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Aus: Ausgabe vom 20.05.2023, Seite 1 / Titel
Absturz des Westens

Es rappelt im Karton

US-Präsident brüskiert Partnerstaaten, G7 feilen an Feindbildern. Derweil festigt China seinen Einfluss in Zentralasien
Von Jörg Kronauer
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Die Möchtegern-Weltenherrscher sind auch in Japan nicht wohlgelitten (Protest in Hiroshima, 19. Mai)

Mit der Ankündigung neuer Russland-Sanktionen hat am Freitag in Hiroshima der Gipfel der sieben großen westlichen Industriestaaten (G7) begonnen. Die Staats- und Regierungschefs der G7 kündigten unter anderem Maßnahmen gegen den Import russischer Diamanten an, mit dem Russland im vergangenen Jahr vier Milliarden Euro erzielen konnte. Großbritannien will darüber hinaus die Einfuhr russischer Metalle beenden. Die G7 erklärten zudem, die Forderung nach einem »vollständigen und bedingungslosen Abzug der russischen Truppen« müsse »in jedem Friedensaufruf enthalten sein«. Damit torpedieren sie Bemühungen nicht nur Chinas, sondern auch Brasiliens und arabischer sowie afrikanischer Staaten um eine Verhandlungslösung für den Ukraine-Krieg. Kiew hatte sich zuvor recht offen für chinesische Vermittlung gezeigt; die G7 stellen sich mit ihrer Erklärung dagegen. Präsident Wolodimir Selenskij will am Wochenende persönlich zum G7-Gipfel anreisen.

Noch keine Einigkeit konnte bis Redaktionsschluss über weitere Maßnahmen gegen China erzielt werden. Die USA dringen auf eine erneute Verschärfung des Kurses. EU-Ratspräsident Charles Michel erklärte hingegen, es liege im Interesse der EU, »stabile und konstruktive« Beziehungen zur Volksrepublik zu unterhalten. Am Rande und im Umfeld des Gipfels traten am Freitag auch weitere Differenzen zutage. Mit Enttäuschung nahmen etwa manche Japaner zur Kenntnis, dass US-Präsident Joseph Biden zwar an der G7-Kranzniederlegung an dem Mahnmal teilnahm, das an den US-Atombombenabwurf vom 6. August 1945 erinnert, dass er sich aber – wie zuvor schon Barack Obama – nach wie vor weigerte, eine Entschuldigung für den Angriff auszusprechen.

Einigen Unmut hat darüber hinaus die Absage des vorgesehenen Besuchs von Biden in Australien und in Papua-Neuguinea ausgelöst. Biden wollte im Anschluss an den G7-Gipfel beide Länder bereisen, gab am Mittwoch aber bekannt, er werde statt dessen nach Washington zurückfliegen, um sich um den Streit um die US-Schuldengrenze zu kümmern. In Australien wollte Biden an einem lange geplanten Gipfel des Quad-Pakts teilnehmen, den Canberra jetzt absagen musste. Australiens Exaußenminister Bob Carr hat mit dem Hinweis, sein Land habe sich zu leichtgläubig auf die USA verlassen und müsse künftig deren Unzuverlässigkeit berücksichtigen, eine heftige Debatte ausgelöst. Papua-Neuguinea hatte den Tag des Biden-Besuchs, des ersten eines US-Präsidenten überhaupt, gar zum nationalen Feiertag erklärt und sieht sich nun brüskiert. Das Land ist gerade dabei, ein noch geheimgehaltenes Abkommen mit den USA zu schließen, das offenbar – darauf deuten Leaks hin – die Stationierung von US-Militärs in Papua-Neuguinea vorsieht.

China, gegen das sich der US-Militäraufmarsch in der Asien-Pazifik-Region richtet, schloss am Freitag in Xian einen zweitägigen Zentralasien-Gipfel ab, der einem weiteren Ausbau der Zusammenarbeit mit Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan den Weg bereiten soll. Präsident Xi Jinping legte dazu einen Entwicklungsplan vor, der den weiteren Ausbau der Infrastruktur sowie eine Ankurbelung von Industrie und Handel vorsieht. Die fünf ehemaligen Sowjetrepubliken sind traditionelles Einflussgebiet Russlands, das allerdings dort zur Zeit wegen des Ukraine-Krieges über weniger Kapazitäten verfügt als üblich, was wiederum die westlichen Mächte zu nutzen suchen, um ihre eigene Stellung in der Region zu stärken. Das könnte nun an der Volksrepublik scheitern.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Martin M. aus Paris (19. Mai 2023 um 20:40 Uhr)
    Der kurzfristige abgesagte »Besuch« von Biden in Australien zeigt klar die Machtverhältnisse auf – wer hier die Lakaien sind –, statt die Konsequenzen zu ziehen, wird weither dahingedümpelt – nicht nur in Australien. Was fehlt, ist die neue Ausgangslage in Thailand, denn die künftige Regierung könnte sich auch gegen die »Seidenstraße« und China stellen, wie zuletzt die Philippinen.

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