vietnamesen, darunter etwa 100.000 Kinder mit größtenteils unvorstellbaren angeborenen Fehlbildungen, an den Spätfolgen dieses Verbrechens. Noch heute werden in nun schon vierter Generation jährlich etwa 6.000 Kinder mit Missbildungen oder schweren Krankheiten geboren. Allein in der Hafenstadt Da Nang, einst ein großer US-Flotten- und Luftstützpunkt, leben derzeit mehr als 5.000 »Agent-Orange«-Opfer, darunter 1.400 Kinder. Niemand kann sagen, wann dieses von Washington zu verantwortende unermessliche menschliche Leid ein Ende haben wird. Seine Verursacher sind nie belangt worden. Viele Tausend betroffene US-Soldaten wurden 1984 von den gerichtlich dazu gezwungenen Herstellerfirmen mit fast 180 Millionen Dollar finanziell entschädigt, nicht aber die vietnamesischen Opfer.
Vietnam selbst tut seinen finanziellen Möglichkeiten entsprechend alles, um diesen Menschen zu helfen. Der Verband der vietnamesischen »Agent-Orange«-Opfer hatte 2022 zum »Aktionsjahr für ›Agent-Orange‹-Opfer« mit dem vorrangigen Ziel erklärt, die Aufklärungsarbeit im Ausland zu verstärken. Am 10. August, dem 61. Jahrestag des Beginns dieses Verbrechens, fanden vielerorts im Land Veranstaltungen und Spendenaktionen statt. Beträchtliche finanzielle Hilfe ist privaten Spendern und nichtstaatlichen Einrichtungen vieler Länder zu verdanken.
Am 16. Juni 2022 informierte der Generaldirektor des Nationalen Zentrums zur Beseitigung von Blindgängern in Vietnam, General Tran Trung Hoa, dass im ganzen Land noch 5,6 Millionen Hektar Boden munitionsbelastet sind. Vor zehn Jahren, so der General, waren es 6,1 Millionen Hektar, fast 19 Prozent der gesamten Landfläche. Dank großer eigener Anstrengungen und mit nichtstaatlicher ausländischer Hilfe wurden binnen eines Jahrzehnts 500.000 Hektar von Blindgängern aller Art geräumt.
Blockade gegen Vietnam
Übrigens: Während das »westliche« kapitalistische Lager 2022 noch inmitten des tobenden Krieges in der von russischen Truppen zerbombten Ukraine einen »Marshall-Plan« zum Wiederaufbau in Aussicht stellte, konnte der umgepflügte, von Kriegsschrott übersäte Süden Vietnams und der in Schutt und Asche gelegte Norden davon nicht einmal träumen. Ein Schelm, wer danach fragt, ob sich »westliche Werte« nur am eigenen Vorteil bemessen. Gesellschaftliche Kräfte vieler Länder standen Vietnam mit Spenden bei. Auf staatlicher Ebene taten nur sozialistische Bruderländer, was ihre begrenzten Möglichkeiten hergaben.
Washington gefiel sich statt dessen darin, ab 1975 Vietnam nicht einfach zu ignorieren, sondern nach der Niederlage seiner Vasallen im Süden des Landes mit fast zwei Jahrzehnten Blockade zu bestrafen. Das erst recht, nachdem sich die wieder komplette Demokratische Republik Vietnam am 2. Juli 1976 den Namen Sozialistische Republik gegeben hatte. Mit rigoroser Embargo- und Blockadepolitik entzogen sich die USA wortbrüchig einer im Pariser Friedensabkommen von 1973 verbindlich fixierten Verpflichtung. In Kapitel VIII, Artikel 21 des Abkommens war festgeschrieben worden, dass die Vereinigten Staaten »zur Heilung der Wunden des Krieges und zum Nachkriegsaufbau in der Demokratischen Republik Vietnam und in ganz Indochina beitragen« werden. Nichts davon geschah. Es sollte noch bis Anfang der 1990er Jahre dauern, bis unter Präsident George Bush sen. erste Gespräche zwischen Washington und Hanoi über die Normalisierung der gegenseitigen Beziehungen aufgenommen wurden, und gar bis 1995, ehe dieser Schritt vollzogen war. In den folgenden zwei Jahrzehnten ging es den USA nicht um Wiederaufbauhilfe, sondern in erster Linie um die Suche nach vermissten eigenen Militärangehörigen. Vor zehn Jahren fand man sich bereit, finanziell und personell wenigstens bei der ebenso noch Jahre beanspruchenden Dekontaminierung mit Dioxin verseuchten Bodens vor allem auf Flugplätzen zu helfen. Vietnam möchte dieses ernste Problem bis 2030 gelöst sehen. 2020 schließlich sagte Washington nach Angaben einer vietnamesischen Quelle für fünf Jahre ein »Hilfsprojekt für Menschen mit Behinderung« zu. Von ihrer amtlichen »Aufsichtsbehörde«, dem State Department (Außenministerium) vorgeschickt, ist die nicht unumstrittene, offiziell als »unabhängig« deklarierte US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID) in jüngster Zeit am Werk.
Und die von Antikommunismus geprägte Bundesrepublik, die sich 20 Jahre lang als zweitgrößter Geldgeber für das Saigoner Regime auch zur Finanzierung des Krieges überaus spendabel gezeigt hatte und die in enger Kumpanei mit den USA von Oktober 1955 bis zum 24. April 1975, eine Woche vor dem Fall der Südmetropole, in Saigon diplomatisch präsent war? Zwar hatte sie schon wenige Monate später, am 23. September, diplomatische Beziehungen zur DRV aufgenommen, wahrscheinlich, um in der Hauptstadt am Roten Fluss nicht der DDR das Feld zu überlassen. Auch schickte sie im Juli 1976 ihren ersten Botschafter nach Hanoi. Doch dem folgte dann nichts außer bedingungsloser Teilhabe an der Embargo- und Blockadepolitik der USA. Im April 1993 machte sich Außenamtschef Klaus Kinkel als erster westdeutscher Politiker auf den Weg nach Hanoi. Ein Besuch von Vietnams Außenminister Nguyen Co Thach im Mai 1982 beim Amtskollegen Dietrich Genscher in Bonn, eine Geste guten Willens der DRV, war nicht nur von den Medien der BRD ignoriert worden, das Besuchsersuchen war zuvor auch elf Jahre unbeantwortet geblieben.
Hellmut Kapfenberger: Vietnam 1972. Ein Land unter Bomben. Mit Notizbuch und Kamera im Norden unterwegs, Verlag Wiljo Heinen, Böklund 2023, 256 Seiten, 34 Euro
Buchvorstellung mit dem Autor: Di., 30. Mai 2023, 19 Uhr, Rosa-Luxemburg-Saal im Karl-Liebknecht-Haus, Weydingerstr. 14–16, 10178 Berlin
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Herbert S. aus Eschborn (25. Mai 2023 um 12:05 Uhr)Nach all diesen US-Verbrechen begreife ich nicht, warum die Regierung Vietnams heute wieder kollegiale Beziehungen (Flottenbesuch) mit den USA praktiziert – nur, weil beide gegen die VR China eingestellt sind? Auch vom heutigen Vietnam habe ich mehr Verstand – und Anstand – erwartet.
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