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Aus: Ausgabe vom 10.05.2023, Seite 6 / Ausland
Wahlen in Paraguay

Mitte-Links verliert

Präsidentenwahl in Paraguay: Rechtskonservative Colorado mit deutlichem Sieg. Thema Korruption zweitrangig
Von Sara Meyer
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Der Tag danach: Blätter annoncieren Colorado-Sieg (1.5.2023)

Es scheint festzustehen: Der rechtskonservative Santiago Peña wird das neue Staatsoberhaupt von Paraguay. Ab dem 15. August 2023 soll er das Agrarland regieren, als Nachfolger des aktuellen Präsidenten Mario Abdo Benítez. Im Wahlkampf hatte Peña auf wirtschaftlichen Aufschwung gesetzt, während sein Opponent Efraín Alegre die Bekämpfung der Korruption zum Schwerpunkt machte.

Der 44jährige Wirtschaftswissenschaftler Peña war für die konservative Partei Colorado angetreten, in deren Händen, von einer Unterbrechung zwischen 2008 und 2012 abgesehen, die Regierungsgeschäfte der vergangenen 70 Jahre lagen. Peña gewann mit einem beachtlichen Vorsprung gegen seinen Herausforderer. Während der Konservative Peña 43,9 Prozent der Stimmen auf sich vereinigte, holte der Mitte-links-Anwärter Alegre knapp 28,3 Prozent ein. Der »Systemkritiker« Paraguayo Cubas landete mit 23,6 Prozent auf Rang drei. Das Ergebnis dürfte für Überraschung gesorgt haben, die letzten Umfragen hatten auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hingedeutet.

Peña hat mit dem Versprechen geworben, innerhalb von fünf Jahren durch wirtschaftliche Konjunkturmaßnahmen 500.000 Arbeitsplätze zu schaffen. Steuererhöhungen lehnt er ab, die engen Handelsbeziehungen zu Taiwan möchte er beibehalten: Paraguay ist eines von 13 Ländern weltweit, die Taiwan als Staat anerkennen. Dagegen ließ Peñas Rivale Alegre erkennen, dass er beabsichtige, sich auch dem Wirtschaftsriesen Volksrepublik China zuzuwenden, was vor allem für die Ausfuhrbilanz von Bedeutung wäre. Paraguay ist eines der führenden Länder im Soja- und Fleischexport, selbst Elektrizität, aus dem zweitgrößten Wasserkraftwerk der Welt, wird exportiert. Gleich nach der Wahl ließ Peña bekanntmachen, eine »führende Rolle« bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen der Europäischen Union und dem südamerikanischen Wirtschaftsbund Mercosur einnehmen zu wollen. Es sei wichtig, betonte er, diesen Prozess mit »neuen Impulsen« zu versehen.

Alegre, der für das Mitte-links-Bündnis Concertación angetreten war und vom progressiven Expräsidenten Fernando Lugo wie auch vom Nationalen Bauernverband Rückenwind erhielt, schaffte es nicht, die Wahlberechtigten von seinem Vorhaben, die korrupten und mafiösen Strukturen zu bekämpfen, zu überzeugen. Auch die jüngsten internen Zerwürfnisse und Korruptionsskandale der Colorados schockten die Wähler nicht so sehr, dass sie Peña ihre Zustimmung entzogen. Peñas politischer Mentor, der ehemalige Präsident und Millionär Horacio Cartes (2013–2018), für den der jetzt gewählte Staatschef als Finanzminister arbeitete, ist zuletzt von den USA als korrupt eingestuft und mit Sanktionen belegt worden.

Seit der Pandemie leidet die Nation unter Inflation, erhöhten Staatsschulden und einem Anstieg der Armut: Rund ein Drittel lebt in ärmlichen Verhältnissen, besonders die arbeitende Landbevölkerung und die indigenen Bewohner sind davon betroffen. Die derzeitige Colorado-Regierung kriminalisierte und vertrieb vor allem diese Teile der Bevölkerung zugunsten des Agrarbusiness von ihren Ländereien.

Das paraguayische Volk wählte gegen den regionalen Linkstrend der vergangenen Jahre: In Chile kam mit Gabriel Boric ein Progressiver aus der chilenischen Studentenbewegung an die Macht, in Kolumbien wurde vergangenes Jahr der Exguerillero Gustavo Petro als erster linker Präsident ins Amt gewählt, Brasilien bekam nach den Bolsonaro-Jahren seinen früheren linken Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva zurück.

Auch bei den Kongress- und Gouverneurswahlen triumphierten die Colorados: 23 der 45 Senatssitze werden künftig von den Konservativen besetzt. 15 der 17 provinzialen Parlamente werden bald von Colorado-Mehrheiten geführt. Die vom ehemaligen Präsidenten Lugo gegründete und angeführte Frente Guasú verlor sieben ihrer acht Sitze im Senat und wird in der kommenden Legislaturperiode (bis 2028) kaum sichtbar sein. Die Senatorin Esperanza Martínez wird sich als einziges Sprachrohr für die marginalisierten Bevölkerungsgruppen einsetzen müssen. Sie wurde im vergangenen Jahr als erste weibliche Präsidentschaftsanwärterin gehandelt, schaffte es aber nicht, sich gegen interne Herausforderer durchzusetzen.

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