Zoff um Halbleiter
Von Susanne Knütter
Wie du mir, so ich dir. So könnte man den Streit um die Nutzung von Speicherchips des US-Konzerns Micron in chinesischen IT-Systemen zusammenfassen. Am Sonntag hatten Chinas Aufsichtsbehörden den US-Chiphersteller als Sicherheitsrisiko eingestuft und in der Folge vom chinesischen Markt verbannt. Nun kritisierte das Weiße Haus, dieser Vorwurf basiere nicht auf Fakten, wie Reuters am Mittwoch meldete. Das Außenministerium in Beijing wies im Gegenzug darauf hin, dass die US-Regierung zahlreiche chinesische Firmen auf schwarze Listen gesetzt und mit Sanktionen belegt habe. Eine solche »wirtschaftliche Nötigung« sei inakzeptabel.
Der Vorsitzende des China-Ausschusses im US-Repräsentantenhaus forderte, den chinesischen Speicherchip-Anbieter CXMT auf die Sanktionsliste zu setzen. Außerdem müsse verhindert werden, dass Firmen aus Drittstaaten die wegfallenden Micron-Lieferungen ersetzten, sagte Mike Gallagher. Die USA müssten »der Volksrepublik China klarmachen, dass sie wirtschaftliche Nötigung gegen ihre Unternehmen oder ihre Verbündeten nicht dulden werden«.
CXMT ist der führende chinesische Speicherchiphersteller. Allerdings hinken die Produkte denen westlicher Anbieter wie Micron, Samsung oder SK Hynix (beide Südkorea) noch hinterher. Samsung und SK Hynix betreiben Werke in der Volksrepublik und könnten in Zukunft deutlich mehr Aufträge im Reich der Mitte bekommen. Genau das hatten die USA in Verhandlungen mit Südkorea zu verhindern versucht.
Existenzbedrohliche Verluste bedeuten die chinesischen Sanktionen für Micron nicht. Dem US-Konzern zufolge werden sie den Umsatz im niedrigen bis hohen einstelligen Prozentbereich schmälern. Im vergangenen Jahr erzielte Micron Erlöse von knapp 31 Milliarden Dollar. Der Konzern macht sein Hauptgeschäft in China mit Firmen, die dort Smartphones und Unterhaltungselektronik montieren lassen.
Im übrigen soll die chinesische Regierung bereits seit 2020 ihre Bestellungen von Micron-Speicherchips stark heruntergefahren haben, wie Reuters unter Berufung auf staatliche Unterlagen berichtete, und seitdem verstärkt bei heimischen oder eben südkoreanischen Firmen ordern. Dementsprechend wird der Bann des US-Unternehmens auch der Volksrepublik kaum schaden.
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